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Politik

Motorboote auf dem Cossi

Leipzig und Markkleeberg sind gegen Pläne der Landesdirektion

  Motorboote auf dem Cossi | Leipzig und Markkleeberg sind gegen Pläne der Landesdirektion

Auf dem Cospudener See sollen zukünftig Motorboote fahren dürfen. Bisher brauchte man dafür eine Sondergenehmigung. Die Landesdirektion plant, das noch in diesem Jahr zu ändern. Beteiligte und Naturschutzverbände sträuben sich dagegen.

Noch in diesem Jahr sollen auf dem Cospudener See Motorboote fahren dürfen. Die Landesdirektion Sachsen, die in der Verwaltung umsetzt, was die Landesregierung beschließt, hat den Beteiligten einen entsprechenden Plan vorgelegt, der das erlauben soll. Darauf aufmerksam machte der Leipziger Umweltbund Ökolöwe, der eine Petition gegen das Verfahren startete. Der Nutzungsdruck des Sees sei schon zu hoch, heißt es in einer Pressemitteilung, mehr Tourismus wäre nicht tragbar. »Der Lärm von Verbrennungsmotoren nervt Erholungssuchende und vergrämt hier lebende, geschützte Vogelarten«, kritisiert der Verein und fordert, die unbegrenzte Zulassung zu stoppen und den ganzen See zum Landschaftsschutzgebiet zu erklären.

Neu ist das Vorhaben nicht: Schon 2013 beschloss die schwarz-gelbe Regierung unter dem damaligen Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mit dem Sächsischen Wassergesetz, dass grundsätzlich alle Tagebaurestseen in Sachsen schiffbar sind. Sie können aber erst dann für die Schifffahrt genutzt werden, wenn die Landesdirektion Sachsen als obere Wasserbehörde festgestellt hat, dass das jeweilige Gewässer für die Nutzung fertiggestellt ist. Aktuell brauchen Fahrerinnen und Fahrer von Booten mit Verbrennungsmotoren die Erlaubnis der zuständigen Behörde, um auf dem See zu fahren, davon ausgenommen ist die Südspitze des Sees sowie die Badezonen und die Bereiche um die Schilfufer und den Tauchzugang. 

Für die Freigabe der Seen werden laut Landesdirektion ein Naturschutz- und ein Lärmschutzgutachten erstellt. Die Gutachten sind entscheidend dafür, ob und welche Beschränkungen es für die Schifffahrt geben wird. Wie die Landesdirektion auf kreuzer-Anfrage mitteilte, liegen die Fachgutachten für den Cospudener See bereits vor. In Auftrag gab die Gutachten die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) als Verantwortliche für die Sanierung der ehemaligen Braunkohletagebaue im Leipziger Südraum. Laut Landesdirektion wurden die unteren Naturschutzbehörden des Landkreises und der Stadt Leipzig in die Gutachtenerstellung mit einbezogen. Untersucht wurden unter anderem die Auswirkungen von Abgas- und Verbrennungsrückständen und Wellenschlag.

Das Naturschutz-Gutachten komme zu dem Schluss, dass die auch bislang nicht freigegebene Südspitze des Sees weiterhin »stark zu beschränken« ist, um die Wasservögel zu schützen, heißt es von der Landesdirektion. Die Populationen der Kolbenente, Knäkente, Blaukehlchen und Flussregenpfeiffer könnten durch die regelmäßige Schifffahrt gestört werden, so steht es im Entwurf der Allgemeinverfügung, der dem kreuzer vorliegt. Zudem könnten die Fortpflanzungsstätten von Haubentaucher, Reiherente und Blässhuhn durch den Wellenschlag der Boote beschädigt werden.

