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Politik

17. Mai: Verfahrene Debatte

Zur verkehrspolitischen Wende findet der Stadtrat weiter keine gemeinsame Haltung.

  17. Mai: Verfahrene Debatte | Zur verkehrspolitischen Wende findet der Stadtrat weiter keine gemeinsame Haltung.

Visionen auf der einen Seite werden durch Anschuldigungen auf der anderen konterkariert.

Es wird ein langer Wahlkampf, so viel steht fest. Kommendes Jahr gehen die Fraktionen auf Stimmenjagd, ein Thema ist jetzt schon gesetzt: Verkehr und Mobilität. Es geht beschaulich los. Bericht des OBM zum Nachhaltigkeitsszenario. Jung lässt sich Zeit, holt aus bis in die Nachkriegszeit: »Wohlstand und Freiheit wurden an das Auto gekoppelt.« Mit dem Aufstieg des Individualverkehrs hätte sich die Wahrnehmung unserer Städte grundlegend gewandelt. Der Raum zwischen den Häusern, optimiert für den Verkehrsfluss, sei nicht mehr primär Sozialraum: »Fußgänger am Rand, Hunderttausende Autos allgegenwärtig.« Aus seiner Geschichtsstunde leitet Jung acht Thesen ab. Kurz gefasst: Die Stadt gehört den Fußgängerinnen und Fußgängern, die Klima- ist ohne die Verkehrswende nicht zu schaffen, der ÖPNV ist das Rückgrat der Mobilität. Und ja, die Wirtschaft braucht leistungsfähige Verkehrsadern.

Thomas Dienberg (Grüne), Baubürgermeister und zuletzt Hauptziel fraktionsübergreifender Kritik, tritt ans Mikro. Die »Metaebene« des OBM möchte Dienberg mit konkreten Maßnahmen untermalen. Er stellt die Umstrukturierung des Verkehrs- und Tiefbauamtes vor, in dem über 300 Stellen überarbeitet werden, um Planungen zu beschleunigen. »Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit stelle ich fest, dass die Menschen in Leipzig sehr viel weiter sind als wir in der Radinfrastruktur abbilden.« Lücken im Fahrradwegnetz sollen daher in den nächsten Monaten geschlossen, weitere neue Straßenbahnstrecken geplant werden. »Klar ist, dass die notwendigen Veränderungen nicht nur leicht sind, da eingeschliffene Sicht- und Nutzungsweisen verändert werden müssen.« Nach der Sommerpause will Dienberg eine neue Kommunikationsstrategie vorstellen.

»Ich halte mich jetzt an mein Skript, damit es nicht so emotional wird«, beginnt Frank Tornau (CDU). Dienberg hätte mit seinen Ausführungen die Vision des OBM, welche die CDU nicht teile, »zerredet« und den Stadtrat damit gelangweilt. Die Verwaltung solle aufhören, den Bürger für dumm zu verkaufen, eigentlich ginge es doch um die Fahrradspur am Hauptbahnhof. An »philosophischen Erörterungen zu Mobilitätsszenarien« werde sich die CDU daher nicht beteiligen. Tornau redet von »Zwangsmaßnahmen«, durch welche die Bevölkerung erzogen werden solle. »Es geht ihnen ganz klar um die Einschränkung des Individualverkehrs.« Er kritisiert den »dörflichen Rückbau« der Stadt und verabschiedet sich aus der Debatte: Die CDU sehe sich an das einst von ihr mitgetragene Nachhaltigkeitsszenario nicht mehr gebunden.

 »Wir haben einen Oberbürgermeister erlebt mit Visionen und einen Baubürgermeister, der hier nur Stückwerk abgeliefert hat, keine Konzepte vorgelegt hat und auch keinen Plan hat«, sagt Sven Morlok (Freibeuter). Es folgt ein interessantes Mienenspiel. Jung, zurückgelehnt in seinem Stuhl, sich stoisch Notizen machend, lässt seine Augenbrauen tanzen; vor ihm gestikuliert Morlok wild und kritisiert den Verzug verschiedener verkehrspolitischer Entwicklungspläne: »Da läuft doch was schief in diesem Dezernat und Sie kümmern sich nicht, Herr Oberbürgermeister!« Einen Vorschlag, wie mit der fehlenden Umsetzung von Maßnahmen umgegangen werden kann, hat Morlok parat. Stubenarrest für Dienberg komme nicht infrage, aber »wie wäre es denn mal mit Kongressverbot, bis die Konzepte vorliegen?«


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