Im Nordwesten der Stadt, zwischen den Flüssen Weiße Elster und Luppe, beim Eingang zum Naturschutzgebiet Burgaue und dem Schlosspark Lützschena, liegt die Auwaldstation. Diese Umweltbildungseinrichtung ist die erste Anlaufstelle für Informationen rund um den Auwald, einem ganz besonderen Ökosystem in der Region und dem größten, in einer Stadt gelegenen, Auwald Europas. Der über 5000 Hektar große Wald bietet nicht nur zahlreichen Tierarten einen Schutzraum, sondern spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle im Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels und beim natürlichen Hochwasserschutz.
Am letzten Freitag, dem 13. Dezember, bekam die Station Besuch von Wolfram Günther, dem Grünen-Politiker und scheidenden sächsischen Umweltminister. Ein letztes Mal in seinem Amt kam er an die Station, um die Presse über Umweltprojekte im Auwald zu informieren und sich von den Mitarbeitenden aktuelle Entwicklungen vor Ort zeigen zu lassen. Der Wald, so sagt er bei seinem Besuch, liege dem gebürtigen Leipziger seit Kindesbeinen sehr am Herzen. Schon als zu DDR-Zeiten Braunkohlebergbau bis in den Wald hinein betrieben werden sollte, engagierte er sich in Kirchenkreisen dagegen. Später vertrat er in seinem Beruf als Anwalt Umweltverbände, die sich für den Schutz des Waldes einsetzten. In den 1990er-Jahren trat er den Grünen bei, seit 2019 ist er sächsischer Umweltminister.
In dieser Funktion setzte sich Günther stark für die Revitalisierung und Renaturierung des Waldes ein. Denn um den Auwald stand es zu seiner Amtsübernahme schlecht. Das Hauptproblem: Der Wald war viel zu trocken. Grund dafür sind nicht zuletzt massive menschliche Eingriffe in das Gewässersystem. Einen besonderen Anteil hat dabei der bereits 1934 angelegte Kanal und heutige Fluss: die Neue Luppe. Dessen Sohle liegt unter dem Grundwasserspiegel des Auwalds, was dazu führt, dass der Fluss Wasser aus dem Wald hinausbefördert, das dort dringend gebraucht wird. In den letzten Jahren kamen zudem Auswirkungen des Klimawandels dazu, die das Austrocknen des Waldes weiter beförderten.
Trockenheit aber ist gar nicht gut für diesen Wald. Bei einem Auwald handelt es sich um eine bestimmte Waldform, die an Bächen und Flüssen entsteht. Und ein solcher muss regelmäßig überflutet werden, damit er funktionieren kann. Bei starkem Regenfall kann er sehr viel Wasser aufnehmen und speichern, welches er dann in Trockenphasen langsam wieder an die Umwelt abgibt. So hilft ein Auwald sowohl bei Hochwasser als auch bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels wie Trockenheit. Günther machte den Leipziger Auwald in seiner Amtszeit deswegen zur Chefsache. In seinen Jahren als sächsischer Umweltminister wurden Deiche zurückgebaut und Überschwemmungsflächen wiederhergestellt. Im Juni hat die Stadt Leipzig einen Antrag auf Landes- und Bundesebene eingereicht, um aus dem Auwald perspektivisch ein Naturschutzgroßprojekt zu machen. Im Ergebnis ist es bisher gelungen, dass der Auwald wieder mehr Wasser und damit eine gute Zukunftsperspektive hat. Allerdings bleibe viel zu tun, stellt Günther bei seinem Besuch fest: »Im großen Maßstab wieder Wasser in den Auwald reinzubringen, ist eine Generationenaufgabe, die man mutig angehen muss.«
Zukünftig wird nur nicht mehr Günther diese Entwicklung in die Hand nehmen können, da die Grünen nicht in der kommenden Landesregierung vertreten sein werden. Trotzdem gibt er sich grundsätzlich optimistisch: Der ganze Prozess der Revitalisierung des Auwalds sei bereits in sehr guten Bahnen, so dass er gut weiterlaufen könne. So wurden etwa feste Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Freistaat und den Kommunen aufgebaut, die nun nicht wieder abgebaut werden dürften. Ein gutes Zeichen sieht er auch darin, dass der Auwald im neuen Koalitionsvertrag von CDU und SPD erwähnt wird und damit die Wichtigkeit des Waldes endgültig in der Politik angekommen sei. Andererseits brauche dieser Prozess stetige Aufmerksamkeit und Ressourcen auf allen Ebenen. Sollte keine weitere Arbeit in den Auwald gesteckt werden, könnte sich dessen Lage wieder deutlich verschlechtern: »Ich appelliere an die neue Staatsregierung, sich dieser Verantwortung bewusst zu sein.«
In Zukunft will sich Günther nun aus der Opposition heraus im Landtag für den Auwald einsetzen und seinen Fokus als einfacher Abgeordneter auf die umweltpolitischen Entwicklungen im Freistaat legen. Zudem machte er deutlich, dass die weitere Unterstützung für den Auwald zentral für ihn sei, wenn die kommende Minderheitsregierung bei einzelnen Vorhaben mit den Grünen kooperieren möchte: »Die Kontinuität im Auwaldprozess ist mir persönlich sehr wichtig. Das teile ich auch der neuen Koalitionsregierung mit. Das sind für mich Mindeststandards, die einzuhalten sind, wenn man da auch mit uns zusammenkommen will, wenn es in Zukunft um Stimmen geht.«