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Politik

Diese Kandidaten treten für die CDU an

  Diese Kandidaten treten für die CDU an |

Im September wird ein neuer Bundestag gewählt. Bis dahin stellen wir die Leipziger Direktkandidatinnen und -kandidaten der verschiedenen Paretein vor. Heute: CDU.

Herr Leipzig

Jens Lehmanns Steckenpferd ist Sicherheit und Klimaschutz

Was einem an Jens Lehmann als Erstes auffällt: der kleine goldene Olympia-Anstecker am Revers seiner blauen Anzugjacke. Es ist ein lauer Augustabend, einige Tage bevor das Olympische Feuer wieder erlischt. Lehmann selbst ist Radsportler, hat unter anderem zweimal Gold bei Olympia 1992 und 2000 sowie zahlreiche WM-Titel gewonnen. Wenn er heute aus seiner Zeit im Profisport spricht, wirkt es wie aus einem anderen Leben. Denn heute kennt man Lehmann vor allem als Politiker.

Seit fast zwanzig Jahren ist er Mitglied in der CDU, 2017 holte er für sie das Direktmandat im Wahlkreis Leipzig-Nord. Für diese Bundestagswahl kandidiert er erneut. Der Sport hat ihn aber nie ganz losgelassen und findet sich auch in seiner Sprache wieder. Über seine vergangenen vier Jahre im Bundestag sagt Lehmann: »Man möchte als Sportler immer ein Ergebnis haben und das hatte ich im Bundestag.« Zwar habe auch er im Parlament »erst mal das Laufen lernen« müssen, er sei aber stolz auf seine Errungenschaften, mit denen er in Leipzig viel bewegt habe. Er nennt das alte Bundeswehrkrankenhaus in Wiederitzsch, in das mit dem Zoll eine »wichtige Bundesinstitution« eingezogen sei. Und die Cyber-Agentur, die ihren Standort am Flughafen Leipzig/Halle beziehen wird – dank Lehmann, der im Aufsichtsrat der Agentur ist. Er überprüfe jede zu fällende Entscheidung im Bundestag darauf, welche Vor- oder Nachteile sie für Leipzig hat, erzählt Lehmann. Deswegen sei er dort auch als »Herr Leipzig« bekannt.

Sollte er erneut gewählt werden, möchte er weitere Anreize für Unternehmen schaffen, sich in Leipzig anzusiedeln und so die Region zu bereichern. Zudem möchte sich Lehmann wieder mehr dem Sport widmen: »Ich bin als einziger Olympia-Sieger nicht im Sportausschuss« – das möchte er in der nächsten Legislaturperiode ändern.

[caption id="attachment_129197" align="alignright" width="253"] Jens Lehmann, Foto: Marcel Noack[/caption]

Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf dem Thema Verteidigung. Er sieht darin für Sachsen ein wichtiges Thema. Dass einige den Flughafen Leipzig/Halle in der Diskussion um den Ausbau als Militärdrehkreuz bezeichnen, kann er nicht nachvollziehen: »Die Bundeswehr trägt seit über 70 Jahren zum Frieden bei.« Über den Flughafen werden seit Jahren Soldaten, Waffen und Militärgerät in den Nahen und Mittleren Osten sowie nach Afrika transportiert.

Lehmann befindet sich auf Parteilinie, nur beim Thema Klimakrise scheint es Widersprüche zu geben. So hat Lehmann als erster CDU-Bundestagsabgeordneter das Klimaversprechen der Organisation »German Zero« unterzeichnet. Das verpflichtet diese dazu, sich dafür einzusetzen, Deutschland bis 2035 klimaneutral zu machen und das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Die Union hat aber 2045 als Ziel in ihrem Wahlprogramm festgelegt. »Ich bin kein Parteisoldat«, entgegnet Lehmann. Er fügt aber hinzu: »Ich wehre mich gegen die Aussage, dass die CDU den Klimaschutz nicht ernst nimmt.« Viele würden verschweigen, dass man die Bevölkerung auch mitnehmen müsse. Lehmann betont seinen eigenen klimafreundlichen Lebensstil, erziehe seine Kinder dementsprechend. Aber er sei kein Freund davon, »von anderen alles zu verlangen« – trotzdem müsse jeder seinen Beitrag leisten. Nach großem klimapolitischen Engagement klingt das nicht, seine Vorschläge bleiben schwammig – »Geld in Innovation und erneuerbare Energien stecken« –, dennoch soll Klimaschutz eins seiner Schwerpunktthemen im Wahlkampf sein.

Seit 2004 ist er auch im Stadtrat Leipzig tätig. »Meine Arbeit im Stadtrat und im Bundestag mache ich beide mit Herzblut«, sagt Lehmann. »Aber im Stadtrat schaffe ich Veränderungen, die ich direkt morgen sehe und bin sehr nah an den Leuten dran.« Missstände beseitigen, das motiviert Lehmann dabei. Auch über Parteigrenzen hinaus: Im November 2019 reichte er einen Antrag ein für den Neubau einer Eisenbahnbrücke in Leipzig-Paunsdorf, zusammen mit einer Partei-Kollegin, einer SPD-Stadträtin – und einem AfD-Abgeordneten. Lehmann erntete viel Kritik, »bis nach Berlin«, berichtet er. »Ich stehe nach wie vor dazu«, sagt er heute. Es sei ihm lediglich darum gegangen, einen Missstand zu beseitigen. »Ich würde mit der AfD aber keinen Antrag machen, bei dem es um politische Inhalte geht.«

SOPHIE GOLDAU

In die Politik gerutscht

Jessica Heller will anderen Menschen helfen – aus »konservativen Grundwerten« heraus

Liest man Jessica Hellers Werdegang, denkt man nicht unmittelbar an die CDU: Intensivpflegekraft, Gewerkschaftsmitglied, engagiert im Gleichstellungsbeirat. Spricht man sie im Interview darauf an, zuckt sie erst lachend die Achseln – und erzählt dann bereitwillig aus ihrem Leben: Von ihrer Familie, die ihr politisches Interesse vermittelt hat. Von ihrer Kirchengemeinde. Und vom Großvater, der ihre Lebenseinstellung prägte: »Was aus dem machen, was man hat, auch wenns nicht viel ist – und damit anderen Menschen helfen«. Dass sie sich als sozialer Mensch dennoch nicht in der SPD wiederfindet, begründet sie mit ihrer christlichen Erziehung. »Verankert im Sozialflügel der CDU, mit konservativen Grundwerten«, beschreibt die 31-Jährige ihre politische Einstellung, die sie 2015 zum Parteieintritt brachte.

