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Politik

Grünes Licht

Stadtrat beschließt Grünsatzung für ein nachhaltiges Leipzig

  Grünes Licht | Stadtrat beschließt Grünsatzung für ein nachhaltiges Leipzig

Bis Ende März nächsten Jahres hat die Stadtverwaltung Zeit, ein Konzept zur Grünsatzung zu erarbeiten. Mit bepflanzten Fassaden, Dächern oder Hinterhöfen soll in Leipzig umweltfreundlicher gebaut werden.

Im Stadtrat als »kleine Revolution« angeteasert und zehn Minuten mit großer Mehrheit beschlossen: Leipzig erhält eine Grünsatzung. Diese soll Neubauten in Zukunft zu einer nachhaltigen Bauweise verpflichten: Sobald sie in Kraft ist, müssen Bauherren einen Mindestanteil an Grünfläche umsetzen, unbebaute Flächen bepflanzen und für Dach- sowie Fassadenbegrünung sorgen. Diese bietet Vögeln und Bestäubern Unterschlupf, bindet Feinstaub und wirkt zusätzlich wärmeregulierend: Das hat das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung in Kooperation mit der deutschen Umwelthilfe herausgefunden.

»Damit machen wir ökologisches Bauen zum Standard«, erklärt Michael Neuhaus begeistert. Der umweltpolitische Sprecher der Linken hat den Antrag bereits vor anderthalb Jahren in den Stadtrat eingebracht. Ursprünglich hatte er sich für Bauweisen interessiert, welche die Bedürfnisse von Wildtieren berücksichtigen. Die Grundidee: Wenn ein Paragraf der sächsischen Bauordnung entscheiden darf, welche Farbe die Innenstadtfassaden haben dürfen, könne man mit ihm auch Dachbegrünung fordern. Doch die Verwaltung stellte sich quer und erklärte den Plan erst für rechtswidrig: Man dürfe mit diesem Paragrafen lediglich die Fassadengestaltung vorschreiben, nicht aber konkreten Artenschutz. Neuhaus änderte daraufhin kurzerhand das Antragsziel, strich den Begriff »Klimaschutz« und ersetzte ihn durch »Begrünung«. Das Ergebnis: Artenvielfalt war damit nur noch ein Nebeneffekt – und der Antrag plötzlich nicht mehr rechtswidrig. Hinzu kam, dass Dresden zu dem Zeitpunkt ebenfalls an einer Grünsatzung gearbeitet hatte: »Was im gleichen Bundesland funktioniert, kann hier ja nicht rechtswidrig sein«, argumentiert Neuhaus.

Der Umwelt ist es egal, nach welchem Paragrafen gebaut wird, profitieren wird sie von der Grünsatzung dennoch: Die höhere Vegetationsdichte soll nicht nur Artenvielfalt und Biodiversität zugutekommen, sondern auch die Luftqualität verbessern. Doch nicht nur die Ökosysteme können sich über den Stadtratsbeschluss freuen: »Davon profitieren alle Stadtbewohner, deren Wohlfühltemperatur nicht bei 50 Grad im Schatten liegt«, sagt Neuhaus mit scherzhaftem Unterton. Denn je dichter die Bebauung, desto höher das Stadtklima – besonders, wenn durch Schottergärten und Betonfassaden jegliche Vegetation fehlt. Deshalb haben sich in den vergangenen Jahren Vorreiterstädte wie München, Ingolstadt oder Erfurt dafür entschieden, ihre Luftqualität mithilfe der Grünsatzung zu verbessern – und nun ist auch Leipzig Teil des grünen Städteclubs.

Doch warum kommt ein Antrag, bei dem die Farbe „grün“ schon im Namen steckt, aus der Linksfraktion? »Umweltschutz ist keine Individualsache«, findet Neuhaus. »Wenn wir nicht wollen, dass Tiere und Pflanzen drauf gehen, dann müssen wir anders bauen.« Außerdem sieht er Klimaschutz als eine Form sozialer Gerechtigkeit: Einzelne Privatinvestoren würden Großprojekte starten und Profite einstreichen, ohne dabei die ökologischen Negativfolgen zu beachten – diese müsste dann die Bevölkerung tragen. Die höchsten Kosten hätten im Endeffekt die Ärmeren der Gesellschaft zu tragen, argumentiert der Linkspolitiker. Außerdem ist Neuhaus Mitglied des Vereins Ökolöwe, dem Leipziger Umweltbund, der sich für nachhaltige Stadtpolitik einsetzt und mit Neuhaus zusammen am Antrag tüftelte. »Hässlich und grau: Tschau!«, lautete der Slogan des Umweltbunds, mit dem er sich für Fassadenbegrünung einsetzte und sogar eine Petition startete. Die Beharrlichkeit hat sich gelohnt, nun ist die Stadtverwaltung an der Reihe: Sie soll in den nächsten Monaten die Grünsatzung entsprechend sächsischer Bauordnung erarbeiten und sämtliche Details festschreiben. Doch für Neuhaus ist das erste große Ziel schon erreicht: »Ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit!«

DEBORAH WEBER


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