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Stadtleben

Für die Freiheit

Robert Blum war aus Leipzig in die Frankfurter Paulskirche entsandt und gilt als Märtyrer der Revolution von 1848 – vor 175 Jahren wurde er hingerichtet

  Für die Freiheit | Robert Blum war aus Leipzig in die Frankfurter Paulskirche entsandt und gilt als Märtyrer der Revolution von 1848 – vor 175 Jahren wurde er hingerichtet  Foto: Carl Steffeck

Der 9. November ist deutscher Schicksalstag: Mauerfall, Reichspogromnacht, Hitlerputsch, Ausrufung der ersten Republik. Für Leipzig könnte man noch die Entfernung des Mendelssohn-Denkmals durch die Nazis hinzufügen. Doch ein Ereignis an jenem Tag wird oft vergessen: Die Hinrichtung von Robert Blum am 9. November 1848 markierte das Scheitern der Revolution 1848/49.

Geboren wurde Robert Blum am 10. November 1807 in Köln. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, machte eine Handwerkerlehre. Für den bürgerlichen Aufstieg bildete er sich autodidaktisch, versuchte sich als Autor. Das verhalf ihm zu einer Stelle als Theatersekretär. Diese Funktion führte ihn 1831 nach Leipzig. Hier begann seine Politisierung, reifte und entfaltete er sich.

Wortführer der Demokratiebewegung in Leipzig

Die Stadt war Zentrum von Verlags- und Pressewesen, die liberal-demokratische Oppositionsbewegung war stark vertreten. Blum kam in Kontakt mit Schauspielern sowie oppositionellen Schriftstellern. Schiller wurde sein Freiheitsdichter, er knüpfte Bande zu damals verbotenen Burschenschaften und Arbeitervertretern. Blum begann, mit zu wirken. Zunächst widmete er Dramen dem Drang nach Freiheit, meldete sich dann publizistisch in Zeitschriften zu Wort. Das erregte die Aufmerksamkeit der sächsischen Obrigkeit, die Blum überwachte und einmal für zwei Monate einsperrte. Jedoch machte ihn das noch populärer und er betätigte sich nun verstärkt politisch.

Er stieg zum Wortführer der Demokratiebewegung in Leipzig auf. Als Mitherausgeber mehrerer Blätter, Gründungsmitglied von Institutionen wie dem Redeübungs- und Schillerverein konnte er seine politische Wirkung noch verstärken. Sein gesteigertes Ansehen nahm man auch in Dresden wahr. Nach dem sogenannten Leipziger Gemetzel 1845 mischte Blum sich vermittelnd ein. Gegen den Besuch des sächsischen Prinzen Johann in Leipzig protestierte eine Menschenmenge, in die das Militär schoss und dabei acht Personen tötete. Blum verhinderte eine noch größere Eskalation, forderte die Bestrafung der Verantwortlichen.

Sprecher der gemäßigten Linken in der Frankfurter Paulskirche

Politisch verstand sich Blum als gemäßigter demokratischer Linker. Seine Sprache war vom zeittypischen deutschen Pathos geprägt. Aber ihn interessierten Freiheitsbewegungen in Polen und Griechenland und er lehnte Ludwig Jahns Franzosenhass ab. Manche Historikerinnen und Historiker sehen in ihm einen Internationalisten, jedenfalls beschwor Blum in einer seiner letzten Reden die »Verbrüderung des freigewordenen und freiwerdenden Westens«. Die Worte Freiheit und Volk führte er gegen König und Ständegesellschaft an – wobei Volk damals noch nicht völkisch gedacht wurde, sondern die gesamte Bevölkerung umfasste, auch alle Nichtprivilegierten. Der Staat war für Blum nur als Republik denkbar, er wusste, was Armut und Ausbeutung waren, aber hielt Abstand zu radikalen Mitteln. Zwar griff er radikaldemokratische Forderungen auf, verurteilte aber gewaltsame Umsturzversuche, weil sie der Revolution schadeten.

In der Revolution von 1848/49 zog Robert Blum als Vertreter Leipzigs in die deutsche Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche ein. Hier agierte er als Sprecher der gemäßigten Linken. Immer wieder unterlagen die Demokraten bei Abstimmungen, immer schwieriger wurde es, zwischen den Parlamentsfraktionen und den auf der Straße erhobenen Forderungen zu vermitteln.

Als im Oktober in Wien der direkte Aufstand ausbrach, reiste Blum an die Donau, um eine Solidaritätsadresse seiner Fraktion zu überbringen. Die genauen Gründe für sein Handeln sind unbekannt. Vielleicht sah er keine Alternative mehr oder wurde mitgerissen von der revolutionären Dynamik. Jedenfalls kämpfte er mit der Waffe an der Seite der Aufständischen. Und starb für seine Ideale. Auf die Niederlage folgten Verhaftung und Hinrichtung am Morgen des 9. Novembers 1848 in Wien. Die war widerrechtlich: Blums Immunität als Reichstagsmitglied ignorierten die Herrschenden. Die Revolution scheiterte kurz darauf. Blum wurde dafür zum Symbol. Seine letzten Worte sollen gelautet haben: »Ich sterbe für die Freiheit, möge das Vaterland meiner eingedenk sein.« Um Robert Blum aus dem Vergessen zu holen, verleiht die Stadt Leipzig ab 2024 den mit 25.000 Euro dotierten Robert-Blum-Preis für Demokratie. 

> Zum Weiterlesen: Ralf Zerback: Einigkeit und Recht und Freiheit. Das Leben des Robert Blum. Leipzig: Lehmstedt 2023. 365 S., 25 €


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