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Politik

Hasch mich – ich bin der Wöller

Ein Kommentar zur Strategie gegenüber Rechtsextremen

  Hasch mich – ich bin der Wöller | Ein Kommentar zur Strategie gegenüber Rechtsextremen

Mit seiner Wackelpartie um Verfassungsschutz und AfD gibt der Innenminister eine komische Figur ab

Nein! Doch! Ohh!: Filmkomödien leben vom falsch verstandenen Wort und Mehrdeutigkeiten, großer Geste und Wendungsreichtum. Bei jenen von Louis de Funès kommt noch eine bockige Hauptfigur hinzu. In dieser Hinsicht hat Innenminister Roland Wöller das Rezept für einen urkomischen Schenkelklopfer angerührt. Allein, sächsische Verhältnisse sind weder so locker leicht wie ein französischer Film, noch ist Innenpolitik ein heiteres Mörderraten.

Konsequenz wollte Wöller zeigen, als er vor zwei Wochen den sächsischen Verfassungschef Gordian Meyer-Plath absetzte. Die Personalrochade kam überraschend, denn Meyer-Plath stand schon in der Kritik, als Wöller 2017 ins Amt kam. Der Leiter des Landesgeheimdiensts gehört einer Burschenschaft an. Während sein Dienst von den Nazi-Ausschreitungen 2018 in Chemnitz nichts wissen wollte, zu denen bundesweit mobilisiert wurde, kriminalisierte er zugleich das antifaschistische Solikonzert als zumindest teilweise linksextrem. Zuletzt geriet Meyer-Plath in die Kritik, beim NSU-Ausschuss nicht korrekt ausgesagt zu haben. Es war also genügend Zeit verstrichen, die Reißleine zu ziehen. Gründe gab es auch ausreichend. Doch Wöller schasste den Verfassungschef, weil dieser Daten von AfD-Politikern speicherte. Gegen den ausdrücklichen Wunsch des Innenministers. Ja, richtig gelesen.

Tage später zog Wöller den Löschbefehl zurück, es solle noch einmal geprüft werden. Was denn? Ob die anderen Landesverfassungsschutzämter Unrecht damit haben, wenn sie die AfD in Teilen als extrem rechts einordnen und darum beobachten? Was soll dieser sächsische Alleingang? Wöller verwies auf juristische Bedenken, was die Speicherung der Daten angeht. Doch diese sind vorgeschoben, wie die Juristen Christoph Möllers und Christian Waldhoff jüngst argumentierten: »Für die Öffentlichkeit ist wichtig zu wissen, dass es rechtliche Gründe für die Entscheidung des sächsischen Innenministeriums nicht gibt, sondern allenfalls politische Motive.« Und sie betonen die Wichtigkeit einer Haltung gegenüber dem extrem Rechten: »Das sächsische Innenministerium verkennt dabei auch, wie wichtig eine glaubwürdige Abwehrstrategie gegen den Rechtsextremismus, die durch konkrete Personen vertreten wird, gerade auch für das eigene Land ist.«

Ob diese zu vermutenden politischen Motive persönlicher Art sind oder einem grundsätzlichen Missverständnis dem Rechtsextremismus gegenüber aufsitzen, ist das zutiefst Beunruhigende hinter diesem Vorgang – mit fatalem Signal. Wollte sich Wöller Entlastung vom Fahrradgate schaffen, dann ist es empörend, dass alle vorherige Kritik an Meyer-Plath ihn nicht zum Handeln bewegte. Noch skandalöser wäre es, wenn Roland Wöller den Regieanweisungen folgt, die Ministerpräsident Michael Kretzschmer vorgibt, wenn es um Rechtsextremismus geht. Der vereint regelmäßig die weisen drei Affen in sich: »Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.« Dafür auf Rechte zugehen, sie Bürger nennen und Verständnis zeigen. Folgt der Innenminister dieser Strategie? Es sieht alles danach aus. – Nein! Doch! Ohh!


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1 Kommentar(e)

Evelyn Berger 09.07.2020 | um 22:48 Uhr

Louis de Funes: gut ! Dieser Kommentar: grütze ! 40 Prozent Steigerungsrate Linksextremismus. Möderische Experimente von Linksextremen in Seattle: »Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.« Gilt für den Autor, ganz sicher nicht für Michael Kretzschmer.