Linke Proteste und Corona-Demonstrationen werden von der sächsischen Polizei ungleich behandelt – diesen Vorwurf hat das Netzwerk Leipzig nimmt Platz einmal mehr ausgesprochen. Eine Analyse des Grundrechtekomitees kommt jetzt zu ähnlichen Ergebnissen.
»Während beim Umgang mit linken Versammlungen Polizei und Behörden eine kaum geahnte Handlungsbereitschaft zeigen, wird man gleiches bei rechten Umtrieben nicht behaupten können.« Mit deutlichen Worten formuliert das Netzwerk Leipzig nimmt Platz seine Kritik an der Polizeilogik. Zweimal mehr – am Samstag und Montag – hat die Polizei beim Umgang mit Pandemie-Verharmlosenden und Gegendemonstrierenden nach zweierlei Maß agiert. Dass das System hat, wurde auch im kreuzer immer wieder kritisiert. Nun untermauert eine Analyse des Grundrechte-Komitees diese Kritik.
Vergangenen Samstag ging die Polizei mit übermäßiger Gewalt gegen Menschen vor, die gegen einen Aufzug von rund 2.000 Corona-Relativierenden, Neonazis und Putin-Verstehenden demonstrierten. Am Montag ließ die Polizei in Engelsdorf 200 Personen aus eben jenem Spektrum ohne Anmeldung demonstrieren. Als aus der Gruppe heraus die Presse angegriffen wurde, zeigten sich die Beamtinnen außer Stande, die journalistische Arbeit zu schützen. Etwa zur gleichen Zeit sicherte die Polizei eine Querdenken-Demo von 60 Personen in der Innenstadt ab und ging gegen linke Spontanproteste vor. Personen wurden laut Leipzig nimmt Platz festgesetzt und erkennungsdienstlich behandelt. Angesichts solchen Vorgehens ist die von Innenminister Roland Wöller und anderen wiederholte Forderung nach zivilgesellschaftlichem Engagement ein Hohn. Dass ein solches in Sachsen nicht gewollt ist, wenn auch nur ein Hauch von Links an ihm haftet, ist nichts Neues.
Von einem »selektiven Charakter« der Polizeilogik angesichts politischer Proteste in Leipzig spricht eine Analyse des Grundrechte-Komitees. »Demnach lässt sich im Umgang mit linkem Protest eine niedrigschwellige und häufig willkürliche polizeiliche Eingriffsweise feststellen. Diese zeichnet sich zum einen durch das standardisierte Kriminalisieren und Blockieren von (linkem) Gegenprotest aus, zum anderen durch ein überzogenes und in Teilen mutmaßlich rechtswidriges Vorgehen im Umgang mit linken Demonstrationen.« Der Kölner Verein, der sich als außerparlamentarische Opposition zum Schutz der Grundrechte versteht, hat den behördlichen Umgang in Leipzig mit den Querdenken-Protesten und mit linken Gegenprotesten sowie eigenen linken Demonstrationen verglichen. Immer wieder sei es dabei zu Kriminalisierung der linken Aktionen gekommen, so das Resümee – ob durch Auflagen und Lageanalysen im Vorfeld, polizeiliche Begleitung und/oder politische Nachbereitung. »Betrachtet man diverse Protestereignisse der letzten zwei Jahre ist auffällig, dass neben der polizeilichen Ungleichbehandlung von politischem Protest in Leipzig auch die Wortmeldungen von politischen Entscheidungsträger*innen sehr unterschiedlich ausfallen.« Dafür diene immer wieder Connewitz als Chiffre, um mit Verweis auf »die« linke Szene ein schiefes Bild sächsischer Verhältnisse zu zeichnen.
Hier geht es zur kompletten Studie des Grundrechtekomitees.
Titelfoto: Tim Wagner