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Kultur

Schwarze Wimpel im Herbstwind

Heiter bis bedrückend: Neue Ausstellungen auf der Spinnerei

  Schwarze Wimpel im Herbstwind | Heiter bis bedrückend: Neue Ausstellungen auf der Spinnerei

Am Wochenende luden die Kunsträume und Galerien an der Spinnereistraße zum Herbstrundgang. Wirklich herbstig war es zwar nicht, aber auch nicht so richtig überlaufen. Dafür lag Leipzig diesmal vor Berlin – dort beginnt erst am Mittwoch der große Kunstauflauf zur Art Week.

Leipzig begann mit einem Griff in die Vergangenheit. Vor mehr als zehn Jahren sprach Eigen + Art-Galerist Gerd Harry Lybke davon, dass der Skulptur die Zukunft gehöre. Trotz entsprechender Anläufe beherrschte bei den Spinnerei-Rundgängen bisher stets die Malerei das Bild. In den Ausstellungen, die bis Ende Oktober zu sehen sind, gibt es von beiden Gattungen einiges zu sehen.

Variabel sind die Ansätze für die künstlerische Produktion in der Dreidimensionalität. Bei Eigen + Art zeigt Stella Hamberg ihre gewohnten Materialschlachten in Bronze und Gips. Dabei kann herrlich über Dekonstruktion gestritten wie ironische Momente entdeckt werden.

Eine absurde Leichtigkeit findet sich bei Benjamin Bergmann, dessen Werke in der Galerie Jochen Hempel zu sehen ist. Bergmann, der 2002 im damaligen Obergeschoss der Halle 14 die überdimensionale Holzkonstruktion »... und irgendwann will ich es wissen« in Form einer Skaterampe erschuf, zeigt Objekte wie Papierlampions, die sich an schweren Eisenketten in metallenen Hängevorrichtungen befinde. Die Lampions wirken nur wie aus Papier, doch die aus Beton gegossenen Objekte benötigen tatsächlich eine mächtige Halterung. Gleiches gilt für schwarze Wimpel, die an einem Konstrukt gleich einem Wäschetrockner hängen, die Leichtigkeit flöten.

Bunte Objekte mit bewegten Profilen aus Schaumstoff schuf Claudia Piepenbrock. In den Räumen bei Josef Filipp laden die farbintensiven »Kabinenbogen« zum Hineingehen ein. Dies wirkt einerseits sehr klaustrophobisch. Andererseits können dabei auch malerische Landschaften in 3D entdeckt werden.

Skulpturen des Turbokapitalismus mit scharfen Kanten zeigt Wilhelm Klotzek bei Tobias Naehring unter dem Titel »Der Pudding der Apokalypse«.

Von der Straße in das Kunstfeld brachte die Halle 14 unter anderem aufblasbare und leuchtende Objekte unter der Überschrift »Die Enden der Freiheit«. Mit ihnen wurde in Ungarn gegen nationalistische Geschichtsrevision protestiert. Wladimir Putin und Donald Trump boten und bieten ebenfalls Kritikflächen. Die Gruppe Indecline zeigt in einem Video einige ihrer Aktionen – unter anderem mietete sie im vergangenen Jahr eine Suite im Trump Hotel des gleichnamigen Towers. Die gediegene Einrichtung musste einer Installation von einer überdimensionalen Gefängniszelle weichen, in der ein falscher Trump mit seinen Statements zur Lage der Gesellschaft konfrontiert wurde.

Überraschungen auf der Leinwand finden sich bei Kleindienst. Dort sind aktuelle Arbeiten von Christoph Ruckhäberle – so beispielsweise abstrakte Kompositionen von Ölkreide auf Leinwand – zu entdecken.

Fragmente der Stadtlandschaft schafft Wolfram Ebersbach seit Jahrzehnten. In seinen neuen Arbeiten, die The Gras is Greener ausstellt, finden sich neue Abstraktionen kleineren Formats, die sehr charmant wirken.

Viele Leinwände Leipziger Machart offeriert die Privatsammlung Dr. Nuwayhid in der Werkschauhalle. So zeigt sich, dass die Zukunft der Plastik noch immer in weiter Ferne liegt.


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