Susann Pianski-Lehmann arbeitet seit zehn Jahren als Jobberaterin beim Leipziger Studentenwerk. Während ihres Studiums hat sie selbst in der Moritzbastei gejobbt. Dem uboot erzählt sie, warum Studierende aktuell eine große Jobauswahl haben und was die Pandemie verändert hat
Nehmen wir mal an, ich bin Student im zweiten Semester und suche einen Job. Was haben Sie anzubieten?
Wir haben sehr vielfältige Angebote in 17 Rubriken. Da gibt es Jobs im Dienstleistungsbereich, es werden studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte gesucht oder Studierende zur Bürounterstützung in der Kanzlei. Hier geht es vornehmlich darum, Verwaltungs- und administrative Arbeiten zu übernehmen, wie Telefondienst, Post abheften. Es gibt aber auch Arbeitgeberinnen, die sehr gezielt für Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kenntnissen aus dem Studium suchen. Eine wilde Mischung also.
Tatsächlich machen diese ganz diversen Bürojobs das Gros aus. Abgenommen haben Angebote von Privatleuten, die zum Beispiel Umzugshelferinnen oder eine Kinderbetreuung suchen. Bei unseren Dienstleistungen ist von Jobs im IT-Bereich bis zu Jobs im Krankenhaus und als Umzugshelferin alles dabei. Dagegen sind das Handwerk, die Industrie und der Einzelhandel eher wenig vertreten und Nachhilfejobs laufen aktuell vor allem über Institute.
Was ist das Besondere der Jobvermittlung im Studentenwerk?
Wir haben eine Online-Plattform, auf der die Arbeitgeberinnen ihre Jobangebote einstellen können. Diese werden von uns vor der Veröffentlichung auf die Einhaltung rechtlicher Standards wie das Mindestlohngesetz geprüft, an Studierende vermittelt und betreut. Wir versuchen, eine gute kommunikative Basis mit den Stellenanbietern zu gestalten, um Stellenangebote so zu gestalten, dass diese unsere Zielgruppe ansprechen und den Bedürfnissen eines Studierendenjobs entsprechen. Die Studierenden bekommen von uns einen Vermittlungsschein mit den Details zum Jobangebot und den Kontaktdaten der Arbeitgeberinnen. So wissen sie, zu welchen Bedingungen sie sich auf das Jobangebot haben vermitteln lassen. Vor der Pandemie holten die Studierenden diese Vermittlungsscheine persönlich in unserem Büro ab und erhielten zusätzliche Informationen mündlich oder sie konnten direkt Fragen stellen. Dies entfällt durch die digitale Vermittlung. Wir merken, dass dadurch die Verbindlichkeit abgenommen hat und sich viele Studierende auf vermittelte Jobs nicht bei den Arbeitgeberinnen melden. Wir sind keine öffentliche Jobvermittlung, sondern für die Studierenden verantwortlich, die an einer dem Studentenwerk Leipzig zugeordneten Hochschule eingeschrieben sind.
Als klassischer Studierendenjob gelten ja auch Servicejobs in der Gastronomie, haben Sie die auch en masse?
Jobs in der Gastronomie spielen auch eine Rolle, allerdings suchen Restaurants selbst eher selten über unser Portal. Wir arbeiten meist mit Personaldienstleistern zusammen, die suchen in der Regel gezielt für bestimmte Veranstaltungen. Dabei schwankt die Nachfrage oft im Zusammenhang mit der Art der Veranstaltung: Wenn eine populäre Band spielt, gibt es viele Interessenten. Auch Jobs auf bestimmten Festivals finden guten Anklang. Die Nachfrage nach Servicekräften oder Aushilfen in der Küche, die Gemüse schnippeln oder Geschirr spülen, ist tatsächlich zurückgegangen. Ich vermute, dass gerade in den gehobenen Restaurants eher auf ausgebildete Kräfte zurückgegriffen wird. In der Kneipe ist das sicher anders. Dort ist die Klientel entsprechend locker und man hat als Studierender sicher gute Chancen.
Wie hat sich denn das Lohnniveau für Studierendenjobs in den letzten Jahren entwickelt?
Die Arbeitsmarktsituation ist aktuell für die Studierenden ausgezeichnet. Man kann ja offenen Auges durch die Stadt laufen und eigentlich überall einen Job bekommen. Unsere Jobbörse spiegelt auch immer die allgemeine Arbeitsmarktsituation wider. Wir haben zurzeit eine extrem hohe Anzahl von Jobangeboten, wobei nicht alle unbedingt toll bezahlt werden. Aber man findet einen Job. Zum Glück konnten wir relativ schnell den Studierenden auch während der Pandemie und der Lockdowns Jobs offerieren, zum Teil hatten diese mit der gesellschaftlichen Situation zu tun und es haben sich ganz andere Tätigkeitsfelder ergeben. Das Verdienstniveau ist eher bescheiden. Es bewegt sich oft von 12 bis 14 Euro bei einem aktuellen Mindestlohn von noch 10,45 Euro. Ab 1. Oktober steigt der Mindestlohn auf 12 Euro, mal schauen, wie sich das Lohngefüge für Studierendenjobs dann entwickelt. Studierende richten meist zuerst ihr Augenmerk auf den Verdienst, sie müssen schließlich mit ihrer Zeit haushalten.
Gab es Veränderungen durch die Pandemie?
Wir haben unser System auf digitale Vermittlung umgestellt. Im Frühjahr 2020 gab es einen kurzen Stillstand, plötzlich keine neuen Jobangebote mehr und auch viele Studierende, die von heute auf morgen ihren Job verloren haben. Aber zum Glück hatte sich diese Situation bei uns relativ schnell wieder entspannt. Unternehmen haben dann ihre Arbeit wieder aufgenommen und brauchten auch wieder Arbeitskräfte. Einige haben ihre Strukturen und Prozesse verändert und etwa das Arbeiten von zu Hause ermöglicht. Andere Möglichkeiten haben sich durch Test- und Impfzentren oder auch für Eingangskontrollen bei Veranstaltungen und im Handel ergeben.
Die Lieferdienste haben ja geboomt, haben die bei Ihnen angeklopft?
Angeklopft haben die nicht, wir haben angefragt. Aber das war während der Pandemie nur ein unterschwelliges Thema. Es war nicht so, dass sich Hunderte von Studierenden jetzt Jobs bei Lieferdiensten gesucht haben. Wir hatten da kaum Berührungspunkte.
Haben sich die Ansprüche an Studierendenjobs im Laufe der Zeit geändert?
Früher waren es die Studierenden, die sich flexibel einsetzbar zeigen mussten, heute müssen sich nach unseren Erfahrungen eher die Arbeitgeberinnen auf die Studierenden einstellen. Wie gesagt, die Auswahl ist gerade sehr rosig. Arbeitgeberinnen berichten uns auch, dass Studierende sich nicht gerne festlegen und eher verschiedene Dinge ausprobieren möchten. Diese Tendenz nehmen wir auch in unserer Vermittlungsarbeit wahr.