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Stadtleben

»Wir wollen einen langfristig bestehenden Ort schaffen«

Thilo Egenberger und Kristian Luda über die Zukunft in grünerem Umfeld und ihre Idee von einem Ankerpunkt für Lebensmittel, Ernährung und Landwirtschaft in Schönau

  »Wir wollen einen langfristig bestehenden Ort schaffen« | Thilo Egenberger und Kristian Luda über die Zukunft in grünerem Umfeld und ihre Idee von einem Ankerpunkt für Lebensmittel, Ernährung und Landwirtschaft in Schönau  Foto: Marcus Korzer

Lipz-Schorlen, Samstagsmarkt, Freitags-Apero: Seit sechzehn Jahren gibt es die Egenberger Lebensmittel GmbH in Leipzig, seit sechs Jahren in Plagwitz in der Markranstädter Straße. Egenberger handelt mit einem ausgewählten Sortiment an vorwiegend regionalen Lebensmitteln und produziert diese auch selbst. Zum Gelände der Plagwitzer Markthalle gehören Mietküchen, Produktionsräume, Lagerflächen und Büros, die Gründungsküche unterstützt Menschen mit Ideen im Lebensmittelbereich von der Produktentwicklung bis zur Existenzgründung, es gibt einen regen Veranstaltungsbetrieb und im nächsten Frühjahr soll eine Kantine entstehen. Ein elf Hektar großes Gelände in Schönau westlich des Lindenauer Hafenbeckens möchte Egenberger nachnutzen und dort den Lebensmittelport einrichten. Was das ist und was sie dort vorhaben, erzählen Thilo Egenberger und Kristian Luda von der Lebensmittel GmbH.

Planen Sie, komplett von der Markranstädter Straße in den Lebensmittelport in Schönau zu ziehen?

EGENBERGER: Eine Idee ist, dass wir am Lebensmittelport noch mehr im Profi-Bereich arbeiten und die Markthalle in der Markranstädter Straße erweitern: Unser Samstagsmarkt hätte dann nicht zwanzig Stände, sondern vierzig.

LUDA: Der Lebensmittelport ist der nächste Wurf. Die Weiterentwicklungsmöglichkeiten in der Markranstädter Straße sind einfach begrenzt und wir sind hier Mieter. Wir wollen nach vorne und möglichst langfristig denken: Was könnte man in Zukunft in einem grüneren Umfeld noch machen – mit mehr Platz, mehr Kapazitäten und einem Ausblick von Jahrzehnten?

Was soll der Lebensmittelport Schönau sein?

LUDA: Die Betriebe und Initiativen in Leipzig rund um Lebensmittel, Ernährung und Landwirtschaft sind gerade recht verstreut. Wir wollen einen langfristig bestehenden Ort als zentralen Anlaufpunkt für die Themen schaffen, dann kann schnell viel Neues entstehen. Dazu kommen Bildungs- und Kulturangebote und ein kleinteiliges gastronomisches Angebot, sowohl für die Nachbarschaft als auch für diejenigen, die da hinpaddeln und derzeit noch kein wirkliches Ziel vorfinden – eine Adresse, um auszusteigen und einen Kaffee zu trinken.

EGENBERGER: Im hinteren Bereich sollen Lager, Produktion und Warenumschlag stattfinden. Je weiter man auf dem Gelände nach vorne geht, umso öffentlicher wird es. Der von uns so genannte Marktplatz vorne soll ein Begegnungsort für alle werden, die das Gelände nutzen oder besuchen.

LUDA: Auf einem Handwerkerhof können sich kleinere Betriebe ansiedeln, die auf dem Gelände ohnehin gebraucht werden: Fliesenleger, Elektriker, Grafiker, Dachdecker oder Fahrradbauer. Ein Teil der Aufträge kommt vom Gelände, ansonsten gibt es dort gute Bedingungen, um Aufträge für Leipzig zu erledigen. Auf dem Expogelände kann sich einmal im Jahr die lokale Lebensmittelwirtschaft präsentieren, eine Art Messe oder Leistungsschau.

EGENBERGER: Mit dem Grundstück in Schönau befassen wir uns schon seit etwa vier Jahren. Mit der Stadt, der die Fläche seit 2023 gehört, suchen wir immer wieder den Austausch. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer plant, alle Gebäude dort abzureißen. Die so entstehende Freifläche soll dem Ausgleich für Baumaßnahmen im Stadtgebiet dienen.

LUDA: Seit Juli 2022 haben wir unsere Idee verschiedenen Mitgliedern des Stadtrats und Dezernenten der Stadtverwaltung vorgestellt. Daneben haben wir auch Gespräche mit zivilgesellschaftlichen Organisationen gesucht, wie dem Leipziger Ernährungsrat, dem BUND oder dem Ökolöwen.

Wie sieht das Amt für Stadtgrün und Gewässer (ASG) die Sache?

LUDA: Heiko Rosenthal, zu dessen Dezernat das ASG gehört, war bei uns zu Gast und hat den Verwaltungsstandpunkt noch einmal klargemacht: Es soll laut aktueller Planung eine Grünfläche entstehen. Wir sagen: Das Gelände ist schon grün, wir wollen es noch grüner machen und bestehende Biotope schützen. Wahrscheinlich bräuchten wir dafür einen Stadtratsbeschluss. Die Qualität des Grundstücks ist ja, dass es sich in kommunalem Besitz befindet …

EGENBERGER: Das soll auch so bleiben. Wir möchten das Grundstück nicht kaufen, sondern pachten.

Wollen Sie die Gebäude auf dem Grundstück nutzen?

EGENBERGER: Vieles, was dort steht, ist in einem guten Zustand, das wollen wir nutzen. Bekämen wir das Gelände nicht, müssten wir perspektivisch neu bauen – außerhalb der Stadt, nur mit dem Auto erreichbar. Zusätzlich müssten wir anderswo mit einer Grünfläche für Ausgleich sorgen.

LUDA: Bestandserhalt ist derzeit im Bausektor sowieso ein Thema – nachnutzen statt neu bauen. Da sind ja schon mal Zeit, Geld und Energie reingeflossen. Das Gelände ist erschlossen und wurde gepflegt. Mit unserem Plan käme die Stadt auf weniger Ausgleichspunkte als bei ihrem Plan. Wir arbeiten mit einem Architekturbüro zusammen und wollen eine Landschaftsarchitektin damit beauftragen, auszurechnen, wie die Bilanz aussieht, wenn wir zwei Hektar entsiegeln, Fassaden begrünen, Nistkästen aufhängen, Biotope weiterentwickeln, ein Bassin für die Regenwasserrückhaltung errichten, Frösche ansiedeln. Das kann ein grünes, gewerblich genutztes Gelände mit Vorbildcharakter werden.


> www.egenberger-lebensmittel.de, www.lebensmittelport.org


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