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Politik

»Halbe Rolle rückwärts«

BSW entschärft Haushaltsantrag zur Freien Szene, will aber weiter bei Conne Island und Werk 2 kürzen

  »Halbe Rolle rückwärts« | BSW entschärft Haushaltsantrag zur Freien Szene, will aber weiter bei Conne Island und Werk 2 kürzen  Foto: Gert Mothes

Die Leipziger BSW-Fraktion entschärft ihren Haushaltsantrag zur Kürzung der Fördermittel für Conne Island, Nato und Werk 2 vom 2. Dezember deutlich. Das ist das Ergebnis einer Sitzung der Fraktion am Donnerstag, den 12. Dezember. Der ursprüngliche Antrag soll vor seiner Veröffentlichung von einer kleinen Gruppe innerhalb der Fraktion derart verändert worden sein, dass dieser im Ergebnis intern nicht mehr mehrheitsfähig war. In einer neuen Fassung des Antrags soll weder eine Kürzung der Mittel der Nato inbegriffen sein, noch soll es zu einer generellen Kürzung der Förderung für die Freie Szene kommen. Für Conne Island und Werk 2 will das BSW aber trotzdem ab 2026 die Mittel der institutionellen Förderung senken. Am Vorwurf der Cancel Culture hält die Fraktion fest. Den überarbeiteten Antrag will die Fraktion kommende Woche veröffentlichen.

Den ursprünglichen Antrag reichte die Fraktion Anfang Dezember ein. Darin war die Rede von einer Kürzung des Fördertopfs der Freien Szene von jährlich 330.000 Euro in den Jahren 2025 und 2026. Als Einrichtungen, bei denen gespart werden sollte, nannte das BSW Conne Island, Werk 2 und Nato, da diese »durch eine ideologisch verengte Programmpolitik und praktizierte Cancel Culture […] zu Akteuren der gesellschaftlichen Spaltung in unserer Stadt geworden sind«.

»Der Antrag sah am Ende nicht mehr so aus, wie wir ihn anfangs besprochen hatten«, erklärt Fraktionsvize Ralf Pannowitsch im Gespräch mit dem kreuzer am Freitag. In letzter Minute habe eine kleine Gruppe, zu der auch Fraktionschef Eric Recke gehört haben soll, den von Pannowitsch formulierten Antrag modifiziert. Ursprünglich sollten bei dieser Sitzung alle sieben Stadträte des BSW dabei sein, allerdings hätten einige – darunter Pannowitsch selbst – krank gefehlt. In dieser »Dynamik« sei man sowohl »qualitativ als auch quantitativ« übers Ziel hinausgeschossen, sagt Pannowitsch. Er sei überrascht gewesen davon, dass einige seiner Fraktionskollegen, aufgrund eigener schlechter Erfahrungen mit Conne Island und Werk 2, emotional stark involviert gewesen seien. Der überarbeitete Antrag sei nun eine »halbe Rolle rückwärts«.

»Die genannte Summe ist viel zu hoch«, sagt Pannowitsch, der in »seinem« Ursprungsantrag nur etwa ein Drittel der Kürzungen von 330.000 Euro gefordert haben will. Dadurch, dass auch die Nato im neuen Antrag nicht mehr betroffen seien soll, sollen die Kürzungen nochmal reduziert werden. Außerdem will das BSW grundsätzlich nicht mehr am Fördertopf für die Freie Szene kürzen. Die Mittel, die die Fraktion bei Conne Island und Werk 2 sparen will, sollen vielmehr anderen Einrichtungen zugutekommen. Etwa dem Literaturhaus, das die Fraktion mit in die institutionelle Förderung aufnehmen will. Ohnehin sollen die Kürzungen nun erst fürs Haushaltjahr 2026 gelten. Der Jury für die Vergabe der institutionellen Förderung für 2025 wolle man »nicht mehr in die Parade fahren«, sagt Pannowitsch.

Am Vorwurf der Cancel Culture und der ideologisch verengten Programmpolitik bei Conne Island und Werk 2 hält Pannowitsch derweil fest. Als Beispiel nennt er die Debatte um Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel im Werk 2 und die Auseinandersetzung um den Nahostkonflikt im Conne Island.

Mit dem neuen Antrag habe die Fraktion einen guten Kompromiss gefunden, »ohne sich zu zerfleischen«. Gleichzeitig stellt Pannowitsch fest: »Wir müssen uns professionalisieren.« Dass der Antrag ein größeres Echo auslösen würde, damit habe Pannowitsch gerechnet. Über die starken Reaktionen sei er am Ende trotzdem überrascht gewesen: Mehrere, auch überregionale Medien berichteten über den BSW-Antrag, der von den Fraktionen von Linke und Grüne heftig kritisiert wurde. Zudem starteten mehrere soziokulturelle Einrichtungen einen Aufruf, um sich gegen Kürzungspläne zu wehren. Der Fraktionsvorsitzende Eric Recke würde unterdessen versuchen, auf die drei Einrichtungen zuzugehen, um die Wogen zu glätten.

Der Stadtrat stimmt in seiner Sitzung am 12. März über die Änderungsanträge für den Haushalt ab. Vielleicht ist das BSW dann ja auf dem Weg der Professionalisierung schon ein Stückchen weitergekommen.


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5 Kommentar(e)

Matthias Malok 13.12.2024 | um 15:46 Uhr

Diese eigenständige Handlungsweise einer kleinen Gruppe im BSW Leipzig ist mir auch bekannt.

Anton 14.12.2024 | um 07:18 Uhr

Welche Jury ist denn gemeint, die die Mittel für die Freie Szene vergäbe? Die gibt es nicht. Das klüngelt das Kulturamt hinter verschlossenen Türen aus und der Stadtrat bzw. dessen Kulturausschuss kann noch etwas nachjustieren und muss es abnicken…

Matze 18.12.2024 | um 18:33 Uhr

Gehört es zu den Aufgaben einer Kultureinrichtung, Räume für Aktionstrainings gegen die AFD anzubieten? Die Aktionstrainings werden mit dem Ziel beworben, den Parteitag einer parlamentarischen Kraft zu verhindern, einer Partei die 31,9 % der Stimmen in Sachsen und 17% in Leipzig erhalten hat. Wer einen Parteitag blockieren will, handelt nicht demokratisch. Außerdem werden Kultureinrichtungen (auch das Werk2) mit Steuergeldern vom gesamten Querschnitt der Gesellschaft mitfinanziert. Insofern kann man dem Antrag des BSW zur Kürzung der Leistungen für das Werk2 nur zustimmen. Das eingesparte Geld kann man Einrichtungen geben, die politisch neutral arbeiten.

Stefan 04.01.2025 | um 19:33 Uhr

Zuallererst die betroffenen Kultureinrichtungen unterliegen nicht dem Neutralitätsgebot, dieser betrifft nur staatliche Einrichtungen. Des Weiteren sind Demonstrationen, insbesondere gegen rechtsextreme Parteien, völlig legitime demokratische Mittel.

Matze 10.01.2025 | um 15:34 Uhr

Die Politik muss aber nicht alle Kultureinrichtungen fördern. Sie kann, aber sie muss nicht. Außerdem haben sich die Begriffe verschoben. Was vor 20 Jahren noch konservativ war, gilt heutzutage als rechts. Und was damals rechts war, wird jetzt als rechtsextrem bezeichnet. A. Merkel hat doch ab 2015 mit ihrer linksliberalen Migrationspolitik scharenweise CDU-Wähler zur AFD getrieben. Dafür hat sie dann Stimmen aus dem SPD- und Grünen - Milieu geholt.