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Stadtleben

Editorial 08/23

Das neue Heft ist da!

  Editorial 08/23 | Das neue Heft ist da!

Im August-kreuzer widmen wir uns tauben Ohren und blinden Flecken: Eine Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum zur Musikstadt Leipzig im Nationalsozialismus zeigt, dass es in hiesigen Kunst- und Kulturinstitutionen noch viel aufzuarbeiten gibt. Chedredakteur Benjamin Heine gibt einen Ausblick auf das Heft.

»If you have a racist friend
Now is the time, now is the time
For your friendship to end
Be it your father, be it your mother
Be it your cousin or your uncle or your brother
Now is the time, now is the time.«

–  Tocotronic, am 26.8. auf der Parkbühne Geyserhaus

Können Sie sich noch an Ihren Erstkontakt oder sagen wir besser: an Ihre Eintrittskarte in die Musikstadt Leipzig erinnern? Meine war ein Farin-Urlaub-Konzert im Haus Auensee, das mich als Jugendlichen aus der sächsischen Provinz herlockte. Quatsch! Schon ein paar Jahre vorher erlebte ich den Leipziger Herren- und Knabenchor VfB bei einem Gastspiel im alten Rudolf-Harbig-Stadion zu Dresden (der mir übrigens auch die Feuerwerksstadt Leipzig vorstellte). Wobei, nein, jetzt hab ich’s wirklich: Meine Eintrittskarte in die Musikstadt Leipzig bekam ich wie viele andere Anfang der Neunziger mit: »Jeder Popel fährt’n Opel … Küssen verboten … alles nur ge-

Klaus ist ein Schwein!« – Und damit Sie sich gleich wieder beruhigen können: Das Gewandhaus und dieser Johann Wolfgang von Bach sind mir mittlerweile auch ein Begriff! Dutzende Konzerte, Hunderte Konzerte in Leipzig. Der Weg in andere Szenen, Genres und Zeiten. Free-Jazz in diesem Off-Space da in Lindenau, Das Paradies in der Ilse, der höchst profane Stapel Bühnenteile samt Ikea-Tüte voller Bühnenfüße hinterm Altar in der Thomaskirche. Techno im Wald. Nein, Techno im Wald nicht, davon hat nur so oft jemand erzählt, dass es sich auch ins Grundrauschen »meiner« Musikstadt Leipzig eingefügt hat. Vielleicht waren Sie ja mal dort?

Überall Musik hier jedenfalls, man könnte von der »Sinfonie einer Großstadt« sprechen, wenn Leipzig denn eine Großstadt wäre. Eine große Musikstadt ist es aber zweifelsohne, eine mit tauben und blinden Flecken zudem. Neunzig Jahre nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten gibt nun erstmals eine Ausstellung einen Überblick zur Musikstadt Leipzig zwischen 1933 und 1945. Publikum, Feuilleton und Leipziger Kulturinstitutionen reagieren begeistert im Großen, ohne Kritik am Detail auszulassen. Wir haben uns umgeschaut und umgehört, in und außerhalb der Ausstellung.

Weil nun mit dieser Titelgeschichte (s. S. 20) nicht gerade ein fluffiges Sommerferienblättchen (als das Sie den kreuzer sonst schätzen) vor uns liegt, empfehle ich Ihnen für die gute Laune das Musikvideo zu »Arbeit und Struktur« der Leipziger Band Hotel Rimini aus dem vergangenen Jahr: Es gibt darin viel Leipzig zu entdecken und der Songtitel bezieht sich auf Wolfgang Herrndorf, der nun auch schon 10 Jahre tot und 13 Jahre unsterblich ist 
(s. S. 55).

Gute Laune und bedrücktes Schlucken, so ist das nun mal. 

Benjamin Heine

chefredaktion@kreuzer-leipzig.de


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