Seit drei Wochen läuft die Soli-Aktion »Nazis Raus! Aus den Stadien« vom Fußballregionalligisten SV Babelsberg 03 mit T-Shirts und Stoffbeuteln. Während beim Spiel Cottbus gegen Babelsberg die T-Shirts am Sonntag getragen werden durften, führten sie zur gleichen Zeit in Sachsen zu Irritationen. So geschehen beim Auswärtsspiel des Roten Sterns Leipzig in Schildau. Das Sonntagsspiel und seine Begleitumstände zeigen einmal mehr, was in Sachsen im Argen liegt.
»Sachsen!«, das fällt Thoralf Höntze, Presseverantwortlicher vom SV Babelsberg 03, am Montag gegenüber dem kreuzer als Erstes ein, wenn es um die Soli-Aktion »Nazis Raus! Aus den Stadien!« und den Auseinandersetzungen beim Auswärtsspiel des Roten Sterns Leipzig gegen den TSV 1862 Schildau geht.
Vor drei Wochen rief der Fußballklub die Aktion ins Leben, die bis zum Ende des Jahres läuft. Einerseits soll damit die Strafe, die der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) nach dem Spiel gegen Energie Cottbus am 28. April in der Höhe von 7.000 Euro verhängte, aufgebracht werden. Andererseits will Babelsberg durch den Verkauf von den dunkeln T-Shirts mit der Aufschrift »Nazis Raus! Aus den Stadien« und den Stoffbeuteln gezielt kleine Vereine auf dem Land unterstützen, die sich gegen Nazis wehren. Die Bilanz der ersten drei Wochen liegt bei 800 verkauften T-Shirts und 300 Stoffbeuteln, so dass die Cottbus-Strafe bald drin sei, sagte Höntze. Dabei half unter anderem ein Verkaufsstand beim Heimspiel von St. Pauli am Freitag in Hamburg.
Als die Babelsberger am Sonntag im Cottbuser »Stadion der Freundschaft« auf Energie trafen, war bereits im Vorfeld auf der Sicherheitskonferenz vereinbart worden, dass im Gästeblock keine Banner mit politischen Botschaften zu sehen sein würden. Dagegen war das Tragen der Soli-T-Shirts explizit erlaubt. Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie, denn ohne die Übergriffe und rechten Parolen von Cottbuser Fans Ende April in Babelsberg gäbe es die Kampagne gegen rechte Hetze in dieser Form nicht.
150 Kilometer weiter westlich im sächsischen Schildau riefen dagegen die T-Shirts, die von Spielern, Offiziellen und Fans des Roten Sterns getragen wurden, bereits beim Aufwärmen Proteste hervor. Als »Provokation« wurden sie von der Gegnermannschaften und deren Fans gesehen. In einer Stellungnahme des Roten Sterns hieß es: »Gedroht wurde, dass das Spiel sonst nicht angepfiffen werde. So zogen sämtliche Vereinsoffizielle und Spieler das Shirt direkt vor Spielbeginn aus, Fans des RSL trugen es aber weiterhin. Ein zwischenzeitlich im Raum stehender Polizeieinsatz gegen RSL-Fans wegen des ›provokanten‹ T-Shirts fand dann immerhin nicht statt.«
Während die Soli-T-Shirts bei der Heimmannschaft und deren Fans als Provokation verstanden wurden, wiesen Schildauer Fans eindeutig rechtsextreme Obertrikotagen auf. Die RSL-Facebookseite dokumentierte einige Beispiele. So säumten am Sonntag einige Jungmänner mit Konfektionsstücken den Spielrand, die in der DFB-Broschüre »Gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung. Für Vielfalt und Respekt! Zum Erkennen von Symbolen und Zeichen« als eindeutig rechtsextrem eingestuft werden – wie Bandshirts von »Endstufe« oder »Stahlgewitter«. Ebenfalls wieder am Start waren die schwarzen Shirts mit der blau-gelben Aufschrift »JDN CHM«.
Während Babelsberg und Cottbus in der Regionalliga im NOFV organisiert sind, steht der Rote Stern in der Landesklasse Nord unter den Fittichen des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV). Ihm schrieb der RSL bereits Ende Mai einen Offenen Brief, in dem er einen klaren und konsequenten Umgang in der Auseinandersetzung mit Nazis einforderte. Bisher blieb der Brief unbeantwortet. Auf kreuzer-Anfrage erklärte Alexander Rabe, der SFV-Öffentlichkeitsverantwortliche, dass die Antwort ausblieb, weil das Präsidium »keinen konkreten Adressaten« für den Brief ausmachen konnte. Zudem habe sich der Verband »immer gesprächsbereit gegenüber dem Verein Roter Stern Leipzig« gezeigt. Rabe verwies auf die beim SFV angesiedelte »AG Fair Play und Gewaltprävention«. Dass es neuer Wege bedarf, wurde am Sonntag recht deutlich, denn eine Verbesserung der Verhältnisse war nicht zu erkennen.
DFB-Präsident Grindel hatte sich vor drei Wochen zu Wort gemeldet und gegenüber dem Babelsberger Präsidenten explizit erklärt, dass jede Form von Rechtsextremismus und Antisemitismus beim Fußball angezeigt werden soll. »Und die Sportrichter gehen jedem konkreten Hinweis konsequent nach.« Hoffentlich auch in Sachsen, möchte man hinzufügen.
Der SFV, dessen Vizepräsident beim Schildau-Spiel anwesend war, wird heute »wahrscheinlich« noch eine Stellungnahme veröffentlichen.