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Stadtleben

Fünfzig gegen DHL

Weitere Aktivisten wegen DHL-Blockade vor Gericht

  Fünfzig gegen DHL | Weitere Aktivisten wegen DHL-Blockade vor Gericht

Vor dem Landgericht Leipzig wehrten sich am Dienstag drei Klimaaktivisten gegen eine Schadensersatzforderung von DHL. Sie hatten vor zwei Jahren gemeinsam mit 50 anderen eine Zufahrt zum DHL-Hub am Leipziger Flughafen blockiert. Eine Einigung ist bisher nicht in Sicht. Das Urteil könnte wegweisend sein und Auswirkungen auf ähnliche Fälle haben.

Am Dienstag fand vor dem Leipziger Landgericht das Verfahren gegen drei Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten statt, die sich vor 2 Jahren an Protesten gegen den Ausbau des Leipziger Flughafens beteiligt hatten. Weil die Aktivistinnen eine Zufahrt zum DHL-Hub blockierten, fordert der Logistikkonzern Schadensersatz in Höhe von rund 84.000 Euro. Der Konzern bot den Beklagten ersatzweise an, entweder 80 Stunden in einem Aufforstungsprojekt abzuleisten oder 1.200 Euro an ein Naturschutzprojekt zu spenden.

Wie schon im ersten Verfahren gegen eine der an der Blockade beteiligten Aktivistinnen am Landgericht in Halle vor einem Monat (kreuzer berichtete), endete auch das zivilrechtliche Verfahren in Leipzig gegen drei weitere Beklagte ohne Einigung. Dass an unterschiedlichen Orten verhandelt wird, liegt daran, dass die Meldeadresse der Beklagten entscheidend ist für die Gerichtswahl.

Bislang signalisierten alle Beklagten grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft. Doch das vorliegende Angebot von DHL könne man nicht annehmen, sagte Rechtsanwalt Lukas Theune im Namen von einer der drei Beklagten. Seine Mandantin hätte an einer angemeldeten Versammlung teilgenommen und wolle die Delegitimierung des Protests durch DHL nicht hinnehmen.

Man wolle dem Konzern in der kommenden Woche einen Gegenvorschlag unterbreiten, kündigte Luka Scott von der Initiative Repression nicht zustellbar im Gespräch mit dem kreuzer an. Die Initiative hat sich nach der Blockade am Flughafen gegründet, um die Aktivistinnen und Aktivisten bei den Gerichtsverfahren zu unterstützen und hatte für den Prozesstag in Leipzig zu einer Protestkundgebung am Landgericht aufgerufen, an der etwa 50 Personen teilnahmen. Worin der Gegenvorschlag genau bestehen wird, wollte Scott noch nicht sagen.

In der Verhandlung hielt sich der Vorsitzende Richter Mario Höhne mit seiner juristischen Einschätzung zum Verfahren zurück. »Persönlich denke ich, dass es nicht hilfreich ist, wenn ich mich auf die eine oder andere Seite schlage«, erklärte er im überfüllten Saal. »Der Prozess ist offen«, befand er und fügte hinzu, dass die Rechtslage uneindeutig sei.

Dass sich Richter in solchen Verfahren zurückhalten, ist nicht ungewöhnlich, sagt Rechtsanwalt Georg Fähle im Gespräch mit dem kreuzer. Er vertritt eine der Aktivistinnen vor dem Landgericht Halle, wo schon Ende Juni ein erster Einigungsversuch gescheitert war. Auch aus seiner Sicht gibt es kaum stehende Rechtsprechung, die auf den Fall des Protests in Leipzig anwendbar ist. »Wir gehen davon aus, dass es keine Rechtsprechung gibt, die den Anspruch von DHL bestätigt«, sagt Fähle. Er ist zuversichtlich, dass das Verfahren im Sinne seiner Mandantin endet. Das Urteil wird am 11. August erwartet.

Mit der Entscheidung könnte das Gericht in Halle eine Präzedenz schaffen, die auch eine Signalwirkung in der bundesweiten Debatte zum Umgang mit den Protesten der Gruppierung Letzte Generation hat. Erst vor sechs Tagen hatten Aktivisten der Klimagruppe Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf blockiert. Die Betreibergesellschaften erwägen zivilrechtliche Schritte gegen die Aktivisten. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte dazu auf Twitter: »Die Blockierer müssen neben strafrechtlichen Folgen ggf. auch mit millionenschweren Schadenersatzforderungen rechnen.«

In Leipzig einigten sich die Verfahrensbeteiligten heute lediglich darauf, die Urteilsverkündung in Halle abzuwarten. Die Hauptverhandlung gegen die drei Beklagten in der Messestadt ist für den 17. Oktober angesetzt. Damit endet der Rechtsstreit vermutlich nicht. Parallel zur Schadensersatzklage sind Strafverfahren wegen Nötigung eingeleitet worden. Beim Amtsgericht Eilenburg sind aktuell insgesamt zehn Verfahren mit je zwei Beschuldigten eingegangen, wie das Amtsgericht auf kreuzer-Anfrage mitteilte. Mit dem Verfahrensbeginn sei nicht vor Ende des Jahres zu rechnen, hieß es.


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