Dabei kommt die Frage auf, was eigentlich wertvoller ist: Denkmal- oder Klimaschutz?
Die Anwohnerinnen und Anwohner in der Simildenstraße haben sich an den Stadtrat Michael Neuhaus (Linke) gewandt. Sie wollen, dass Bäume in ihrer Straße gepflanzt werden. Das Problem: Die Simildenstraße steht unter Denkmalschutz. Und der hat, wie Neuhaus feststellt, in Sachsen Verfassungsrang. Doch dasselbe trifft auch auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlage zu. Was nun? Neuhaus fordert, dass es eine Debatte über das Verhältnis von Schutzgütern geben sollte.
Für diesen konkreten Fall gebe es leider keinen Spielraum, sagt Neuhaus. Aber er möchte andere denkmalgeschützte Straßen Leipzigs daraufhin prüfen lassen, ob auf diesen Bäume gepflanzt werden können. Denn wie solle den Bewohnern und Bewohnerinnen nahegebracht werden, dass in ihrer Straße Autos stehen dürfen aber keine Bäume? Laut Amt für Denkmalpflege würden Bäume das historische Pflaster zerstören. Im Falle der Simildenstraße klingt das laut Neuhaus nach Hohn, denn die Straße sei in einem derart schlechten Zustand, dass das denkmalgeschützte Pflaster sowieso schon in Gefahr sei.
Trotz allem gibt es keinen Antrag auf Bäume in der Simildenstraße, weil die Gesetzeslage nicht einfach geändert werden kann. Stattdessen wird ein Änderungsantrag der SPD übernommen, in dem Wanderbäume gefordert werden. »Wenn auf dieser Straße Autos stehen können, dann vielleicht auch Bäume auf Rädern«, sagt Neuhaus abschließend.
Christopher Zenker (SPD) bringt in seiner Argumentation noch einen ganz anderen Punkt ein: die Aufenthaltsqualität. Diese könne durch das Aufstellen von Pflanzkübeln erhöht werden. Nur leider hätten diese keinen klimatischen Nutzen. Auch Zenker weist darauf hin, dass die Simildenstraße in einem, gerade für Radfahrerinnen und Radfahrer, unzumutbaren Zustand sei.
»1000 neue Bäume sollen pro Jahr in Leipzig gepflanzt werden und dieses Ziel wird nicht erreicht«, erklärt Tobias Peter (Grüne). Daran sei aber nicht der Denkmalschutz schuld. Peter plädiert deswegen dafür, dass man sich eher anderen Konflikten, die diesem Vorhaben im Wege stünden, zuwenden solle.
Doch das Thema um die Abwägung der Schutzgüter ist noch nicht vom Tisch. Auch Sven Morlok (Freibeuter) fragt sich, warum Pflastersteine schützenswerter sein sollten als klimatische Aspekte. Obwohl er diese Diskussion für überfällig hält, verweist er darauf, dass dieser Konflikt nicht in der Stadt Leipzig geklärt werden wird.
Nach einer Aufforderung des Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD), sorgt Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) für eine kurze Einordnung bezüglich des Denkmalschutzes. Dabei ginge es nicht darum, einzelne Pflastersteine durch Bäume zu ersetzen. Geschützt würde das gesamte Straßenbild einschließlich der Fassaden. Es ginge also um mehr als nur Pflaster gegen Bäume.
Der Antrag, zu prüfen, in welchen denkmalgeschützten Straßen Bäume gepflanzt werden dürfen, wird schließlich angenommen. Burkhard Jung hält zuletzt noch ein Plädoyer für das jetzige Erscheinungsbild der Simildenstraße. Denn dieses sei ein herausragendes Beispiel für die Gründerzeit und als Filmkulisse bestens geeignet. Dann allerdings ohne Autos.
Illustration: Stefan Ibrahim.