Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vor einigen Wochen vorgeschlagen, dass Kommunen innerhalb bestimmter Grenzen künftig einen eigenen Zuschlag auf die Einkommenssteuer erheben können. Bisher bekommt die Stadt pauschal von jedem eingenommenen Euro nur 15 Cent. Zudem hat Schäuble darüber nachgedacht, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Im Interview erklärt Leipzigs Finanzdezernent Torsten Bonew (CDU), was das für Leipzig bedeuten würde.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vorgeschlagen, dass Kommunen innerhalb bestimmter Grenzen künftig einen eigenen Zuschlag auf die Einkommenssteuer erheben können. Bisher bekommt die Stadt pauschal von jedem eingenommenen Euro nur 15 Cent. Zudem hat Schäuble darüber nachgedacht, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Leipzigs Finanzdezernent Torsten Bonew (CDU) erklärt, was das für Leipzig bedeuten würde.
kreuzer: Was halten Sie von Herrn Schäubles Idee einer kommunalen Einkommenssteuer?
Torsten Bonew: Nichts. Das scheint auf den ersten Blick sexy, ist aber nicht mehr als ein Ablenkungsmanöver von den wahren Problemen. Denn was den Bund angeht, haben wir kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Das heißt, wir werden vom Bund durch Gesetze gezwungen, Ausgaben zu leisten, die uns nicht im vollen Umfang erstattet werden. Nicht nur ich, sondern die kommunalen Finanzbürgermeister aller Parteien, lehnen diese kommunale Einkommenssteuer ab.
kreuzer: Aber mehr Einnahmen wären bei der finanziellen Situation der Kommunen doch eigentlich nicht schlecht?
Bonew: Grundsätzlich haben Sie recht. Aber ich möchte den Leipzigern nicht erklären müssen, dass es zusätzlich zur Grundsteuererhöhung bald noch einen Zuschlag zur Einkommenssteuer geben wird. Bei der Idee von Herrn Schäuble gibt es zwei mögliche Modelle: Entweder der Bund senkt den kommunalen Anteil der Einkommenssteuer und die Kommune schlägt diesen Anteil wieder drauf. Dann geraten wir in einen interkommunalen Wettbewerb und Sie müssten Ihren Lesern erklären, warum man in Leipzig einen anderen Steuersatz als in Markkleeberg zahlt. Oder man senkt den kommunalen Anteil nicht ab und erlaubt den Kommunen einen zusätzlichen Zuschlag. Auch dann haben wir dasselbe Wettbewerbsproblem und obendrauf noch eine weitere Belastung für die Bürger. Und das lehne ich strikt ab. Denn wenn wir die Grundsteuererhöhung von 30 Prozent bestätigt bekommen, dann sind wir an der Obergrenze dessen, was man den Leipzigern zumuten darf.
kreuzer: Auch die Abschaffung der Gewerbesteuer wurde in Berlin diskutiert. Was sagen sie dazu?
Bonew: Vergleichen Sie doch mal: Wir haben im Haushalt des kommenden Jahres 180 Millionen Euro Gewerbesteuer, aber nur 75 Millionen Euro Einkommenssteuer eingeplant. Wie hoch soll denn der Zuschlag auf die kommunale Einkommenssteuer sein, damit ich die uns dann entgehenden 180 Millionen auch nur ansatzweise ausgleichen kann? Das kann mir keiner erklären. Das ist eine der berühmten Säue, die immer mal wieder durchs Dorf getrieben werden.
kreuzer: Dennoch ist die Gewerbesteuer sehr konjunkturabhängig...
Bonew: Genauso wie die Einkommens- und die Umsatzsteuer auch. Wenn man die Zahlen der letzten 30 Jahre übereinanderlegt, sieht man, dass alle drei konjunkturabhängig sind, aber auch einen stetigen Aufwärtstrend haben. Außerdem sieht man, dass die Gewerbesteuer stets um zwei Jahre versetzt von der Einkommenssteuer reagiert. In Leipzig ist es zudem so, dass wir bei der Gewerbesteuer kein konjunkturelles, sondern vielmehr ein strukturelles Problem haben: Uns fehlen schlichtweg die kleinen mittelständischen Unternehmen, die zwar keine großen Beträge zahlen, diese dafür aber stetig.
kreuzer: Wie würde für Sie eine gute Gemeindefinanzreform aussehen?
Bonew: Es muss der Satz gelten: Wer etwas bestellt, der hat auch zu bezahlen! Ein Beispiel sind die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger. Wenn Gesetze verabschiedet werden, die bei den Kommunen solch enorme Kosten verursachen, wie es die Kosten der Unterkunft tun, dann muss eigentlich zwingend auch die kommunale Seite gehört werden. Eine solche Institution ist in der Verfassung aber nicht vorgesehen. Ein weiterer Punkt ist der, dass man ein bis zwei Jahre nach der Verabschiedung eines Gesetzes überprüfen sollte, ob die Kostenschätzungen, die man damals zugrunde gelegt hat, auch wirklich eingetreten sind oder ob man nachbessern muss.