Der Lindenauer Markt ist stark frequentiert. Seine Neugestaltung trägt dem Rechnung. Eine solche Rundumerneuerung können viele Plätze gebrauchen. Ein Kommentar aus der März-Ausgabe des kreuzer 03/21.
Der Lindenauer Markt ist lebendig. Das ist der Grund für seine gerade gestartete Umgestaltung. Nach Fertigstellung Ende August wird das pulsierende Herz des Stadtteils als Platz zur Geltung kommen. Dann gibt es breitere und sicherere Gehwege sowie Raum für Freisitze und Geschäftsauslagen. Die Haltestellen werden großzügiger, Einmündungen für Autos werden abgeschnitten, mehr Fahrradbügel, Bänke und Bäume installiert und eingepflanzt. Der Wirtschaftsverkehr – Lieferfahrzeuge für Geschäfte oder Transporter von Handwerksbetrieben – profitiert vom neuen autoberuhigten Freiraum ohne Stau und Falschparker.
Kurz: Der Lindenauer Markt passt sich seiner Nutzung an. Das nimmt in den Blick, wie die Leute sich dort bewegen, wie sie den Stadtraum nutzen und wie sie ihn nutzen könnten. Denn dort gehen sie weit überwiegend zu Fuß, sie queren den Platz, steigen als LVB-Fahrgäste ein, aus und um oder sie fahren mit dem Fahrrad drum herum oder quer drüber. Im Ergebnis könnten die Leute vermehrt den Platz nicht nur deshalb ansteuern, weil sie dort etwas zu erledigen haben oder weil da nun mal ihr Bus abfährt. Sie könnten sich dort hinbegeben, um sich aufzuhalten, um den Stadtraum samt Bänken, Bäumen und Blumen als solchen zu nutzen und mit Leben zu erfüllen, um ihn zu einem Ort der Begegnung zu machen.
[caption id="attachment_122780" align="alignright" width="183"] kreuzer-Redakteurin Franziska Reif[/caption]
Der Aufenthalt im Stadtraum und seine Qualität sollten auch anderswo zur Richtschnur werden. Immerhin hat Leipzig einige Plätze, die trotz anders lautendem Namen eher unangenehme Straßenkreuzungen darstellen, Westplatz, Ostplatz, Bayerischer Platz oder Waldplatz zum Beispiel. Auch der Adler oder das Connewitzer Kreuz sind eher zugige Reste mit ein bisschen Fläche. Beim Südplatz stellt sich die Frage, warum das kleine Stück Kochstraße eigentlich eine Fahrbahn für Autos sein muss. Dort zeigt sich der Wettstreit der Nutzungsinteressen zwischen Taxis, Falschparkerinnen, Fahrrädern, Schnelleinkäufern, Bordsteinbier-Verzehr, Spaziergängerinnen, Pkws und so weiter. Und bewies nicht schon die Ruhigstellung durch den Umbau der Karl-Liebknecht-Straße, dass hier Bedarf für eine Fußgängerzone ist?
Dabei könnte ein städtischer Platz multifunktional verschiedene Interessen bedienen, ohne dass sich schlechte Laune breitmacht. Mit durchdachter Gestaltung und passender Ausstattung, mit entsprechender Möblierung und Bepflanzung – und mit schlauen Parkplatzlösungen – können die genannten und einige weitere Plätze Zentren sein, mit Märkten, Veranstaltungen, Festen, für Schlendern, Spiel und Austausch. Möglich wäre dies mit vergleichsweise wenigen Mitteln, ohne großartige Neubauten und unter Einbezug der ohnehin vorhandenen Dynamik. Das Mehr an Stadtgrün verbessert das lokale Klima und die Luft, sorgt für Artenreichtum und steigert bei Anwohnerinnen wie Vogelfamilien die Stimmung – und ist notwendige Kompensation nach all den Fällarbeiten der letzten Zeit (Stichwort: Leuschner-Platz). Auch das Einkaufen macht so mehr Spaß, der lokale Handel kann sich freuen.
Ungefähr zehn Jahre hat es gedauert, bis nach Bürgerworkshops und Konzepterstellung die Verschönerung des Lindenauer Markts beginnen konnte. Nehmen wir uns also schnell die anderen Plätze vor, um auch dort die Stadt in ihrer schönsten Form zu schaffen: Verweilorte für ein gut gelauntes Miteinander in einem blühenden, lebendigen Leipzig.