[caption id="attachment_129198" align="alignright" width="252"] Jessica Heller, Foto: CDU Leipzig[/caption]

In den Leipziger Stadtrat kam sie bereits ein Jahr früher, noch parteilos, als jüngste Stadträtin der damaligen Wahlperiode. »Irgendwie bin ich in die Politik reingerutscht«, erinnert sie sich. Eigentlich wollte sie nur in den Ortschaftsrat Leipzig-Hartmannsdorf, wo sie aufgewachsen ist und heute noch wohnt. Doch dann wurde sie »überredet, auf die Stadtratsliste zu gehen«. Planänderung für Heller, die eigentlich in England leben und Medizin studieren wollte. Immer einfach war das nicht, doch Belastung ist sie gewohnt: In ihrem Job gehört sie zum Alltag, körperlich wie psychisch. Eines ihrer Herzensthemen war von Anfang an Gleichberechtigung, bedingt durch ihren Job im weiblich dominierten Pflegesektor: »Wenn männliche Patienten nicht von einer weiblichen Krankenschwester gewaschen werden wollen, sieht es erst mal schlecht aus.» Pfleger sind oft Fehlanzeige. Deshalb setzt sie sich für »die Förderung von Männern in Sozialberufen« ein.

Auffällig schlug sie sich bei einigen feministischen Stadtrat-Debatten dennoch auf die Kontra-Seite, gegen öffentliche Gratis-Menstruationsprodukte oder die Frauenquote. Wie passt das zusammen? »Das sind viel zu kleinteilige Stadtratsdebatten: Wir diskutieren ewig im Kleinen und verlieren uns darin«, kritisiert die Vorsitzende der Leipziger Frauen Union. In diese Kategorie falle auch geschlechtergerechte Sprache: »Was hilft das Gendersternchen, wenn wir gegen ungleiche Bezahlung vorgehen müssen?« Bei solchen Debatten hat sie den Eindruck, dass nur ein kleiner, akademischer Gesellschaftsteil teilnimmt, aber »bei den Stammtischen im Dorf kommt das nicht an«. Statt Quote will sie lieber »als Vorbild vorangehen und anderen Frauen die Angst nehmen, auch anzutreten, wenn es männliche Mitbewerber gibt«. Kleinteilige Debatten bergen für Heller das Risiko, dass »immer weniger Menschen aus normalen Berufen in die Politik gehen«. Sie selbst sei schließlich auch dort gelandet, weil Parteikollegen der Jungen Union an sie geglaubt haben.

»Wenn die mir vor ein paar Jahren gesagt hätten, dass ich für den Bundestag kandidiere, hätte ich das niemals geglaubt«, gibt sie zu. Doch bei manchen Themen sind ihr kommunalpolitisch die Hände gebunden: Wie bei ihrem Steckenpferd Gesundheitspolitik, das ihre Augen leuchten lässt. Lobbyarbeit von Krankenhausverbänden sieht sie nicht per se kritisch. »Problematisch wird es nur, wenn nicht alle betroffenen Berufsgruppen mit am Tisch sitzen« – zum Beispiel Pflegekräfte, die im Bundesausschuss nicht stimmberechtigt sind. »Wir brauchen eine strukturelle Einbindung des Pflegeberufs, um nachhaltig etwas verändern zu können«, erklärt Heller bestimmt und fordert bessere Bezahlung sowie einen höheren Pflegeschlüssel. Sie will in den Bundesausschuss für Gesundheit, um »Brücken zu bauen«. »Wer kann besser dafür kämpfen als eine Pflegekraft selbst?«

Auch ein anderer alter Hut steht auf ihrer Agenda: Verwaltungsmodernisierung. Schlicht: »Den Staat wieder auf Vordermann bringen.« Ein Thema, das die CDU inzwischen »endlich mal auf der Fahne« hat. Bürokratie muss »weniger und ein bisschen zügiger werden«, fordert Heller: »Ich will nicht wegen jeder Unterschrift aufs Bürgeramt!« Dass es ehrgeizig ist, ein Thema anzugehen, das ihre Partei viele Jahre verpasst hat, weiß sie. Doch die baltischen Staaten »zeigen uns, wie das funktionieren könnte«. Auch in Schulen sei Digitalisierung wichtig: Seit Corona gebe es zwar nun vielerorts die Hardware, nicht jedoch Schulungsprogramme für Lehrer. Den Schlüssel dazu sieht Heller in Anreizen sowie verstärkter Zusammenarbeit im ansonsten föderalen Bildungssystem: Wenn Schulen sich länderübergreifend weiterhelfen würden, statt Probleme separat zu lösen, sei das ein erster Schritt. Für diese Themen muss die Heimatverbundene die Kommunalpolitik aufgeben. Ihr Trost: »Man bleibt ja im Wahlkreis wohnen«, lacht Heller – Leipzig würde sie nicht gegen Berlin eintauschen wollen.

DEBORAH WEBER


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