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Stadtleben

Schönheit bleibt hier nicht oberflächlich

Grand Beauty Salon bietet Behandlungen auf Spendenbasis und interkulturellen Austausch

  Schönheit bleibt hier nicht oberflächlich | Grand Beauty Salon bietet Behandlungen auf Spendenbasis und interkulturellen Austausch

Im Robert-Koch-Park hat der transkulturelle Grand-Beauty-Salon »für Schönes, Diversität und Dialog« einen festen Standort gefunden.

Versteckt im Robert-Koch-Park in Grünau, hinter der Robert-Koch-Klinik, steht ein kleines weißes Häuschen. An der Fassade hängt ein gelbes Banner, auf dem groß in pinkfarbenen Buchstaben »Willkommen im Grand Beauty Salon« steht. Der Steinboden im Haus wirkt erst einmal kalt, doch die gemütlich zusammengewürfelten Möbel sorgen für eine behagliche Wohnzimmer-Atmosphäre. Hier arbeiten neben Frauke Frech, der Initiatorin des Salons, neun weitere sogenannte »Grand Beauty Experts« mit und ohne Zuwanderungsgeschichte: Sie schminken und stylen, lackieren Nägel und massieren Gesichter, schneiden Haare und formen Augenbrauen – oder tauschen sich auch einfach in Gesprächen aus. Laufkundschaft und feste Termine gibt es hier nicht, und auch sonst fühlt es sich hier nicht wie einem gewöhnlichen Schönheitssalon an, denn bei einem Tee den ganzen Nachmittag zusammenzusitzen und miteinander zu reden, ist ebenso Teil des Programms wie die Behandlungen an sich. Einen Katalog mit festen Preisen zu Leistungen gibt es ebenfalls nicht, die Bezahlung verläuft in Form einer Spende an den Salon, um das Projekt finanzieren zu können, der Preis liegt im eigenen Ermessen.

Eine Frau führt eine Gesichtsbehandlung bei einer anderen Frau durch.
Foto: Arne Schmitt

Bei gutem Wetter findet der Beauty-Nachmittag im Freien vor dem Haus statt, so auch heute. Nachdem die Sitzgruppen aufgebaut sind, trudeln die ersten Gäste ein. Mit einem alltäglichen Schönheitssalon ist Frechs Idee nicht zu vergleichen: Hier herrscht nicht die typische Anonymität, die durch die Termingebundenheit kommt. Die Leute kommen und gehen, wann sie wollen. Auch nach ihrer Behandlung bleiben sie zum Reden und Teetrinken noch eine Weile länger sitzen.

Vier Frauen sitzen um einen Tisch, auf dem viele Produkte liegen. Mara Hesse, eine der Beauty-Experts, fängt an zu erzählen: Da heute das Thema Hautpflege ist, erzählt sie von den Produkten, die sie benutzt und auch von ihren Problemen. Es geht um die beste Abschmink-Routine für jede Einzelne, aber auch um generelles Wohlbefinden. Hesse spricht einzelne Mitglieder aus der Gruppe an und fragt nach deren Meinung, Routinen und Produkten, sodass sich alle in der Runde beteiligen. Nach kurzer Zeit entsteht daraus ein Gespräch wie unter Freundinnen, obwohl die unterschiedlich alten Frauen sich davor noch nie begegnet sind. Jede erzählt und öffnet sich, die anderen hören zu und versuchen zu helfen, indem sie ihre Erfahrungen teilen. Es ist ein Geben und Nehmen. Genau dieses Zusammenkommen ist Mara wichtig, sagt sie. Keine achte auf die Kultur oder Herkunft, sagt sie. Die hauptberufliche Make-up-Artistin möchte sich mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gezielt gegen Rassismus und Faschismus positionieren und ihm entgegenwirken, sagt sie. Das positive Feedback bestärke sie darin.

Zwei Frauen vor einem Spiegel.
Foto: Arne Schmitt

Währenddessen wird eine Besucherin von Grey Castaño geschminkt. Man hört Gelächter und die Begeisterung der Frau, als Grey fertig ist. Auch sie freut sich über die zufriedene Kundin. Im vergangenen Jahr gastierte der Salon unter dem Motto »Grand Beauty For You« ein halbes Jahr lang im Leipziger Grassi Museum (kreuzer berichtete). Da war Grey auch schon dabei, sagt sie. Ihr gefalle es, mit den vielen verschiedenen Menschen in Kontakt zu treten und dabei Deutsch sprechen zu üben.

Sharifah Rasoli gibt laut Frech die besten Gesichtsmassagen. Sie und Zahra Mohammadi, die Frech über die Caritas kennenlernte, sind seit Anfang September mit im Team und fühlen sich pudelwohl, wie sie selbst sagen.