Die Leipziger Regionalgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) lehnt den Entwurf trotzdem ab. Es reiche nicht aus, nur die Südspitze des Sees auszuschließen, sagt Melanie Lorenz, stellvertretende Vorsitzende. »Ein großer Teil des Sees auch außerhalb der Verbotszone ist von Schutzgebieten umgeben.« Die Schadstoff- und Lärmemissionen lägen laut Gutachten zwar im Rahmen der zulässigen Grenzwerte, seien aber nicht umweltverträglich und würden Mensch, Flora und Fauna trotzdem beeinträchtigen, kritisiert Lorenz. »Auch mit Blick auf klimapolitische Zielsetzungen ist eine unbeschränkte Zulassung von Booten mit fossilem Antrieb nicht zu rechtfertigen.« Ein generelles Verbot von Motorbooten unterstütze der BUND aber nicht, so Lorenz, stattdessen findet sie eine Beschränkung auf nichtmotorisierte und elektromotorangetriebene Sportboote sinnvoll. »Elektromotorboote machen im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren kaum Lärm, stoßen keine Abgase aus und sind in der Regel auch langsamer unterwegs«, sagt Lorenz. Der BUND schlägt zusätzliche Regelungen vor, wie ein Tempolimit von 10 Kilometer pro Stunde und besonders laute Wasserfahrzeuge auszuschließen.

Auch die angrenzenden Kommunen sprechen sich gegen den Plan aus. »Eine unbegrenzte Nutzung des Sees durch private Motorboote mit Verbrennungsmotoren kommt für Markkleeberg nicht in Frage«, sagt Oberbürgermeister Karsten Schütze (SPD) auf kreuzer-Anfrage. Die Stadt fordert Beschränkungen, komplett ausschließen will sie zum Beispiel Zwei-Takter. Das Leipziger Umweltdezernat sieht das ähnlich: »Die Schifffahrt sollte auf Fahrgastschiffe, nicht motorgetriebene Sportboote sowie motorgetriebene Sportboote mit alternativen (nicht fossilen) Antrieben beschränkt werden.«

Bis zum 31. Januar hatten die Beteiligten Zeit, sich zum Entwurf der Allgemeinverfügung zu äußern. Welche Auswirkungen die Stellungnahmen haben werden, dazu möchte sich der Pressesprecher der Landesdirektion, Ingolf Ulrich, nicht äußern, er wolle keine Spekulation anstellen. Vielleicht wird es laufen wie beim Berzdorfer See südlich von Görlitz: Im August vergangenen Jahres verkündete die Landesdirektion, den See ab sofort für die Schifffahrt freizugeben. Innerhalb weniger Wochen legten ein Anglerverband und die LMBV Widerspruch ein – die Verfügung ist daher noch immer nicht in Kraft getreten.


Titelfoto: Symbolbild. Copyright: Falk2, CC BY-SA 4.0


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1 Kommentar(e)

Martin 05.02.2023 | um 18:45 Uhr

Die Idee, den Motorbootverkehr zuzulassen, ist in etwa so, als würde man alle Rauchverbote in der Gastronomie aufheben. Genau wie ein Raucher im Restaurant die Atemluft für alle vergiftet, reichen wenige Motorboote, um Schwimmern, Paddlen und Ruhesuchenden die Erholung zu vermiesen. Bei einem auf die Südspitze beschränkten Verbot befürchte ich, dass das in der Praxis kaum durchgesetzt wird. Schon bisher hab ich an den Sommerwochenenden weder Polizei noch Ordnungsämter am See gesehen. Im letzten Sommer waren dafür Motorjachten unterwegs, deren Besitzer sich über das bestehende Verbot einfach hinweggesetzt hatten - ungestraft. Wird die Motorschifffahrt legalisiert, werden die Freizeitkapitäne in jeden letzten Winkel fahren, einfach weil sie können. Warum kein totales Verbot von Motorbooten auf dem Cossi? Die einzigen sinnvollen Ausnahmen sind kleine Hilfsmotoren für die Seegler, damit sie zur Not auch bei Flaute zurück in den Hafen kommen. Die MS Cospuden, deren Betreiber vergangenen Sommer mit diversen Raves an Deck den See beschallt haben, darf meinetwegen auch gerne für immer ins Trockendock!