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Kultur

Stört dich das, wenn ich in meiner Küche rauche?

Das Mentoringprogramm des Sächsischen Literaturrats für junge Autorinnen – eine Halbzeitbilanz ihrer Protagonistinnen

  Stört dich das, wenn ich in meiner Küche rauche? | Das Mentoringprogramm des Sächsischen Literaturrats für junge Autorinnen – eine Halbzeitbilanz ihrer Protagonistinnen

Im Frühjahr hat der Sächsische Literaturrat ein Programm für Nachwuchsautorinnen und -autoren ins Leben gerufen. Die Hälfte der Zeit ist nun um. Der kreuzer hat bei den beiden Mentorinnen und ihren Mentees nachgefragt, wie es so läuft.

Mentoring ist en vogue, etliche Universitäten und Unternehmen bieten entsprechende Programme für Nachwuchskräfte an – selbst die Vogue wirbt dafür. Mentorinnen und Mentoren, die mitten im (Berufs-) Leben stehen, begleiten ihre oder ihren Mentee ein Stück auf dem beruflichen Weg, stehen mit Erfahrungen und Rat zur Seite. Die Ursprünge dafür reichen tief, bis in die Welt der griechischen Mythologie: Schon Odysseus, wie Homer zu berichten weiß, gab seinen Sohn Telemachos in Obhut eines erfahrenen Mentors. Und auch der Sächsische Literaturrat hat in diesem Frühjahr ein Programm für Nachwuchsautorinnen und -autoren ins Leben gerufen (siehe www.kreuzer-leipzig.de, 5.3.2022). Nun ist die Halbzeit um – wie fällt die Bilanz aus? Der kreuzer hat mit den beiden Mentorinnen Martina Hefter und Patricia Holland Moritz sowie ihren Mentees Daria Pauke und Marlene Fleißig gesprochen.

Warum wird man Mentorin?

Die Schriftstellerin Patricia Holland Moritz, die nach vielen Krimiveröffentlichungen vor allem mit ihrem Karl-Marx-Stadt-Roman »Kaßbergen« (Aufbau 2021) bekannt geworden ist, bringt auch eine langjährige Erfahrung durch die Arbeit im Verlagswesen mit. Sie selbst habe noch nie das Schreiben unterrichtet, werde aber oft von Menschen angesprochen, die schreiben oder schreiben lernen wollen. »Hier einen brauchbaren Rat zu geben, ist mir oft ein Bedürfnis«, sagt sie. Es gehe darum, zu ermutigen oder auch zu bremsen. Und das sei auch ihre Motivation für das Mentoringprogramm. Die Dichterin und Performancekünstlerin Martina Hefter, die zuletzt mit ihrem dichten Band »In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen« (kookbooks, 2020) zwischen Essay, Lyrik und szenischem Schreiben die Kritik begeisterte, hat bereits häufig unterrichtet, ob am Deutschen Literaturinstitut Leipzig oder an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Reizvoll an diesem Programm fand sie die Zusammenarbeit mit nur einer Person, denn das bedeute eine große Konzentration, aber auch viele Gestaltungsmöglichkeiten: »Man kann ganz individuell auf die Wünsche und Bedürfnisse eingehen.« Ob eine solch enge Zusammenarbeit gut gelingt, liegt natürlich nicht nur an den Texten, sonder n vor allem an der Chemie – und die scheint in diesen beiden Tandems zu stimmen. Die Mentorinnen hatten bei der Wahl ihrer Mentees ein gutes Händchen.

Austausch, Feedback und andere Schreibweisen

Patricia Holland Moritz entschied sich für Marlene Fleißig, eine Spanischübersetzerin, die bereits ihren ersten Roman vorgelegt hat – »Bestimmt schön im Sommer« (Hanserblau 2019). Ihr Ton sowie die Art, in wenigen Sätzen viel zu sagen, hätten sie auf Anhieb überzeugt. Für die junge Autorin und Übersetzerin ist das Mentoring ein absoluter Luxus: »So schön Schreiben und Übersetzen auch sind, ist es manchmal eine verflucht einsame Angelegenheit.« Der Austausch mit anderen sei immer ein ungemeiner Gewinn für den Text. Zweimal im Monat treffen sich die beiden im Videocall und sprechen über Fleißigs aktuelles Romanprojekt und über das Schreiben im Allgemeinen. Diese Termine seien total intensiv, sagt Fleißig und erzählt, wie Holland Moritz sie am Anfang gefragt habe, ob es sie stören würde, wenn sie bei ihren Treffen rauche. Ist doch deine Küche, dachte sie, doch mittlerweile komme sie sich so vor, als säßen sie in einem Raum.

Bei Martina Hefter und ihrer Mentee Daria Pauke, einer Design-Studentin, ergibt sich der Rhythmus der Treffen aus Paukes Schreibprozess. Aber mindestens einmal im Monat treffen sie sich digital oder live in Leipzig und sprechen über Paukes neue Gedichte, auch über Gelesenes, Gesehenes, Gehörtes, über die Tücken des Schreibprozesses und den Alltag als Schreibende. Bisher hat Pauke nur für sich geschrieben. Als Designerin sei sie Gestalterin fremder Ideen, aber sie wolle auch eigene zum Ausdruck bringen. Und das Schreiben, manchmal in Kombination mit Zeichnungen, ist ihr momentaner Weg. Diese Verschränkung von mehreren künstlerischen Perspektiven bei Pauke war einer der Gründe, warum Hefter sich für sie entschieden hat. Ihre Texte, mit einer sehr eigenen Stimme und großem Bilderreichtum, hätte sie handgeschrieben eingereicht, teils in kleine Heftchen gebunden und mit Zeichnungen kombiniert. »Das sowie ihre große Offenheit für die Lyrik, fand ich vielversprechend für die Zusammenarbeit«, berichtet Hefter. Demnächst bereiten sie eine Werkstattlesung vor, wo zum ersten Mal Paukes Texte zu hören sein werden.

Ist Schreiben etwas, das man lernen kann? Natürlich könne man es im gewissen Sinne lernen, sagt Hefter, es sei ein ganz anderes Lernen als zum Beispiel das Klavierspiel, aber ein ebenso langer Prozess. Aber nur gelernt, reiche nicht, ergänzt Holland Moritz: »Die Anlage, die innere Einstellung und ein größeres Interesse an der Welt als an sich selbst – ohne die geht es nicht.«

Fotos v.l.n.r.: Martina Hefter, Marlene Fleißig, Patricia Holland Moritz, Daria Pauke


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