Frech und ihr ehrenamtliches Team sehen ihre Angebote nicht als Dienstleistung an sich – sie nutzen die Zeit, die dabei in Anspruch genommen wird, für den Austausch miteinander und rund um das Thema Schönheit und Pflege. Der Grand-Beauty-Salon soll ein »Ort der Begegnung« sein, wie Frech erklärt. Die Gründerin bezeichnet den Salon liebevoll als »Tauschidee«, vergleichbare Projekte gibt es in Leipzig nicht.

Eine Frau schminkt eine Person in einem Stuhl.
Foto: Arne Schmitt

Der durch Fördermittel und Spenden finanzierte Beauty-Salon soll alle ansprechen: Es soll ein Ort sein, an dem sich »alle Menschen miteinander wohlfühlen dürfen«, sagt Frech.

Auf die Idee des Beauty-Salons kam Frech während einer Künstlerresidenz in Augsburg, auf der sie sich mit vielen internationalen Künstlern und Künstlerinnen austauschen konnte. Diese berichteten von ihren Problemen in Deutschland arbeiten zu dürfen. Deshalb wolle Frech die Rollen mal umdrehen, so sagt sie und »durch künstlerische Mittel Veränderung in der Gesellschaft anregen«, wie auf der Webseite des Salons nachzulesen ist. Die Migrantinnen und Migranten sollen aus der ihnen zugewiesenen Rolle als sogenannte Gäste herauskommen, etwas tun, das ihnen Spaß macht und neue Kontakte knüpfen. 2018 und 2019 tourte das Projekt durch Sachsen. Dabei besuchten sie Orte wie Borna und Bautzen, aber auch Leipzig und Dresden. Dabei verwirklichten sie an den verschiedenen Standorten verschiedene sogenannte Kunstaktionen rund um das Thema Schönheit. 2020 musste das Team eine durch die Corona-Pandemie bedingte Pause einlegen, doch 2021 gastierte der Salon ein halbes Jahr im Leipziger Grassimuseum. Der Wunsch nach einem festen Standort sei während der Tour durch Besuchende oft an Frech herangetragen worden, deshalb entschloss sie sich schlussendlich im Robert-Koch-Park in Grünau einen festen Salon aufzubauen. Auch die Zukunft des Salons sieht sie in Grünau, ihr gefällt es hier im Park.

Person vor einem Mindboard.
Foto: Arne Schmitt

Obwohl der Salon schon mit rechten Anfeindungen in Form von verbaler Belästigung zu kämpfen hatte, sieht Frech darin kein allzu großes Problem. Die Erfahrungen würden in der Gruppe besprochen und man befasse sich mit dem Thema.

Wenn auch auf der Webseite »Schönheitssalon« steht, werden hier keine oberflächlichen Schönheitsideale vertreten oder gefördert. Das Wort würde nur für die Vorstellung genutzt. Jeder Mensch sei per se schön, findet Frech. Hier gehe es darum, die jeweils ganz verschiedenen schönen Seiten aller zu betonen, um »unsere Schönheit zu potenzieren«.

Eine Person schneidet einer anderen Person die Haare.
Foto: Arne Schmitt

Der transkulturelle Salon für Schönes öffnet freitags von 15 bis 18 Uhr in Form eines »Beauty Exchange«. Internetseite: www.grandbeautyontour.org, E-Mail-Adresse: frauke.frech@grandbeauty.de


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2 Kommentar(e)

Fatimazahra 19.12.2022 | um 23:17 Uhr

Die Dame mit dem Kopftuch kommt nicht aus dem Iran? In leipzig werden Frauen in hijab noch eingelullt und als kulturelle Bereicherung weich gespült, während in Teheran Regime Kritik, Befreiung und Revolution der Frauen stattfinden. Der hijab muss weg !

kreuzer-Redaktion 20.12.2022 | um 11:59 Uhr

Hallo Fatimazahra, es stimmt, dass sich die Proteste im Iran insbesondere gegen die vom Regime diktierte Kleiderordnung richten. Aber es gibt auch Frauen, die sich aus freien Stück und bewusst dafür entscheiden, ein Kopftuch zu tragen. Diese Entscheidung wird den Frauen im Iran abgesprochen. Vielleicht interessiert Sie dieser Text der Unternehmerin Sara Naggar, die gern Hijab trägt und für Entscheidzungsfreiheit plädiert: https://www.vogue.de/lifestyle/artikel/sara-naggar-freie-wahl-hijab. Viele Grüße aus der kreuzer-Redaktion