Seit Dienstag Abend dreht sich in der öffentlichen Wahrnehmung des diesjährigen DOK nahezu alles um den strittigen Film »Lord of the Toys«. Nach massiver Kritik und Protesten bei der Premiere rief die Leitung des Filmfestivals kurzfristig zum Filmgespräch in den Kupfersaal. Am Ende blieben viele Fragen offen.
»Wir müssen reden. Über diesen Film.« Das dachten sicher viele Zuschauer, nachdem sie »Lord of the Toys« auf dem DOK-Festival gesehen hatten. Problematisch ist der Film vor allem, weil einer rechtsaffinen Jugendclique aus Dresden dort umkommentiert eine Bühne geboten wird. In unserem Dok-Blog setzte sich kreuzer-Autor Tobias Prüwer bereits am Dienstag kritisch mit den Hintergründen der Protagonisten auseinander. Kurz darauf forderte die Festivalleitung den kreuzer auf, die Rezension bis nach der Premiere wieder offline zu stellen. Am Mittwochabend lief der Film der auch für den Verdi-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness nominiert ist dann erstmals auf dem Festival.
Offene Fragen nach der Premiere
Nach der Filmvorstellung war die Zeit für ein Gespräch knapp bemessen, der Redebedarf blieb bestehen. Wie kam es zur Entscheidung, den Film ins Programm zu nehmen? Wieso wurden die offen rechten, homophoben, sexistischen und antisemitischen Parolen der Protagonisten im Film nicht kommentiert? Nach kritischen Stellungnahmen – unter anderem vom Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz – und hitzigen Diskussionen im Netz rief die Festivalleitung kurzfristig zu einer weiteren Gesprächsrunde im Kupfersaal.
Auf der Bühne saßen am Freitagmittag daher Regisseur Pablo Ben Yakov, Kameramann André Krummel und André Eckardt, Mitglied der Auswahlkommission, um weitere Fragen zu klären. In einer lebhaften Diskussion ging Kommissionsmitglied Eckardt teils entschuldigend, teils erklärend auf die Kritik ein. Durch den engen Zeitplan des gesamten Festivals habe es zu wenig Zeit für ein Einordnen im Anschluss an den Film gegeben. Man habe allerdings nicht mit derart massiver Kritik gerechnet. Inhaltlich ließ er am Film jedoch kaum Kritik durchblicken. Im Gremium habe nie in Frage gestanden, ob der Film ins Programm komme oder nicht.
Vergleiche mit Filmen über Pegida und Feine Sahne Fischfilet
War der Film also ein Aufreger mit Ansage? Und hätte dies nicht bereits Erinnerungen an das vergangene Jahr wecken können? Damals sorgte der Film »Montags in Dresden« für Kritik. Ein Zuhörer bezeichnete denn auch die diesjährigen Ereignisse als zweiten Eisberg und die eilig anberaumte Diskussion als Notfallprogramm. André Eckart zog noch eine weitere Parallele zum letzten Jahr und merkte an, dass der Film »Wildes Herz« über die Band Feine Sahne Fischfilet »erstaunlicherweise« weit weniger Reaktionen hervorgerufen hatte. Die Antwort aus dem Publikum, dass man die Punkband doch eher nicht mit Pegida und Konsorten gleichsetzen könne, erntete daraufhin Beifall.
Auch Regisseur Yakov holte zur Kritik aus und wandte sich direkt an Jürgen Kasek von Leipzig nimmt Platz, der im Publikum saß. Die Reaktionen auf dessen kritische Meldungen bei Twitter oder Facebook würden zeigen, dass Kasek gewissermaßen ein ähnlicher Influencer sei wie die Youtuber im Film. Er habe damit die Relevanz des Films deutlich unterstrichen. Nach all den Debatten müsse Yakov allerdings zugegeben, dass er selbst nicht mehr sicher sei, ob seine Message angekommen ist. Trotzdem gelte in seinen Augen: »Hate the message, not the messenger.«