Nachdem es im letzten Jahr nur leere Räume zu betrachten gab, lädt die Hochschule für Grafik und Buchkunst in diesem Frühjahr zu einer übervollen Ausstellung beim Frühjahrsrundgang.
Im vergangenen Jahr gab es beim traditionellen Rundgang in der Hochschule für Grafik und Buchkunst nur leere Räume zu sehen. Die Geste des Nichtausstellens sollte auf Etat-Kürzungen verweisen, die die Handlungsfähigkeit der Kunst stark einschränken.
Bis zum Sonntag gibt es nun wieder volle Wände und Räume in der Wächterstraße zu sehen.
Zum Auftakt am Donnerstagabend grüßten Banner mit Sprüchen wie »Artists for Future« und »HGB for Future« die zahlreichen Besucher im Innenhof. Die HGB-Galerie zeigte eine neue Intervention in der Ausstellung »1937 – 2017: Von Entarteter Kunst zu Entstellter Kunst«. In dieser Variante können nun unterschiedliche Wahlplakate studiert werden.
Unartige Formen
In der ersten Etage präsentieren die Meisterschüler ihre Arbeiten. Der Abschluss mit der altertümlichen Beschreibung wurde in diesem Jahr von 22 Kunstschaffenden erlangt. Die Präsentation unter dem Titel »Terms & Conditions« wirkt arg infantil in der Hängung und lässt die einzelnen Arbeiten nur schwer konsumieren. Zudem wird im Flyer wieder einmal gänzlich auf die Klassenzugehörigkeit verzichtet, was für das Publikum vielleicht keine unwichtige Information gewesen wäre.
Im Raum der Klasse für Typografie und Editorial Design sind strenge Formen in den Arbeitsproben der Studierenden zu beobachten. Die Klasse für Illustration nannte sich in Klasse für Illumination um und steckte die Arbeiten in Leuchtkästen.Grüne Erbsen und Woyzeck verbindet das 1. Studienjahr der Abteilung Buchkunst/ Grafik-Design. Das ist keine leichte Kost, allerdings wartet der Raum mit sehr viel Experiment und Denkstoff auf. Gleich nebenan befindet sich das Studio für undiszipliniertes Tun. Die Studierenden des 2. Studienjahrs entwarfen eine Welt, die nicht durch grenzenlose Perfektion geprägt ist. Stattdessen ging es darum die Idee (Zeichnung auf Papier) in den HGB-Werkstätten umzusetzen, die jetzt im Klassenraum drapiert sind.
Bilderspuren
Wie vor zwei Jahren präsentiert sich die Klasse für Malerei und Grafik von Christoph Ruckhäberle in der zweiten Etage mit vollen Wänden. Das kann gefallen, weil es so die Breite der Klasse zu Tage treten lässt. Die dadurch zu sehende Weite kann anderen wieder viel zu viel werden. Die Klasse Expanded Cinema wartet mit Filmarbeiten zwischen Betonformen und schwitzenden Körpern auf. Erdspuren hinterlässt der Kunstinteressierte nach dem Besuch der Klasse Intermedia von Alba D’Urbano. Dass es sich um Wissensformen und Hexen dreht, sei schon verraten.
In der Fotografie hält einerseits der Trend an, dass einsam wirkende Alltagsobjekte Gesellschaftskritik abbilden sollen. Aber auch Menschen treten auf, die sich in den Wirren der Gegenwart finden, so wie es die Klasse für Fotografie und Bewegtbild von Tina Bara wand- und raumfüllend zeigt.
Der Salon des guten Geschmacks der Klasse für Fotografie im Feld der zeitgenössischen Kunst möchte ebenfalls ein politisches Statement setzen, um auf die Stellenkürzungen im Fotografie-Bereich zu verweisen. Dabei dreht sich die Präsentation um Kunst und Markt und was beide mit Hochschullehre zu tun haben.
Mühen
Ganz oben in der dritten Etage ist traditionellerweise viel Malerei zu betrachten. Hier überwiegt viel Realismus – mal nah an den lokalen Vorbildern orientiert, mal stark am Handwerk. Ein Studierender aus der Klasse von Annette Schröter fasst die Vorgabe der Präsentation mit den Worten zusammen, dass sie sich »Mühe geben« sollten.
Insgesamt kann bis Sonntag ein sehr volles Haus besucht werden. Wer nicht nur rumschlendern möchte, der kann sich im Kinoraum in der zweiten Etage Zeit für Filme aus der HGB nehmen, die aus der Klasse für Expanded Cinema stammen. Oder schaut bei dem fachübergreifenden Projekt »Psycho Amore« vorbei, das sich mit Max Klingers Grafikzyklus »Amor und Psyche« auseinandersetzt und stimmt sich auf die großen Feierlichkeiten anlässlich Klingers 100. Todestages ein. Zudem kann sich das Publikum beim Studium der zahlreichen Sprüche an den Akademiewänden ein ganz eigenes Bild der Studierenden und Besucher machen.