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Kultur

Im Schatten des Krieges

Zeitgenössische Fotografie aus der Ukraine in der Galerie Kub

  Im Schatten des Krieges | Zeitgenössische Fotografie aus der Ukraine in der Galerie Kub

Wie ein Schatten wirkt die Gruppe von Soldaten auf dem sonnendurchfluteten Platz. Möglicherweise wollen sie die vor ihnen liegende Kathedrale besichtigten oder taten es bereits und widmen sich nun einer anderen Freizeitaktivität. Vieles kann von außen aus der Leipziger Wirklichkeit in dieses Foto hineingelesen werden, Krieg und Vernichtung, die seit dem 22. Februar 2022 in der Ukraine zum Alltag gehören, auf jeden Fall nicht. Doch darum drehen sich die Arbeiten in der Ausstellung »Perspectives on War and Belonging«, die bis zum 22. Juli in der Galerie Kub zu sehen ist. Die zehn künstlerischen Positionen vermeiden den Blick auf das offensichtlich brutale Kriegsgeschehen in der Ukraine. Vielmehr lenken sie den Blick auf den Alltag und die vielfältigen Bewältigungsstrategien im Krieg.

Diesem Ansatz folgte bereits im vergangenen Sommer die Ausstellung, die das Óstov Collective in der ODP-Galerie zur zeitgenössischen Kunst in und aus der Ukraine organisiert hatte.


Wie Heimat, aber auch nicht

In »Perspectives on War and Belonging« teilen sich die Motive in zwei Räume. In einem geht es um das Gefühl von Heimat und die Frage, wie und unter welchen Bedingungen die Fremde zur Heimat werden kann. Es geht um Schuldgefühle, weil die Heimat fern ist. Wer flüchten muss, baut sich eine neue Heimat fern der eigenen auf oder lebt in einem Dazwischen-Zustand, um alsbald wieder zurückkehren zu können. Die Fotografien zeigen Menschen in Kellern zwischen Einweckgläsern und Lebensmitteln ebenso wie Gartenlauben mit Taubenverschlag oder Motive, die so wirken als wären sie in der Heimat aufgenommen. So unspektakulär die Aufnahmen auch sind, die Details verweisen auf die Schmerzen, auf Verlust und dem Streben nach einem geordneten Alltag wie er vor dem 22. Februar 2022 herrschte.


Normalität zum Schein

Im zweiten Raum versammeln sich Aufnahmen zum gesellschaftlichen Leben und den Bemühungen, Normalität im Ausnahmezustand herzustellen. Säcke, die Kulturdenkmäler und damit die Geschichte und Identität des Landes schützen wollen und sollen. Akribisch angeordnete Isomatten in einer Turnhalle wirken auf dem ersten Blick wie ein großflächiges Ornament bis dann die Menschen zu sehen sind, die versuchen hier Halt zu finden. Es fehlen die Aufnahmen von zerstörten Städten und Häusern. Hier sind die Bemühungen zu sehen alles, was irgendwie daran erinnern könnte, zu beseitigen, um eine Spur Normalität in diesem langanhaltenden Ausnahmezustand herzustellen.

Somit stellt die Ausstellung subjektive Zugänge zu diesem Zeitereignis her, die einmal mehr diese Sinnlosigkeit von Krieg und Zerstörung zeigen.


Der Ausstellungsort

So wichtig die Ausstellung ist – so furchtbar präsentiert sich mal wieder die Galerie Kub in ihren Räumlichkeiten. Seit Jahren fällt der elendige Zustand des Neubaus auf. Hier fehlen Steckdosen, liegt Elektrokabelage frei oder wird hinter schäbigen Sockeln versteckt, blättert Farbe von den Wänden. So fällt beim Betreten zuerst immer der äußerst ramponierte Gesamtraumeindruck auf, unabhängig davon, was gerade zu sehen ist. Jede Ausstellung leidet darunter, weil sie sich immer gegen diese heruntergekommene Atmosphäre behaupten muss. Das ist umso unverständlicher, da sich die Galerie Kub seit Jahren mit einer sechsstelligen Fördersumme (2023: 130.000 €) in der institutionellen Förderung des Kulturamtes befindet. Im dafür vorgesehenen Antrag gibt es zumindest eine Kostenstelle »Werterhaltung«, die im Sinne der Ausstellungen endlich mal bemüht werden sollte.

»Perspectives on War and Belonging«, bis 22.7., Galerie Kub

Am 21. Juli findet um 18.30 Uhr die Finissage mit der Lesung »It seemed like those winds will never breathe out« von Anna Perepechai statt.


Foto: Elena Subach


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