Während über die Teilnahme eines Repräsentanten der ungarischen Regierung am Lichtfest gestritten wird, laufen in der GfZK die Vorbereitungen für den internationalen Workshop »Politics of the Small Act«, an dem auch zahlreiche oppositionelle ungarische Nichtregierungsorganisationen teilnehmen werden. Organisatorin Katalin Erdődi, Ungarin und Robert-Bosch-Stipendiatin, erklärt, worum es geht.
kreuzer: Was wollen Sie mit der Veranstaltung erreichen?
KATALIN ERDŐDI: Ich möchte einen Dialog auf Augenhöhe zwischen verschiedenen Akteuren schaffen, damit über die Situation in Ungarn nicht nur aus einer internen Perspektive gesprochen, sondern sie auch aus unterschiedlichen, internationalen Blickwinkeln betrachtet wird. Man soll voneinander lernen.
kreuzer: Die Veranstaltung heißt »Politics of the Small Act«. Worum geht es dabei?
ERDŐDI: Wir wollen nicht nur über die einzelne Handlung reden, sondern diskutieren, welche Möglichkeit die Akkumulation vieler kleiner Handlungen bietet. In Ungarn fühlen sich viele Menschen hilflos und glauben, dass sie nicht die Mittel haben, um etwas an der Situation zu verändern. Über den »small Act« nachzudenken, heißt auch, über Strategien nachzudenken, die Menschen dauerhaft in ihrem Alltag mit ihren eigenen Ressourcen umsetzen können. Diese Mikrostrategien wollen keine globalen Visionen sein, sie sind Möglichkeiten, mit Alternativen zu experimentieren. Das hat etwas sehr Subversives.
kreuzer: Hat diese Politik der kleinen Handlungen mehr Relevanz bekommen, seit Orbán nun zum zweiten Mal Ministerpräsident wurde?
ERDŐDI: Zivilgesellschaftliches Engagement, Selbstorganisation und politischer Aktivismus sind in den letzten Jahren relevanter geworden – Initiativen sind zum Zweck der Wahrung und Stärkung des demokratischen Systems entstanden und aktiver geworden.
kreuzer: Hat die jetzige Situation auch die Künstler in Ungarn politisiert?
ERDŐDI: Viele Entscheidungen der Regierung haben zum Teil radikale Veränderungen in der Kulturszene nach sich gezogen, darüber haben sich Künstler und Kulturschaffende kritisch geäußert. Gleichzeitig ist eine Suche nach Strategien und Interventionsmöglichkeiten auch im Kunstfeld nachvollziehbar. Aber einen direkten Zusammenhang dazu, dass Künstler politischer werden, gibt es meiner Ansicht nach nicht. Zudem steht die Frage im Raum, in welcher Beziehung ihre Rolle als Künstler zu ihren politischen Aktivitäten steht. Im Workshop wollen wir auch überlegen, wie man nicht nur in Galerien oder Museen, sondern auch in den breiteren medialen und gesellschaftlichen Öffentlichkeiten agieren kann.