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Essen & Trinken

»Vegan fetzt und schmeckt«

Rike Schindler über vegane Küche, das Reisen und die Nachteile von Fake-Schnitzel

  »Vegan fetzt und schmeckt« | Rike Schindler über vegane Küche, das Reisen und die Nachteile von Fake-Schnitzel

Sie ist Köchin und betreibt seit zehn Jahren das vegane Catering mit dem sprechenden Namen No Tiers. Anfang des Jahres ist Rike Schindler nach Leipzig gezogen. Im Gespräch erzählt sie von ihrem Werdegang und wie sich ihre Küche verändert hat.

kreuzer: Wie kamen Sie zum Kochen?

Rike Schindler: Ab 2003 machte ich in einem Berliner Restaurant eine Ausbildung zur Köchin. Anschließend arbeitete ich in zwei gehobeneren Küchen und absolvierte mein Fachabi im Bereich Ernährungswissenschaften.
 

Danach bereisten Sie kochend die Welt?

Work and Travel führte mich nach Australien, Kanada, Los Angeles, Hongkong, Spanien. Nach Indien kam ich, weil Leute in Neu-Delhi ein hippes veganes Restaurant wie in Europa eröffnen wollten. Ich sollte sie dabei beraten.
 

Welche Station hat Sie am meisten beeindruckt?

Das war ganz klar Indien, ich bin dankbar für die Erfahrungen in Neu-Delhi und in Dharamsala im Norden. Gehobene Küche weltweit hat sehr ähnliche Standards. Die beeindruckendsten Küchen sind eher dort, wo relativ viele arme Menschen leben: Es fasziniert zu sehen, wie sie fantasievoll mit dem umgehen, was da ist. Das war auch kulinarisch eine neue Welt: die verschiedenen Brote, die Currys, die Gewürze, die Gerüche, die Kräuterverarbeitung. Küche hat in Indien starke emotionale Verbindungen, ihr Wert entsteht nicht – wie hier manchmal – darüber, dass ein Gericht neu oder hip ist. Die Begeisterung und die Verbundenheit zu dem, was man auf den Tisch zaubert, habe ich von dort mitgenommen.

Seit wann essen Sie kein Fleisch mehr?

Ich war Vegetarierin, seit ich 14 war. Bei der Ausbildung hieß es, dass ich Fleisch essen müsse, und das habe ich auch gemacht. Das waren noch andere Zeiten: Fleischlos kannst du keine Köchin sein. Ziemlich bald nach der Lehre habe ich das Fleischessen wieder gelassen und war in Tierrechtsvereinen aktiv.
 

Kochschulungen haben Sie unter anderem auch zu Rügenwalder geführt. Haben Sie da vegane Teewurst hergestellt?

Wir haben viel experimentiert. Erst hatte ich moralische Bedenken, weil Rügenwalder seine Umsätze mit Massentierhaltung macht. Dann war ich doch dort, die ganze Chefetage kam, und wir tüftelten rum. Die hatten da alle wirklich große Lust drauf. Vielleicht hatten die über die Jahre einfach zu oft Schweine im Stall gesehen.
 

Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Es gab eine Agentur, über die ich für vegane Kochschulungen gebucht wurde. Da war ich deutschlandweit unterwegs, zum Beispiel in Kantinen, die Beratung brauchten, weil sie festgestellt hatten, dass es für veganes Kochen nicht reicht, Tofu klein geschnitten in die Pfanne zu werfen.
 

Warum gründeten Sie 2012 Ihr Catering No Tiers?

Bei meiner Arbeit in einem französischen Restaurant zu der Zeit merkte ich, dass ich einfach kein Fleisch mehr zubereiten möchte. Eigentlich war ich überzeugt davon, von rein veganer Küche nicht leben zu können. Aber ich dachte mir: Wenn schon, dann richtig. Das ist nicht falsch zu verstehen. Ich erwarte nicht, dass sich ab morgen alle nur noch vegan ernähren. Bei meiner Küche sollen die Leute merken: Vegan fetzt und kann schmecken. Gegenüber einem Restaurant hat Catering den Vorteil von mehr Freiheit.
 

Das heißt, Sie kochen für Feiern und Veranstaltungen?

Ja, und für Filmdrehs. Schon vor der Gründung von No Tiers konnte ich Quentin Tarantino bekochen. In der Corona-
Zeit kamen andere Filmarrangements dazu. Ich wollte ohnehin für kleinere Gruppen kochen, weil sich damit eine exklusivere Küche gewährleisten lässt. Ein Bekannter wusste, dass in Babelsberg eine feste Köchin für jemanden bei einem Dreh gesucht wird. Nach zwei Tagen wollte derjenige mich kennenlernen, das war Spiderman, also Tom Holland. Ein paar Monate danach kam eine E-Mail von Keanu Reeves, für ihn habe ich dann auch ein paar Monate gekocht.
 

Hat sich Ihre Küche mit der Zeit verändert?

Sehr sogar. 2012 habe ich noch viel mit Ersatzprodukten gearbeitet. Das Nachgemachte ist aber nicht so inspirierend. Fleischlose Küche funktioniert nicht über Fleischalternativen, sondern über alternative Gerichte. Fake-Schnitzel spricht nur eine bestimmte Gruppe an. Ich möchte gerne zeigen, wie sich die Lebensmittel, die die Leute schon immer gegessen haben, geschmackvoll zubereiten lassen.
 

Warum sind Sie eigentlich Anfang des Jahres nach Leipzig gekommen?

In Berlin bin ich groß geworden. Leipzig war aber schon immer meine Lieblingsstadt.

>> No Tiers, veganes Catering in Leipzig und Berlin, www.notiers.de


Titelfoto: Marcus Korzer.


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