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Essen & Trinken

»Genussvoll an einer besseren Welt arbeiten«

Baris Malinowski im Interview über Foodcamps und Ernährungsbildung

  »Genussvoll an einer besseren Welt arbeiten« | Baris Malinowski im Interview über Foodcamps und Ernährungsbildung  Foto: Marcus Korzer

Das Foodcamp bringt Jugendlichen bei, was gute, nachhaltige Ernährung ist. Mit-Veranstalter Baris Malinowski erzählt, wozu es Ernährungsbildung braucht, warum Essen schmecken sollte und was Handeln mit Handel zu tun hat.

Warum gibt es das Foodcamp?

Meine Geschäftspartnerin Isabel Koch und ich führen seit zwei Jahren verschiedene Veranstaltungen zur Ernährungsbildung vorrangig an Schulen durch. Wir möchten nun einen längeren Workshop über mehrere Tage anbieten, damit die Jugendlichen danach richtig über Ernährung Bescheid wissen.

Was heißt »richtig über Ernährung Bescheid wissen«?

Sie sollen gut einordnen können, welche Aspekte zur Ernährung gehören, und eine Vorstellung vom kompletten Weg der Nahrung haben: Wie entsteht aus Wasser, Licht und Luft Gemüse? Was steckt da alles drin an Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen? Unser Körper hat sich über viele, viele Jahrhunderttausende so entwickelt, genau dies auszunutzen. Dieses fein eingestellte System ist einerseits total fragil und geht bei sehr einseitiger Ernährung irgendwann kaputt. Andererseits ist es sehr robust, es funktioniert astrein, wenn wir uns halbwegs an gesicherte Ernährungsempfehlungen halten. Mit Lebensmitteln muss man außerdem anständig umgehen. Das führt zu dem Thema, dass wir die Meere leerfischen, die Regenwälder zerstören, Menschen verhungern lassen und perverse Fleischfabriken betreiben. Über all das wissen die Teilnehmenden nach den vier Tagen Camp Bescheid. Und sie wissen, wie sie genussvoll an einer besseren Welt arbeiten können.


Wie theoretisch ist das Foodcamp?

Wir machen viel praktisch, sind im Garten und in der Produktionsküche. Es wird auf jeden Fall kurzweilig. Im Hildegarten im Leipziger Osten behandeln wir die Komplexe Anbau, Ernte, Natur. Bei Egenberger im Westen geht es um Kochen, Produktion, Ernährung und Gesundheit sowie das Modul Handeln.


Wie viele Jugendliche können teilnehmen?

Wir haben sieben Zweierteams, die sollen sich auch als Zweierteams bewerben, so muss niemand alleine unter lauter Fremden auftauchen. Wer sich bewirbt, muss nur die Frage beantworten, warum er oder sie am Foodcamp teilnehmen möchte, die Form ist uns völlig egal: Sie können einen Tanz aufführen, einen Film drehen, eine Sprachnachricht schicken oder einen Text schreiben.


Geht es im Modul Handeln um das konkrete Handeln der einzelnen Person?

Das ist bewusst zweideutig gewählt: Wir steigen mit dem Welthandel ein. Das wirtschaftliche Handeln kann ja auch ein Hebel sein, um die Ernährungslage weltweit zu verbessern: 800 Millionen Menschen auf der Erde hungern, während wir Essen für 1,3 Milliarden Menschen wegschmeißen. Das hat viel damit zu tun, wie unsere Ökonomie funktioniert, und da wollen wir ansetzen: Wie kann ich handeln und was hat der Handel damit zu tun?


Was machen Sie außer den Camps noch mit Ihrer Firma?

Meine Kollegin und ich haben uns in Halle beim Master Ernährungswissenschaften kennengelernt. Nach dem Studium begannen wir, Ernährungsbildung an Schulen zu bringen. Das weiten wir jetzt auf Kitas, Offene Jugendtreffs und Wohngruppen aus und wollen als Nächstes Unternehmen ansprechen. Wir bieten alltagstaugliche, wissenschaftlich fundierte Ernährungsbildung an.


Was heißt denn alltagstauglich und wissenschaftlich fundiert?

Es gibt in dem Bereich viele Quacksalber, dem treten wir mit Studien und Wissenschaft entgegen. Gleichzeitig wird das Thema gerne verkompliziert, wir brechen das runter: Das und das belegen Studien und so kriegt ihr das in einen realistischen Alltag eingebaut. Wir zeigen, worauf es ankommt, ohne an vielen verunsichernden Details rumzufeilen. Zum Beispiel ist es wichtiger, fünfmal am Tag Obst und Gemüse zu verzehren und Vollkorn zu essen, als sich darüber zu streiten, ob man Olivenöl oder Rapsöl höher erhitzen kann oder welcher Süßstoff gefährlich ist. Wir legen Wert darauf, mit den Jugendlichen zu kochen, damit sie selber zubereiten können, was ihnen schmeckt, statt ihnen Sachen zu verordnen, die sie dann sowieso nicht essen. Lieber bringen wir ihnen bei, wie gesunde Sachen gut schmecken können.


> Foodcamp, 24.–27.6., je 10–15 Uhr, kostenloses Sommerferienprogramm zur nachhaltigen Ernährung für Jugendliche der Klassenstufen 8 bis 10, Bewerbungen per E-Mail an foodcamp@olera.info oder auf Instagram bis 10.5., die ausgewählten Teilnehmenden werden am 27.5. benachrichtigt

> olera.info/foodcamp


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