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Zurückgekehrte Erinnerung

Der Verein Notenspur erinnert Klanginstallation an die Ez-Chaim-Synagoge

  Zurückgekehrte Erinnerung | Der Verein Notenspur erinnert Klanginstallation an die Ez-Chaim-Synagoge  Foto: Werner Schneider

Seit über einem Jahr hängt an der Giebelwand hinter dem Discounter an der Otto-Schill-Straße eine riesige Schwarz-weiß Abbildung des Innenraumes der größten orthodoxen Synagoge in Sachsen vor der Pogromnacht im November 1938. Leer zeigt sie sich über dem Parkplatz. Eine Soundinstallation, die der Verein Notenspur wie auch die Abbildung initiierte, holt die Erinnerungen zurück: die von einer vollen Synagoge und ihrem musikalischen Eigenleben.

Die Synagoge

In Apels Garten übernimmt 1920 der Talmud-Thora-Verein die Turnhalle und lässt sie mit finanzieller Unterstützung von Chaim Eitington vom Leipziger Architekten Gustav Pflaume zur orthodoxen Synagoge Ez-Chaim-Synagoge (Baum des Lebens) umbauen. Am 10. September 1922 erfolgt die Weihe in unmittelbarer Nähe zur großen liberalen Gemeindesynagoge in der Gottschedstraße.

Die Ez-Chaim-Synagoge entwickelt sich zur größten orthodoxen Synagoge Sachsens. Die seit Ende des 19. Jahrhunderts vor Pogromen in Osteuropa geflohenen Jüdinnen und Juden lassen die Israelitische Gemeinde in der Messestadt anwachsen. Hier finden ungefähr 500 Männer und auf der Frauenempor 400 Frauen Platz. Täglich gibt es Gottesdienste. Ephraim Carlebach arbeitet als Rabbiner der Synagoge, bis er gemeinsam mit seiner Familie im Frühjahr 1936 Leipzig in Richtung Palästina verlässt.

Sein Nachfolger David Ochs bleibt bis 1939 in der Stadt und emigriert dann nach London. Zuvor versuchte er während des Brandes am frühen 10. November, die Thorarolle aus der Synagoge zu retten. Verhaftet von der Gestapo, wird er in das KZ Buchenwald verschleppt.

 

Die Freifläche

Bereits unmittelbar nach dem Brand erfolgt der Abriss, den die Gemeinde bezahlen muss. Seitdem existiert hier eine Freifläche. An die Synagoge erinnerten vor einigen Jahren noch zwei Erinnerungstafeln und ein Schaukasten.

Anlässlich des 100jährigen Weihejubiläums fand eine Festwoche mit Licht- und Soundinstallationen statt. Das heute zu sehende Banner wurde im Juni 2023 aufgehangen.

 

Lebendige Erinnerung

In der Synagoge waren Oberkantor Nahum Wilkomirski und Kantor Enoch Siwowicz tätig wie auch ein Synagogenchor. Zwei Originalaufnahmen von Gesang des Oberkantors Nahum Wilkomirski und des Oberkantors Salomon Kupfer bilden nun die Soundinstallation, die beim Vorbeigehen in der Schlippe zwischen Otto-Schill-Straße und Zentralstraße ab nächsten Dienstag erklingen – zum 102. Jubiläum der Einweihung.

»Zum Aufhorchen, Zuhören und Erinnern an lebendiges jüdisches Leben« erklärt der Verein Notenspur seine Gründe für die Installation. Sie steht unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Burkhard Jung und wurde durch eine Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung finanziert.

Die Töne in Verbindung mit dem Bild des leeren Innenraums der Synagoge steht, so der Verein in seiner Presseerklärung, dafür, »dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft keinen Platz hat und wir uns freuen, dass es wieder jüdisches Leben in Leipzig gibt«

Die Ez-Chaim-Synagoge bildet einen wichtigen Teil des Leipziger Notenbogens, welcher als Folgeprojekt der Notenspur eine Reihe von authentischen Wirkungsstätten jüdischer Musikerinnen und Musiker umfasst. Ein großer Teil des Notenbogens soll anlässlich des Sächsischen Themenjahres »Tacheles – Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen 2026« eingeweiht werden. Ebenfalls in Planung ist ein Notenbogen-Soundwalk.

 

> Eröffnung der Soundinstallation am 10.9., 17 Uhr, Parkplatz Apels Garten 4 (hinter Norma, Otto-Schill-Straße 10)

> https://www.notenspur-leipzig.de/notenrouten/leipziger-notenbogen/karte-stationen


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