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Kultur

»Alle gemeinsam für den Frieden«

Zum Frauentag: Tanzstück und Sammelband über historische Frauen in Sachsen

  »Alle gemeinsam für den Frieden« | Zum Frauentag: Tanzstück und Sammelband über historische Frauen in Sachsen

Zwei Tipps für den Internationalen Frauentag: Am Dienstag findet die Premiere des Tanzstücks »Auguste & Clara« von Heike Hennig statt und gerade erschien ein Band, der einige politische Geschichten zu Frauen in Sachsen und Leipzig erzählt.

»Mein größter Wunsch ist, dass alle Frauen in der Welt von der Unterdrückung befreit werden und wir alle gemeinsam für den Frieden arbeiten und schaffen können«, so formulierte Auguste Hennig 1953 ihre Motivation zum politischen Handeln. Nun widmet ihr ihre Urenkelin, Heike Hennig, das Tanzstück »Auguste & Clara«, das am 8. März zur Uraufführung kommt.

Geboren 1864 im thüringischen Sachsenburg und ausgebildet als Küchenhilfe, zog Auguste Hennig mit ihrem Ehemann Karl 1888 nach Leipzig, trat in den Sozialdemokratischen Verein, in den Konsumverein und später in die SPD ein. Zudem war als erstes weibliches Vorstandsmitglied im Stadtverband der Partei tätig. Bei den Diskussionsabende im Volkshaus und den Weiterbildungskursen im Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse, die sie besuchte, um sich neben ihrer Tätigkeit im Konsum weiterzubilden, lernte sie die Lehrerin Käte Duncker kennen. Hennig leitete den Verein für Hausangestellte und baute nach 1945 den Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD) mit auf. Sie starb 1959 und seit 2001 gibt es an ihrem Wohnort Mölkau eine nach ihr benannte Straße. »Auguste Hennig war Frauenrechtlerin, zusammen mit Clara Zetkin und Käte Duncker reichte sie 1910 in Kopenhagen den Antrag für die Einführung des Internationalen Frauentags ein. Bis ins hohe Alter hinein bewahrte sie ihre Energie und Stärke, mit der sie viele Jüngere begeisterte. Leider hat sich ihr Wunsch nicht erfüllt«, erklärt Heike Hennig ihren Ansatz für das Tanzstück.

Auguste Hennig, Käte Duncker und Clara Zetkin nahmen an der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 26. und 27. August 1910 in Kopenhagen teil. 100 Delegierte aus 17 Ländern verabschiedeten die von ihnen eingebrachte Resolution zum Internationalen Frauentag. Darin heißt es: »Im Einvernehmen mit den klassenbewussten politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats in ihrem Lande veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient.«

»Der Tag der Frauen« wurde von 1911 bis 1921 am 19. März begangen und erinnerte so auch an die Märzrevolution von 1848 und die Pariser Kommune 1871. Zum ersten Frauentag in Leipzig wurde in den Großen Saal des Volkshauses geladen. In der LVZ war vorab die Werbung zu lesen: »Frauen Leipzigs, erscheint in Massen in dieser Versammlung. Zeigt der besitzenden Klasse, dass ihr nicht weiter das Doppeljoch der Entrechtung und der Ausbeutung tragen wollt.«

Es kamen mehr als 3.000 Frauen. Die aus Chemnitz stammende Rednerin Helene Wagner, spätere SPD-Abgeordnete im Sächsischen Landtag, sprach zum Thema: »Das Frauenwahlrecht, eine Waffe im Klassenkampf«. Vor dem Volkshaus hatte sich die Polizei in großer Zahl formiert, aber ein Demonstrationszug der Frauen durch die Stadt fand nicht statt. Dafür traten an dem Tag 400 Frauen der Sozialdemokratie bei.

Mit der Novemberrevolution und der Einführung des Frauenwahlrechtes in Deutschland waren die Inhalte des Frauentages zur Gleichberechtigung noch lange nicht erfüllt. Auf Beschluss der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen in Moskau wurde 1921 das Gedenken auf den 8. März verschoben. In Berlin ist der Frauentag seit 2019 ein gesetzlicher Feiertag.

Einen Überblick zur Entwicklung der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung wie auch kleine Einblicke zu Frauen im Widerstand und als Täterinnen im Nationalsozialismus liefert der gerade erschienene Band »Frauen in Sachsen. Politische Partizipation in Geschichte und Gegenwart«, herausgeben von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Frauen wie Auguste Hennig kommen darin nicht vor. Dafür liefert beispielsweise der Kulturwissenschaftler Thomas Höpel in seinem Absatz über die Auswirkungen des Frauenwahlrechts und der Demokratisierung in Leipzig von 1919 bis 1933 Zahlen, wie Frauen in der Stadtverordnetenversammlung agierten. Dabei zeigt er die »Remaskulinisierung« der Politik auf, vor allem die konservativen Parteien drängten Ende der 1920er-Jahre die Frauen aus dem Feld der Politik wieder in Richtung Haushalt. Eine interessante Lektüre, auch wenn die Gegenwart etwas sehr kurz weg kommt.

»Auguste & Clara«, 8.3.2022, 16 Uhr am Uferbereich des Palmengartens. Weitere Vorstellungen finden am 8.4., 8.5. und 8.6. statt. Nähere Informationen hier. https://www.heikehennig.de/festivals/ueber-bruecken/auguste-hennig

Werner Rellecke/ Susanne Schötz/ Alexandra-Kathrin Stanislaw-Kemenah (Hrsg.): Frauen in Sachsen. Politische Partizipation in Geschichte und Gegenwart. Dresden 2022, zu beziehen über die  Sächsische Landeszentrale für politische Bildung

Titelfoto: Hendrik Pupat


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