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Leipzig im April 1945

Chronik einer Befreiung

  Leipzig im April 1945 | Chronik einer Befreiung  Foto: Robert Capa

Am 10. April 1945 fliegen die Alliierten den letzten Großangriff auf Leipzig. Dabei werden neben Verkehrsknotenpunkten in Engelsdorf, Mockau und Wahren auch Unterkünfte von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern getroffen (s. S. 26). Aus dem Südosten und dem Westen nähern sich die 9. Panzerdivision sowie die 2. und 69. Infanteriedivision der US-Armee. Am selben Tag wird Hans von Ziegesar als Kommandant der Stadt von Hans von Poncet abgelöst, der die Stadt nicht widerstandslos an die Alliierten übergeben möchte. Ihm stehen 750 Mann eines Infanterie-Ausbildungs- und Ersatzbataillons zur Verfügung, von denen 500 noch keine Ausbildung erhielten, sowie 250 Soldaten der Kraftfahrtruppe und acht Volkssturm-Bataillone mit rund 2.300 Mitgliedern.

Die Gestapo transportiert am 12. April 52 Gefangene aus der Riebeck- und Wächterstraße nach Lindenthal auf einen Exerzierplatz. Sie werden hier erschossen und in einem Bombentrichter verscharrt – darunter die Widerstandskämpfer Paul Küstner und Alfred Kästner sowie eine Freundin der Familie Goerdeler. 1954 wird hier der »Ehrenhain der 53« angelegt, der seit 2004 unter Denkmalschutz steht.

Am Dittrichring 24 richtet die Militärregierung ihren Sitz ein. Eine Gedenktafel am heutigen Gebäude der Stasiunterlagenbehörde erinnert seit 2011 daran. Ein weiterer Standort der US-Armee ist das heutige Ariowitsch-Haus. Das Gelände kaufte die Ariowitsch-Stiftung 1930 für ein Israelitisches Altersheim. Am 19. September 1942 wurden die mehr als hundert Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Angestellten des Altersheims nach Theresienstadt deportiert. Danach übernahm die Gestapo, das Gebäude.

Am 23. April 1945 wird der Rechtsanwalt Wilhelm Johannes Vierling (1889–1956, ehemals DVP, nun parteilos) als Oberbürgermeister der Stadt Leipzig eingesetzt. In einem öffentlichen Aufruf an die Bevölkerung der Stadt heißt es: »Das ganze politische und geistige Leben Deutschlands seit 1933 hat mit unheimlicher Folgerichtigkeit zu dieser Entwicklung geführt. Ohne diese Erkenntnis und ohne den unbeugsamen Willen, uns zu wandeln, kann und wird die Welt uns nicht wieder Vertrauen schenken. Ohne diese Wandlung werden wir aber auch selbst nicht die sittliche Kraft zum Wiederaufbau unseres öffentlichen Lebens besitzen.«

Die Opfer des Massakers von Abtnaundorf werden am 27. April auf dem Südfriedhof beerdigt. Dabei sind viele Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter sowie Vertreter der US-Armee.

Bis Ende Mai entnazifiziert die US-Armee die Leipziger Stadtverwaltung: Von einigen Tausend überprüften Angestellten werden 805 entlassen. In den Reihen der Polizei sind noch viele NSDAP-Mitglieder und auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen dauert es bis November, um Posten neu zu besetzen. 

 


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