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Stadtleben

Reißbrett oder Mitsprache

Die Diskussion ums Jahrtausendfeld und dessen Bebauung geht weiter

  Reißbrett oder Mitsprache | Die Diskussion ums Jahrtausendfeld und dessen Bebauung geht weiter  Foto: Woltareck Fitzner Architekten

Seit Monaten beschäftigt das Jahrtausendfeld an der Karl-Heine-Straße die Öffentlichkeit (siehe kreuzer 4/2024 und kreuzer online). Wo heute bunte Hüpfburgen stehen, könnten demnächst Baukräne zwanzig Meter hohe Schulbauten hochziehen. Denn der Eigentümer Stadtbau AG plant die Eröffnung des neuen Schulgeländes der Leipzig International School (LIS) fürs Schuljahr 2027/28. Da trifft es sich gut, dass Stadtbauvorstand Patrik Fahrenkamp sich auch als Elternteil im Board of Trustees – dem Kuratorium der LIS – engagiert.

Nachdem die zukünftigen Schülerinnen und Schüler erst mit der Zahl 2.000 angegeben wurden, soll es sich nun um bis zu 1.800 handeln. Auch diese Zahlen und die im Juni vorgeschlagenen drei Modelle fürs Jahrtausendfeld kritisiert die Initiative gegen die Bebauung des Geländes. Andere kritisieren die Zahl als viel zu hoch, da die Qualität der Lehre die Schulgelder nicht rechtfertige.

Im August lädt die Stadt zur öffentlichen Informationsveranstaltung und der Stadtrat berät über die Petition gegen eine Bebauung. Darin heißt es, dass die freie Fläche wichtig für das Klima im dicht bebauten Leipziger Westen ist. Dass die Planung für die Fläche seit Anfang des Jahres im sogenannten Dialogverfahren verhandelt wird und nicht wie 2021 vom Stadtrat beschlossen mit einem Bebauungsplan, ist ein weiterer Punkt der Kritik. Die Initiative fragt daher: »Wie wollen wir in Städten in Zeiten von Klimanotstand leben? Stadtplanungen auf dem Reißbrett, die wirtschaftlichen Interessen den Vorrang vor sozialgesellschaftlichen Bedarfen im Zeichen der Klimakrise lassen, sind kein guter Weg dahin. Ein echtes Beteiligungsverfahren sowie ein Bebauungsplan muss hier der erste Schritt sein.«

Der Petition schlossen sich online über 7.200 Menschen an. Im Juni übergab die Initiative an Beate Erms, die Vorsitzende des Petitionsausschusses, noch über 600 analog gesammelte Unterschriften.

Die drei Modelle für die Bebauung des Jahrtausendfelds kritisiert die Initiative als »auf Hochglanz polierte Mogelpackung«. Sie bemängelt auch, dass die Vorgaben an die eingeladenen Architektenbüros nicht transparent kommuniziert wurden, wie ebenfalls das Problem der Infrastruktur für die Eltern- und Schülerinnentransporte nicht geklärt ist. Nicht ersichtlich in den Modellen wird jene Freifläche, die die Öffentlichkeit nutzen kann. Die genaue Beschreibung der Bedarfe findet sich nirgends, der die Größe der Fläche definieren könnte. Außerdem stehen sowohl die Gebäudehöhen in der Kritik, die sich mit zwanzig Metern am Westwerk orientieren, wie auch die Dachbegrünungen, die sich nicht direkt auf die Klimasituation auswirken.

Am 21. August steht die Petition im Stadtrat auf der Tagesordnung. Im Verwaltungsstandpunkt heißt es: »Der OBM wird beauftragt, im Rahmen der Entwicklung des Schulcampus die Entstehung öffentlicher Freiräume abzusichern und verbindliche Regelungen für die angestrebte öffentliche Nutzung der entstehenden Schul- und Sportfreiflächen sowie der Schulgebäude und Sporthallen zu vereinbaren. Die Forderung nach einer vollständigen Freihaltung des Jahrtausendfelds wird abgelehnt.«

Was sagt die LIS zur Debatte um ihr geplantes neues Schulgelände? Sie bedauert, so Helena Putsch, Sprecherin der LIS, dass die Petition die Schule nicht einbezog. »Wir finden es auch bedauerlich, dass die Petition zu einem Zeitpunkt gestartet wurde, an dem noch alles offen und nichts endgültig entschieden ist. Alternative Standorte für einen neuen Schulcampus sind zurzeit nicht in Sicht. Die Planung des neuen Schulgebäudes, einschließlich der finanziellen Aspekte, steht noch unter dem Vorbehalt der endgültigen Ergebnisse der laufenden Dialogprozesse und der Entscheidung des Stadtrates.«

Ein Kritikpunkt gegen die Bebauung mit einer Privatschule sind die Schulgelder, die von 945 Euro in der 1 bis 5. Klasse bis zu 1.220 Euro in der Oberstufe reichen. Die LIS erklärt dazu, dass »mindestens 25 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler ein ermäßigtes Schulgeld« zahlen. Auf kreuzer-Nachfrage, wie hoch dies sei, antwortete die LIS: »Die ermäßigten Gebühren werden für jede Familie, die einen Antrag stellt, individuell berechnet, wobei das Nettofamilieneinkommen und die im Haushalt lebenden Personen berücksichtigt werden.« Zudem bemerkt die Schule, dass »fast die Hälfte unserer Schülerinnen und Schüler in den angrenzenden Stadtteilen Schleußig, Plagwitz und Lindenau wohnt«.

> Informationsveranstaltung: 14.8., 18–20 Uhr, Grundschule, Gießerstraße 6

 


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