Während das Aufbegehren von Schülerinnen und Schülern an »fridays for future« Frontseiten schmückt, steht die Stadt Leipzig vor einem realpolitischen Problem: Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen für getrennte Abfallsysteme an Schulen wurde im Stadtrat mit großer Mehrheit abgelehnt. Ein Beispiel für Klimapolitik, die schon am Biomülleimer scheitert.
Der Antrag des Jugendbeirats für Mülltrennung an Schulen liegt schon ziemlich weit zurück. Mitte April 2017 wurde diesbezüglich erstmals bei der Ratsversammlung verhandelt. Der Beschluss, der damals gefasst wurde, zeigte eine klare Linie: »Die Stadt Leipzig organisiert bis Ende des zweiten Quartals 2020, dass an allen Schulen der Stadt Leipzig eine vollständige Mülltrennung [..] vollzogen wird.« Die Finanzierung dieses Beschlusses sollte schließlich im Doppelhaushalt 2019/2020 berücksichtigt werden. Vier Monate später, im August 2017, legte die Stadt Leipzig einen Verwaltungsstandpunkt vor: Man müsse die Kosten der Umsetzung erst ermitteln, um über konkrete Maßnahmen zu reden. Ein Einwand, der auch vom Jugendbeirat unterstützt wurde.
Im Juni 2018 wurde die Evaluation im Stadtrat vorgelegt, das notwendige Finanzvolumen belief sich auf 300.000 Euro. Es handelte sich ganz explizit um die Beschaffung von Dreifach-Mülltrennungssystemen, die als zu kostenintensiv und dadurch nicht umsetzbar eingestuft wurden. Schulen können seitdem frei entscheiden, ob sie einen Teil des städtischen Budgets für die Einführung einer Mülltrennung nutzen möchten oder nicht. Die Schulen hätten jedoch »keinerlei [finanziellen] Spielräume für solche zusätzlichen Anschaffungen«, kritisiert Katharina Krefft von den Grünen. Laut einer Anfrage an die Stadt Leipzig werde an Schulen zwar grob getrennt, nicht aber Biomüll, der mit Leichtverpackungen in der Restmülltonne landet.
Folgeantrag der Grünen wurde abgelehnt
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sah hier ein immenses Manko und reagierte mit einem Folgeantrag, um zumindest mit jährlich 20.000 Euro Schritt für Schritt die Nachrüstung zu finanzieren. Ganz bewusst hatte Katharina Krefft, Stadträtin der Grünen, auf die möglichen Einsparungen hingewiesen: Die Gebühr der Biotonnen sei um einiges niedriger als die des Restabfalls, jährlich könne man 20.000 Euro einsparen. Dennoch entschied der Stadtrat mit erschlagender Mehrheit, dem Antrag nicht zu folgen.
Tatsächlich sieht das Abfallgesetz des Bundes aus dem Jahr 1972 vor, »dass die Umwelt mit Maßnahmen der Müllverwertung geschützt werden soll.« Und Recycling, Müllverwertung, funktioniert nur gut, wenn richtig getrennt wird. Je nach Material gelten unterschiedliche Recyclingquoten, etwa 70 Prozent für Glasflaschen, 83 Prozent für Altpapier. Bei Kunststoffen ist der Begriff relativ weit gefasst und zieht auch die energetische Verwendung mit ein. Heißt, das Verbrennen von Plastikmüll fällt unter Recycling. Fakt ist dennoch, dass Recyclinganlagen trockene Abfälle besser verarbeiten können. Speisereste verkleben den Müll, so wird der Restmüll zu einer feuchten Masse und lässt sich schlechter trennen, wird somit öfter verbrannt.
Leipziger Stadtreinigung führt Sonderregelung ein
Die Biomülltonne ist nicht nur in Schulen, sondern auch in Privathaushalten unbeliebt. Ungefähr nur die Hälfte aller deutschen Haushalte separiert, obwohl die Biomasse potentiell als Energiequelle genutzt werden kann. Die Biogasanlage der Hamburger Stadtreinigung erzeugt jährlich beispielsweise sieben Millionen Kilowattstunden – genug, um 2.500 Haushalte ein Jahr mit Strom zu versorgen. Susanne Zohl, Pressesprecherin der Stadtreinigung Leipzig, weist jedoch darauf hin, dass selbst wenn die Biotonne genutzt wird, die Befüllung mangelhaft ist. Die Verwertung als Kompost kann nur erfolgen, wenn der Abfall sortenrein ist. Die Stadtreinigung hat deshalb seit einigen Monaten eine neue Regelung eingeführt: Wenn bei Stichproben festgestellt wird, dass die Tonne wiederholt falsch befüllt wurde, hat der Bürger die Möglichkeit, erneut zu trennen oder eine Sonderleerung als Restabfall zu beauftragen.
Dass korrekte Mülltrennung den Klimawandel stoppt, ist kein Gedanke, den die Grünen verfolgen. Sie weisen auf die Wiederverwendung von Ressourcen hin, es gehe schließlich um einen sparsamen Umgang mit Materialien, die von Menschen genutzt werden. Und es stelle sich die Frage, wo man ansetzen könne, um das zu vermitteln. »Wir glauben, dass demokratische Beteiligungsverfahren Wachstum und Umwelt zusammenbringen«, merkt Katharina Krefft gegenüber dem kreuzer an, »und Schulen dafür ein guter Praxisort sind«.
Selbst das sächsische Kultusministerium hatte 2016 das Pilotprojekt der Klimaschule gestartet: Zehn Schulen in Sachsen konnten sich mit den Themen Klimawandel, Klimafolgen und Klimaschutz beschäftigen, darunter auch die Louise-Otto-Peters Schule in Leipzig. Das Ziel dieser Initiative schien ähnlich simpel, wie die Forderung der Grünen – wenn es um die Folgen der Klimapolitik für die kommenden Generationen geht, muss die Beteiligung auch auf jeder Ebene stattfinden. Alljährlich treffen sich die Einrichtungen seitdem, um über die Erfolge und weiteren Visionen zu verhandeln und perspektivisch andere Schulen zu motivieren, ihr Profil in eine Klimaschule zu wandeln.