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Politik

Mietkampf im Musikviertel

Mieter kritisieren steigende Mieten bei der LWB

  Mietkampf im Musikviertel | Mieter kritisieren steigende Mieten bei der LWB

Als er die Zustimmung für die anstehende Mieterhöhung verweigerte, ahnte Carsten Möller wahrscheinlich bereits, dass ein langer Weg vor ihm liegen würde. Obwohl sie rechtens ist, fordert er die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft auf, die Mieterhöhung auszusetzen. Nun hat ihn die LWB verklagt - doch Möller bleibt kämpferisch.

Seit mehr als fünfzehn Jahren wohnt Carsten Möller nun schon im Musikviertel, das sich vom Bundesverwaltungsgericht bis zum Clara-Zetkin-Park erstreckt. Als Standort der Hochschule für Grafik und Buchkunst und der Albertina vor allem für Studierende bekannt, fiel es in den vergangenen Jahren durch die große Anzahl an Baustellen auf. Eine Investmentholding bezeichnet das Viertel als ein »Mekka für Kapitalanleger«. Tatsächlich wurden laut Angaben des Statistischen Landesamtes im Stadtteil Zentrum-Süd zwischen 2016 und 2017 insgesamt 28 Wohngebäude fertiggestellt, 14 davon waren Neubau – Spitzenreiter in Leipzig-Mitte.

Möllers Mieterhöhungen erfolgten auf Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete. Sie wird durch den qualifizierten Mietspiegel ermittelt. Vier Mal wurde Möllers Kaltmiete deshalb seit 2005 erhöht, bis heute habe sie sich verdoppelt. Auffällig dabei ist die steigende Frequenz: Zwei der vier Mieterhöhungen erfolgten binnen der letzten zwei Jahre. Laut LWB erfolgten in den vergangenen drei Jahren bei etwa zwei Drittel aller Wohnungen im Musikviertel Mietanpassungen. Im Durchschnitt lag diese bei etwa 50 Cent pro Quadratmeter.

Insgesamt 1.255 Wohnungen bewirtschaftet die LWB laut eigenen Angaben im Musikviertel, etwa ein Drittel davon liegen in den drei Punkthochhäuser am Kreisverkehr vor dem Clara-Zetkin-Park. Für deren Sanierung hat die LWB bis 2013 insgesamt 12 Millionen Euro ausgegeben. Um sie refinanzieren zu können und Kostensteigerungen abzufedern, blieben Mieterhöhungen im gesetzlichen Rahmen weiterhin erforderlich, wie die LWB in einem Schreiben deutlich macht.

Möllers Mieterhöhungen hingegen basieren auf der örtlichen Vergleichsmiete. Er befürchtet sukzessive Erhöhungen einzig und allein auf Basis steigender Preise im Viertel. Die LWB betont, dass Mieterhöhungen ausschließlich im gesetzlichen Rahmen stattfinden. Möller aber meint: »Nur, weil es rechtens ist, ist es nicht richtig.« Bereits im Januar haben er und weitere Mieter des Musikviertels einen offenen Brief an die Wohnungsgesellschaft formuliert, den etwa 70 Personen unterzeichnet haben. Das Schreiben bezieht sich vor allem auf das Ziel der LWB, für »eine sichere und sozial verantwortbare Wohnraumversorgung breiter Schichten der Bevölkerung« zu sorgen. Möller und seine Unterstützer sehen das durch die schrittweisen Mieterhöhungen in Gefahr. Die Erhöhungen sorgten für eine Veränderung des sozialen Gefüges, eine soziale Durchmischung, wie sie auch von der Stadt Leipzig gewünscht ist, sei da ausgeschlossen.

Mit einem durchschnittlichen Preis von 5,47 Euro pro Quadratmeter liegt die LWB zwar unter dem durchschnittlichen Mietniveau in Leipzig, doch das betrifft eben nicht alle: Im Musikviertel kann die ortsübliche Vergleichsmiete einer Wohnung im Punkthochhaus auch bei 6,80 Euro liegen. Wenn die LWB verspricht »breite Schichten der Bevölkerung« mit Wohnraum zu versorgen, meint sie damit »alle Einkommensschichten, Nationalitäten, Religionen, jede Altersgruppe«. Umgesetzt wird dies laut LWB beispielsweise im Rahmen des Förderprogramms »Gebundener Wohnraum«, durch das zur Zeit 400 neue Sozialwohnungen entstehen. In der Innenstadt seien außerdem Quartiere mit 151 miet- und belegungsgebundenen Wohnungen entstanden, jede dritte LWB-Wohnung läge im Bereich Kosten der Unterkunft.

Im Musikviertel will die LWB in diesem Jahr rund 1,2 Millionen Euro für weitere Bauvorhaben investieren. Möller erklärt: »Wir sind nicht die Gegner der LWB, ganz im Gegenteil, wir wünschen uns eine starke und solide LWB«. Da zu erhöhen, wo der Mietspiegel es hergibt, hält er allerdings für den falschen Weg: »Wir schieben damit Stadtteile auseinander, die soziale Balance geht verloren.« Der Erhöhung würde er sofort zuzustimmen, wenn es die Letzte war, verspricht Möller.

Für eine Mieterhöhung bedarf es der Zustimmung durch den Mieter. Stimmen sie der Erhöhung nicht zu, kann ein Gericht sie zur Zustimmung verurteilen. So auch im Fall von Möller und zwei weiteren Mietparteien, die nun eine Klage der LWB erhalten haben. Akzeptieren will Möller die nicht. Er kämpft stattdessen weiter: »Um zu zeigen, dass wir als Mieter nicht chancenlos sind.«


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