Die Grünen schlagen Maßnahmen vor, die den Wirtschaftsverkehr in der Stadt erleichtern sollen. Freibeuter und CDU stimmen zwar zu, sehnen sich aber nach einem Gesamtkonzept.
Als Kristina Weyh (Grüne) zum Thema Straßenverkehr ans Mikro tritt, geht es nicht etwa um Fahrradwege. Ihre Fraktion unterbreitet ein Konzept, das der Wirtschaft erleichtern soll, durch Leipzig zu manövrieren: »Sei es bei nötigen Anlieferungen oder handwerklichen oder Pflegedienstleistungen«, manchmal sei das Halten direkt vor der Haustür nötig.
Dem Grünen-Konzept zufolge soll jeder erste Parkplatz einer Nebenstraße, die an eine Hauptstraße angrenzt, tagsüber für den Wirtschaftsverkehr reserviert sein. Regeln fürs Sonderparken auf Hauptstraßen sollen künftig vereinheitlicht werden und Genehmigungen mobil beantragt und kontrolliert werden können. Bis Ende des zweiten Quartals soll die Verwaltung einen Zeitplan zur Umsetzung des Konzepts entwickeln. »Wir brauchen an vielen Stellen jetzt pragmatische Lösungen«, weshalb Weyh für weitere Einrichtungen von Lieferzonen wirbt – auch vor der Verabschiedung des Langfristkonzepts zum ruhenden Verkehr.
Anlass genug für Sven Morlok (Freibeuter), darauf hinzuweisen, dass dieses bis Ende 2021 von der Verwaltung erarbeitet werden sollte. »Wir sind jetzt im Juni 2023«, stellt Morlok korrekt fest. Angemessen sei das nicht. Wir befänden uns schließlich, sagt Morlok, in einem »Klimanotstand. NOTSTAND!«. Solange die Konzepte nicht vorlägen, müsse der Stadtrat eben vorerst die Fleißaufgaben machen und jede Einzelmaßnahme selbst beschließen. So fordern es die Freibeuter in einem Änderungsantrag.
Realitätsfern sei das, sagt Weyh: »Denn Sie alle wissen genau, dass wir als Stadtrat nicht alle verkehrlichen Maßnahmen im Stadtrat beschließen können.« Das betont auch Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne): »Das Gros der Maßnahmen, die hier anstehen, sind straßenverkehrsbehördliche Anordnungen. Das ist nicht Sache des Stadtrates.« Statt kleinteiliger Maßnahmen brauche es endlich große Konzepte, fordert Sabine Heymann (CDU).
Es sei furchtbar, dass diese aufgrund des Personalmangels in der Verwaltung weiter fehlen würden, sagt Weyh: »Aber davon, dass wir es permanent beklagen, wird es nicht schneller gehen.« Die konkreten Lösungen, die ihre Fraktion anbiete, seien im Austausch mit den Wirtschaftskammern entstanden. »Sagen Sie das gerne den Kammern, dass Sie hier so zögerlich sind«, richtet Weyh an Morlok. Der reagiert: Die Vorschläge der Grünen seien zwar konstruktiv, aber bis die Langfristkonzepte vorlägen, würde bis auf die Einrichtung einzelner Lieferzonen erstmal gar nichts passieren – so verstehe er den Antrag. Also fragt Weyh nach der Auffassung der Verwaltung. Werden durch den Antrag kurzfristig punktuelle Einzellösungen über Lieferparkplätze hinaus möglich? »So können wir das verstehen«, beruhigt Dienberg.
Wann das Konzept vorgelegt werden kann, wollen mehrere Stadträte wissen. »Wir rutschen möglicherweise in den Juli rein, aber Ende zweites Quartal schaffen wir«, versucht sich Dienberg an der Quadratur des Kreises. Angespannte Heiterkeit im Publikum. Der Änderungsantrag der Freibeuter fällt mit 29 zu 30 Stimmen durch. Der Vorschlag der Verwaltung, der den Antrag der Grünen formal in die Langfristkonzepte einbindet, wird mit einigen Enthaltungen angenommen.
Illustration: Stefan Ibrahim