Kopfnoten sollen helfen, die Sozialkompetenz von Schülern zu ermitteln. Doch sie greifen auch in ihre Persönlichkeitsrechte ein. Das hat das Verwaltungsgericht in Dresden entschieden. Die kommissarische Vorsitzende des Landeschülerrats (LSR) Joanna Kesicka spricht im kreuzer-Interview über das Urteil und Mängel im Bewertungssystem.
kreuzer: Das Dresdner Verwaltungsgericht hat die Vergabe von Kopfnoten für rechtswidrig erklärt. Mit welcher Begründung?Das Gericht hat entschieden, dass die Persönlichkeitsrechte der Schüler durch Kopfnoten eingeschränkt werden. Wenn ein Schüler sich bewerben möchte, können sich seine Chancen durch diese Noten für bestimmte Arbeitgeber oder Arbeitsstellen verschlechtern. Die Dresdner Richter haben argumentiert, dass die Kopfnoten nicht umfangreich genug sind, um etwas über Schüler als Personen auszusagen.
kreuzer: Wie stehen Sie als Landesschülerrat zu dem Thema?Die Vergabe von Kopfnoten wurde unserer Meinung nach berechtigt für rechtswidrig erklärt. Wir finden, dass die Kopfnoten eine zu subjektive Bewertung darstellen. Und nicht das ausdrücken, was sie eigentlich sollten.
kreuzer: Können Sie verstehen, dass vom sächsischen Lehrerverband über das Handwerk bis zum Kultusministerium eine Beibehaltung der Kopfnoten gefordert wird?Das ist von unserer Seite nicht verständlich. Es ist nicht möglich für die Vergabe von Kopfnoten in ihrer jetzigen Form eine Rechtfertigung zu finden. Ein Lehrer hat in der Praxis einfach nicht die Möglichkeit seinen Schüler so ausführlich zu bewerten, dass für den potenziellen Arbeitgeber ein ordentliches Bild entsteht. Wir verstehen, dass einzelne Verbände sich für Kopfnoten ausgesprochen haben, weil sie es wichtig finden, das Sozialverhalten ihrer Bewerber einschätzen zu können. Doch die Kopfnoten zeigen nicht das objektive Sozialverhalten von Schülern an. Sie benachteiligen sie. Das sieht man schon im normalen Klassenverhalten. Ein Schüler, der nicht ganz so engagiert ist im Unterricht, wird vom Lehrer vielleicht als schüchtern und weniger kompetent eingeschätzt, als einer der sich ständig meldet. Aber natürlich gibt es erstmal keinen großen Unterschied im Wissensstand der beiden Schüler. Sie verhalten sich nur anders in einer Unterrichtssituation.
kreuzer: Sind sie dagegen, die Sozialkompetenz von Schülern generell zu bewerten?Nein. Aber wir haben in unserem Grundsatzprogramm ein alternatives System vorgeschlagen. Wir wären zum Beispiel für die schriftliche Bewertung, die ein ausführlicheres Bild über den Schüler ermöglichen würde, statt einfach nur verschiedene Noten für Mitarbeit oder Ordnung zu verteilen.
kreuzer: Jetzt beschäftigt sich das Oberverwaltungsgericht mit dem Thema. Welchen Ausgang erwarten Sie?Da das Kultusministerium Berufung eingelegt hat, hoffen wir natürlich weiterhin das dieses Urteil bleibt. Und wir finden, dass die Kopfnoten in ihrer jetzigen Form nicht vergeben werden sollten.