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Ausflug & Reise

Glaube und Kapital

Kloster Walkenried liegt am Rande des Südharzes in schöner Landschaft

  Glaube und Kapital | Kloster Walkenried liegt am Rande des Südharzes in schöner Landschaft  Foto: Adobe Stock

Die Klosteridylle wirkt perfekt: Wiesen mit Obstbäumen, Teiche und Wald, das Flüsschen Wieda plätschert vorbei. Etwa auf halber Strecke zwischen Nordhausen und Braunlage stehen die alten Steine von Kloster Walkenried im grünen Gras. Die Eisenbahn fährt von Leipzig aus in drei Stunden und mit zwei Umstiegen hin.

Das Kloster ist nicht mehr ganz vollständig und Zisterziensermönche leben, arbeiten und beten schon lange nicht mehr hier. Das Gelände machten sie einst zum Zentrum eines in die Region und darüber hinaus verzweigten Wirtschaftsunternehmens, sehr erfolgreich übrigens. Anfang des 12. Jahrhunderts, in einer Phase allgemeiner Hochkonjunktur, folgten zwölf von ihnen plus Abt der Einladung Adelheids von Walkenried. Vor Ort, der damals weit abgeschiedener war als heute, bauten sie die Anlage mit romanischer Basilika und Wirtschaftsgebäuden, darunter Speicher und Bäckerei, Schmiede und Brauhaus. Das Vermögen wuchs, und zum Ende des Jahrhunderts entstand statt der Basilika die damals größte gotische Kirche in Norddeutschland. Die heute noch vorhandenen Teile von Westfassade sowie südlicher Seiten- und Mittelschiffwand zeugen von der einstigen imposanten Machtdemonstration.

Einen Namen machten sich die Mönche dadurch, dass sie das Land entwässerten und nutzbar machten – schon Zeitgenossen beklagten ihren Landhunger, den sie teilweise auch gewaltsam stillten. Außerdem waren sie die Herren über Berg und Hütte im Oberharz und am Rammelsberg. Dieser Berg steht im Süden von Goslar; Erze wurden dort wohl schon im 3. Jahrhundert gewonnen. Neben Silber bildeten Gold, Kupfer, Blei und Zink die Grundlage nicht nur für den Reichtum Goslars, sondern auch jenen des Klosters. Entsprechend führt das Klostermuseum in Walkenried zwar durchaus spirituelle Einsamkeit und Demut an, Stille und Gelehrsamkeit, fasst das Wirken aber auch unter den Schlagworten »Mit Kreuz und Spaten« sowie »Mit Schlägel und Eisen« zusammen. Klöster mussten sich schließlich selbst ernähren. Als Teil des Weißen Konzerns der Mönche, wie der Zisterzienser-Orden auch genannt wird, prägten die Walkenrieder die Landschaft in Harz und im Harzvorland. »Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft«: In diese etwas sperrige Klammer darf sich das Kloster dank UNESCO seit 13 Jahren einreihen. Bei einem Industriedenkmal denkt wohl kaum jemand an Ordensleben. Tatsächlich ersannen die Zisterzienser in Walkenried schon im 13. Jahrhundert Systeme, um ihr Berg- und Teichwesen mit Wasser zu versorgen.

Der Stern des einflussreichen und wohlhabenden Klosters begann ab dem 14. Jahrhundert zu sinken, als Pestepidemien, ein Niedergang des Bergbaus im Harz und die Bauernkriege dafür sorgten, dass der Klosterkomplex allmählich verfiel. Ein Gerücht besagt zwar, dass die Mönche bereit gewesen wären, sich zum Mord an Luther zu verschwören. Dennoch wechselten die letzten Zisterzienser Mitte des 16. Jahrhunderts den Glauben.

Neben den Resten der Klosterkirche größtenteils erhalten ist das Klausurgebäude mit verschiedenen Klosterräumen wie Brüdersaal, Brunnenhaus oder Refektorium. Deren Funktion wird mit Einblicken in den Alltag der Mönche verknüpft. So ist in einem Buch, das im 12. und 13. Jahrhundert die Gebräuche der Zisterzienser festlegte, zu lesen: »Wenn einer beim Lesen die Kapuze auf den Kopf gesetzt hat, so setze er sie so auf, dass man sieht, ob er schläft.« Die große Ausstellung des Museums orientiert sich am Tagesablauf des Ordens, visuell und akustisch inszeniert geht es um gotische Architektur, Wasser- und Bergbau im Mittelalter und die Texte der gregorianischen Gesänge. Im doppelten Kreuzgang lohnt es sich, die Bildmotive der Kapitelle zu studieren. Apropos lohnen: Der Karstwanderweg führt an Walkenried entlang. Von hier starten einige Rundwege durch eine beeindruckende Landschaft.


> Zisterziensermuseum Kloster Walkenried, Steinweg 4a, 37445 Walkenried, www.kloster-walkenried.de, Di–So/Feiert. 10–17 Uhr

> Veranstaltungsauswahl: internationaler Klostermarkt, 23./24.9., 10–18 Uhr


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