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Politik

Stimme der Jugend

Das Leipziger Jugendparlament wird im April neu gewählt – ein Blick auf seine Rolle für die Stadtpolitik

  Stimme der Jugend | Das Leipziger Jugendparlament wird im April neu gewählt – ein Blick auf seine Rolle für die Stadtpolitik

»Leider hat der Rat unser Anliegen nicht ernst genommen«, heißt es auf dem Instagram-Account des Leipziger Jugendparlamentes zur Ablehnung des Antrags zur sichereren Gestaltung der Haltestelle Leipzig-Hauptbahnhof im Leipziger Stadtrat. Von den 20 Anträgen, die das Jugendparlament zuletzt im Stadtrat einreichte, wurde laut Oskar Teufert, dem Sprecher des Gremiums, nur einer abgelehnt: der für eine sicherere Straßenbahn-Haltestelle am Hauptbahnhof. Und das auch nur, erklärt das CDU-Mitglied weiter, da der Stadtrat über Videoüberwachung diskutierte anstatt über den Antrag selbst. Zwar sei das Jugendparlament am Anfang »vorgeprescht« und wollte Videoüberwachung an der Haltestelle etablieren, doch im Prozess der Antragstellung habe man den Antrag auf höhere Polizeipräsenz sowie Awareness-Teams abgeändert. Laut Teufert habe man diese Abänderung vor dem Stadtrat auch deutlich zum Ausdruck gebracht und sei auf die Sorgen und Bedenken der einzelnen Fraktionen eingegangen – abgelehnt wurde der Antrag dennoch. Mittlerweile sei das Jugendparlament an einem Punkt angekommen, an dem es von fünf der sechs Fraktionen ernst genommen werde, sagt der 19-jährige Student. Die sechste Fraktion sei die AfD, sagt Marius Wittwer, der derzeitige Vorsitzende des Jugendbeirates des Jugendparlamentes. Er distanziert sich von dem oben erwähnten Instagram-Post: »Es war eben ein Antrag, der kontrovers diskutiert wurde und der abgelehnt wurde.« Zwar habe sich die Debatte von dem eigentlichen Antrag verlagert, dennoch stimme er der Kritik des Posts nicht zu.
William Rambow, Stadtrat (Linke) und Gründungsmitglied des Jugendparlamentes, ist ähnlicher Ansicht: »Der Antrag wurde sehr ernst genommen« behauptet er. Dies sehe man an den Änderungsanträgen, die intensiv diskutiert worden seien. »Das gehört eben auch dazu«, erklärt der ehemalige Jugendbeiratsvorsitzende, am Ende habe kein Vorschlag die Mehrheit gefunden. Als Schwierigkeit sieht er, »dass das Jugendparlament immer der Entscheidung der Erwachsenen ausgeliefert ist«. Das Jugendparlament besitzt zwar das Rede- und Antragsrecht im Stadtrat, jedoch kein Stimmrecht. Aus seiner Zeit im Jugendparlament erinnert sich Rambow, dass sich genauso ernsthaft mit den Anträgen des Jugendparlamentes auseinandergesetzt wurde wie mit den übrigen Anträgen.
Ein Effizienzproblem habe das Jugendparlament trotz der Meinungsunterschiede innerhalb seiner selbst und mit dem Stadtrat nicht, es gebe vielmehr ein Bekanntheitsproblem: »In den ersten paar Jahren war das Jugendparlament auch viel mit sich selbst beschäftigt«, sagt Teufert, da sei wenig Öffentlichkeitsarbeit gemacht worden. In diesem Punkt stimmt Rambow Teufert zu: die fehlende Bekanntheit des Jugendparlamentes sieht er ebenfalls als ein Problem. Doch »das kann das Jugendparlament nicht alleine lösen, es braucht Unterstützung aus der Stadtgesellschaft«, meint Rambow. Dabei sehe er vor allem die Schulen in der Verantwortung, die von dem Jugendparlament angebotenen Projekte zu nutzen.
Das Ziel für die nächste Wahl im April sei es, mehr als zehn Prozent Wahlbeteiligung zu erreichen. Das Jugendparlament wird im April 2023 neu gewählt. Alle 14- bis 21-Jährigen mit Hauptwohnsitz in der Stadt Leipzig sind wahlberechtigt. Kandidatinnen und Kandidaten können sich ab Februar 2023 zur Wahl aufstellen lassen.

 

Hintergrund

Das Leipziger Jugendparlament besteht offiziell seit 2015. Die öffentlichen Sitzungen des zwanzigköpfigen Gremiums finden meist einmal im Monat im Neuen Rathaus statt. Dabei werden Anträge für die Stadtratssitzungen diskutiert, interne Wahlen und Themenbesprechungen abgehalten und Jugendfonds besprochen. Der Sprecher oder die Sprecherin und zwei Stellvertretende bereiten die Sitzungen im sogenannten »Sprecher:innen-Kreis« vor.
Der Jugendbeirat, bestehend aus acht auf ein Jahr gewählten Mitgliedern des Jugendparlamentes und je einem Mitglied aus den Stadtratsfraktionen, bezeichnet sich als »das Verbindungsgremium zwischen dem Jugendparlament und dem Stadtrat«. Durch den Jugendbeirat erhalte das Jugendparlament »einen offiziellen und rechtssicheren Status«, so die Satzung. Drei Arbeitsgruppen unterstützen das Jugendparlament, indem sie Anträge und Ideen ausarbeiten. Die Gruppen bestehen aus interessierten Jugendlichen und Parlamentsmitgliedern. Sie treffen sich unregelmäßig und beschäftigen sich mit den Themen Bildung und Antidiskriminierung, Kultur, Freizeit und Stadtentwicklung sowie Medien und Öffentlichkeit. Anträge können von jeder und jedem eingereicht werden: die antragsstellende Person kann entweder den Antrag an den »Sprecher:innen-Kreis« senden und somit direkt im Jugendparlament behandeln lassen oder bespricht den Antrag zuvor in einer der Arbeitsgruppen. In die Arbeitsgruppen könne auch nur eine Idee mitgebracht und dann dort ausgearbeitet werden. Die Treffen der verschiedenen Arbeitsgruppen werden durch einen Mailverteiler und eine Whatsapp-Gruppe veröffentlicht.


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