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Kultur

Reifeprüfung der Meisterklasse

Bis zum 29. Oktober sind die Abschlussarbeiten der HGB-Meisterschülerinnen und -schüler in der A & O Kunsthalle ausgestellt

  Reifeprüfung der Meisterklasse | Bis zum 29. Oktober sind die Abschlussarbeiten der HGB-Meisterschülerinnen und -schüler in der A & O Kunsthalle ausgestellt

Fingernägel werden mit buntem Lack bemalt, unmittelbar danach kratzen sie entlang der weißen Oberfläche eines Holzbrettes. Die im Video zu sehenden Farbspuren bildete Elizaveta Kuznetsova auf A4 großen Glasplatten ab. Einige davon hängen an der Wand der Kunsthalle. Darunter finden sich auf dem Fußboden Notizen in russischer und deutscher Sprache. Zum einen handelt es sich um Bildbeschreibung von Frauenporträts, die der Künstlerin vorlagen. Zum anderen ist dort zu lesen »für Oksana Z., 41 Jahre alt, getötet am 13.-14.9.2020«. In ihrer Meisterschüler*innenarbeit mit dem Titel »Widmungen« thematisiert Kuznetsova Tötungen von Frauen durch ihre (Ex)-Partner in Russland. Den Ausgangspunkt ihrer Abschlussarbeit in der Klasse Fotografie und Bewegtbild bei Tina Bara bildet der in Russland - auch aufgrund stark ausgebildeter patriarchaler Strukturen - kaum thematisierte Femizid sowie die Verharmlosung von häuslicher Gewalt im Strafgesetz. Fast 10.000 Frauen starben von 2011 bis 2019 durch ihren (Ex-)Partner. Ihre Serie »Widmungen« umfasst 100 Bild-Text-Paare.

Ausschnitte davon sind gemeinsam mit fast zwanzig weiteren künstlerischen Positionen bis zum 29. Oktober in der A & 0 Kunsthalle zur Meisterschüler*innenausstellung der Hochschule für Grafik und Buchkunst zu sehen.

Einen Preis gab es für Anne Hofmann. Zum sechsten Mal vergab die G2-Kunsthalle im Eigentum des Immobilienbesitzers Steffen Hildebrand den Meisterschüler*innen-Preis, der mit 10.000 Euro und einem einjährigen, unentgeltlichen Atelierplatz dotiert ist. Geboren 1986 in Karl-Marx-Stadt, studierte Hofmann Medienkunst bei Helmut Mark und beschloss ihr Studium mit der Arbeit »(F)Akten«. In mehreren Teilen thematisiert sie darin die Wende wie etwa in einer Fotografie von der Besetzung der Berliner Stasi-Zentrale in der Normannenstraße. Oder in einer Fotografie einer die Mauer überwindenden Person, die nach zig Kopien auf einem 1990er-Jahre Xerox-Apparat auf dem nun schwarzen Papier nicht mehr wahrzunehmen ist. Was einst als unvorstellbar galt, kann in der unendlichen Wiederholung einfach seinen Reiz verlieren und verschwindet ganz.

Mit der Vergangenheit der eigenen Familie setzt sich Christian Kasners in seiner Recherche »Kasprzycki« auseinander. Sie beginnt bei persönlichen Materialien seines Großvaters in Ergänzung mit historischen Büchern. Die Enzyklopädie einer ostdeutschen Stadt stellt der Fotograf Eric Meier in seiner Arbeit »FF« samt Katalog vor. Er beinhaltet die Aufnahmen der letzten zehn Jahre, die den Wandel von Plattenbauten schildern.

Robert Marchewka beschäftigt sich ebenfalls mit Räumen. Er stellt in »Blöcke und Flammen« sowohl Fliesenmosaike aus DDR-Plattenbauten wie auch Ornamente aus dem Nahen Osten vor, um die Wirkung auf die aktuellen Situationen zu hinterfragen.

Die Institution Kunsthochschule hinterfragt Philipp Farra im Film »Re: Relevance«. Ausgehend von der vor einigen Jahren veranstalteten Reihe »Relevanz der Kunst - Kunst der Relevanz« in der HGB, entwickelte er im Anschluss ein Theaterstück, das nun auf dem Monitor zu sehen ist und sich um Kunst, Moral und Politik dreht.

 

>> »M22/ Ausstellung der Meister*innenschüler*innen«, bis 29.10., a & o Kunsthalle, Di-Fr 15-19, Sa-So 12-18 Uhr


Titelfoto: Abschlussarbeit Robert Marchewka. 


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