Während Restaurants ihre Ware auch To-Go anbieten können, haben Museen Probleme mit den Schließungen. Jetzt haben vier Leipziger Museen ein Grundsatzpapier veröffentlicht und Forderungen gestellt.
Seit dem 2. November sind die Museen geschlossen. Zu spontan sind die Beschlüsse, um darauf angemessen zu reagieren: Viele Ausstellungen liegen deshalb zurzeit auf Eis. Eine davon ist die des Grassi Museum für Angewandte Kunst. Die Werbung für die umfassende Ausstellung zu Reklametafeln hängt gerade in den Leuchtkästen der Stadt. »Da ist viel Aufwand, Energie und Geld eingeflossen« erklärt Museumsdirektor Olaf Thormann. Das Ausstellungsende ist am 6. Mai 2021. »Natürlich ist es nicht schön, wenn wir diese Ausstellung nur mit verkürzter Laufzeit und erst wesentlich später eröffnen können.« Das Stadtgeschichtliche Museum hat auf den ersten Lockdown reagiert und keine Ausstellungseröffnungen im Zeitraum von Oktober 2020 bis Mai 2021 geplant. Das Kindermuseum wurde in der Schließzeit neu gestaltet.
Am 24. November veröffentlichten die vier städtischen Museen – Grassi Museum für Angewandte Kunst, Museum der bildenden Künste, Naturkundemuseum und Stadtgeschichtliches Museum – nun ein vierseitiges Grundsatzpapier. Darin stellen sie fest, dass »Museen, Ausstellungshallen und Gedenkstätten mehr sind als verzichtbare Freizeitstätten.« Weiter beschreibt das Papier die besonders guten Voraussetzungen der musealen Räume im Hinblick auf die aktuellen Hygienemaßnahmen. Zudem benötige die Gesellschaft »neue Quellen der Resilienz und Zukunftsfestigkeit, die über das epidemiologische Management der Pandemie hinausgehen. Ohne die Erfahrung der Kontemplation und das begeisterte Sprechen über Geschichte, Gegenwart und Zukunft wird unsere Gesellschaft in eine langanhaltende Depression absinken.« Sie fordern daher »eine zeitnahe verlässliche Öffnungsperspektive, die den Museen hilft, die gegenwärtig notorisch überlasteten Bildungseinrichtungen von Kitas und Horten bis zu Schulen und Universitäten durch zusätzliche Räume und Angebote zu unterstützen.«
Der kreuzer fragte bei den Museen nach, auf welche Reaktionen das Schreiben bisher stieß. »Seitens der Kulturbürgermeisterin Frau Jennicke wurden wir sehr ermutigt, eine solche Position zu formulieren und auch mit ihrer Unterstützung zu verbreiten. Reaktionen auf der Landesseite sind bisher auf den Sächsischen Museumsbund begrenzt, der das Papier kommende Woche diskutieren will«, so der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Anselm Hartinger. Weitere Kulturinstitutionen wie die Kulturstiftung Leipzig oder das Museum in der Runden Ecke möchten sich den Forderungen nach schulischen Angeboten anschließen.
Kunst- und Kultureinrichtungen werden oft auf Besucherzahlen reduziert. Wie wirkt sich die Pandemie ganz konkret auf die Besucherzahlen aus? Das Naturkundemuseum hatte 2019 über 70.000 Besucher. 2020 wurden bisher 39.256 gezählt. »Dabei muss bemerkt werden, dass wir in den ersten Monaten des Jahres bis zum Lockdown die Zahlen des Vorjahres mit einem Plus von fast 50 Prozent geradezu pulverisierten hatten. Es wäre allem Anschein nach ein Rekordjahr mit deutlich mehr als 80.000 Besuchern geworden«, so der Direktor Ronny Maik Leder. Von einer Einbuße von zwei Dritteln der Besucher geht das Grassi Museum aus. Das Stadtgeschichtliche Museum resümiert, dass das Jahr 2020 »mit überragender Nachfrage« begann. »Nach der Wiedereröffnung war der Besuch zunächst sehr vorsichtig, zog dann aber im Sommer und Herbst deutlich an, so dass wir insgesamt wieder auf dem Weg zu einem befriedigenden Abschluss mit vielleicht 60 Prozent des hohen Vorjahresschnittes waren.«
Nun verkündeten Bund und Länder die weiteren Schritte für den sogenannten Lockdown Light im Dezember, der das Kunst- und Kulturfeld neben Amateursport und Gastronomie besonders hart trifft. Die Maßnahmen sehen vor, dass Museen bis mindestens kurz vor Weihnachten geschlossen bleiben. Ausnahmen ergeben sich an Orten, an denen ein Corona-Inzidenzwert von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner herrscht. Dort dürfen Kultureinrichtungen unter den mittlerweile üblichen Hygienemaßnahmen öffnen: Mund-Nasen-Schutz, Mindestabstand und Kontaktnachverfolgung. In Leipzig lag der Wert Ende November bei 111.
Die Museen sind sich sicher, dass sie bestens gerüstet sind, um nach den aktuellen Hygienemaßnahmen ihren Kernaufgaben – Ausstellen und Vermitteln – nachgehen zu können. Digitale Angebote sind bei weitem nicht alles. Auch hier gilt: analog ist besser.