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Politik

Ein Skandal zu viel

Kretschmer entlässt Sachsens Innenminister Wöller

  Ein Skandal zu viel | Kretschmer entlässt Sachsens Innenminister Wöller

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat am heutigen Freitag seinen Innenminister, Roland Wöller (CDU), aus dem Amt entlassen. In einem Statement sagte Kretschmer, es sei ein Neuanfang »mit mehr und breiterem Vertrauen nötig«. Zwar habe Wöller in den vergangenen Jahren wichtige Arbeit geleistet und mit dem neuen Polizeigesetz und dem Personalzuwachs bei der Polizei auch Erfolge verzeichnen können. Er habe aber zuletzt das Gefühl gehabt, dass nur noch über »vermeintliche oder tatsächliche Skandale« geredet werde. Bis Montag bleibt Wöller noch geschäftsführend im Amt. Er äußerte sich bisher nicht öffentlich zu seiner Entlassung.

Vergangene Woche hatten Polizeigewerkschaften dem Innenminister ihr Vertrauen entzogen und seinen Rücktritt gefordert, was er bis zuletzt ablehnte. Die Gewerkschaften warfen ihm vor, bei Personalentscheidungen Vetternwirtschaft betrieben zu haben. So soll eine Kommilitonin von Wöllers Ehefrau neue Chefin der Polizeischule in Rothenburg werden.

Dem Rücktritt gehen jedoch noch weitere Skandale voraus, vor allem bei der Polizei. Zuletzt soll das Mobile Einsatzkommando (MEK) einen Skiurlaub in einem Vier-Sterne-Hotel als Fortbildungsreise deklariert haben, berichtete die LVZ. Zudem ermittelt das Landeskriminalamt derzeit gegen Beamte des MEK Leipzig, die bei einem illegalen Aufnahmeritual mit Übungswaffen aufeinander geschossen haben sollen. Um Korruptionsvorwürfe geht es bei der Polizei Leipzig: Beamte sollen jahrelang illegal mit gestohlenen Fahrrädern gehandelt haben. Kritik erntete Wöller auch, als eine Großdemonstration der sogenannten Querdenken-Bewegung in Leipzig im November 2020 aus dem Ruder lief.

Der frühere CDU-Innenpolitiker Armin Schuster soll Wöllers Nachfolger werden. Der gebürtige Rheinland-Pfälzer ist seit November 2020 Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Bevor er 2009 erstmals in den Bundestag einzog, hatte er bereits eine Karriere bei der Bundespolizei hinter sich. Er galt 2015 als Kritiker von Angela Merkels Asylpolitik. Die Reaktionen auf den Nachfolger sind durchmischt. Während die AfD beklagt, dass ein Westdeutscher das Amt übernimmt, schreibt Timo Reinfrank, Politikwissenschaftler und Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, auf Twitter: »Man könnte die Berufung von #Schuster in Teilen auch als Bestätigung der AfD lesen.« Laut Kretschmer haben die Polizeigewerkschaften ihre Zustimmung zu Schuster bereits signalisiert.

 

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Titelbild: SMI / C. Reichelt


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