Nie wieder Krieg
80 Jahre Befreiung Leipzigs
Vor 80 Jahren befreiten US-Soldaten Leipzig von den Nazis, Robert Capas in Lindenau aufgenommenes Foto »Der letzte Tote des Krieges« ging um die Welt – heute wird im Capa-Haus erzählt, was 40 Jahre DDR-Geschichtsschreibung verdrängt haben.
»Leipzig versuchte, Paris Konkurrenz zu machen, was den Empfang der Befreiungstruppen betraf. Die Mädchen und Kinder, die gesamte Zivilbevölkerung strömte mit Blumen beladen auf die Straßen und winkte und jubelte.« Lee Miller in der Vogue, Juni 1945
Robert Capa (eigentlich Endre Ernö Friedmann), geboren 1913 in Budapest als Sohn einer jüdischen Schneiderfamilie, geht mit 17 Jahren nach Berlin, arbeitet als Assistent in der Fotoagentur Dephot. Seine erste Bildreportage über Leo Trotzki wird 1932 im Welt-Spiegel veröffentlicht. Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand 1933 flieht er nach Paris. Dort lernt er Gerda Taro (eigentlich Gerta Pohorylle, 1910–37) kennen, die aus Leipzig vor den Nazis geflohen ist.Gemeinsam fotografieren sie im Spanischen Bürgerkrieg. Capas »The Falling Soldier« aus dem Jahr 1936 wird eine Ikone der modernen Kriegsfotografie. Ein Jahr später stirbt Taro im Kriegsgeschehen. 1938 erscheint Capas erstes Fotobuch »Death in the Making« in New York. Ein Jahr später flieht er erneut, diesmal aus Paris nach New York. Als Kriegsfotograf begleitet er die US-Armee ab März 1943, fotografiert den D-Day und ist im April 1945 beim Marsch nach Leipzig dabei.
Das Cover des Life-Magazins vom 14. Mai 1945 zeigt einen von Capa fotografierten US-Soldaten auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände kurz vor der Sprengung der NS-Symbole am 22. April. Im Frühjahr 1947 gründen Capa, Henri Cartier-Bresson, Chim, George Rodger und William Vandivert die Agentur Magnum Photos. Capa stirbt im Kriegseinsatz für Life in Vietnam, als er am 25. Mai 1954 auf eine Landmine tritt.
In Leipzig wird 2015 ein Teil der Erich-Köhn-Straße in Capastraße umbenannt. BSC
Lee Miller war als Fotografin mit der US Army 1945 in Leipzig. Miller wird 1907 in Poughkeepsie, New York geboren und stirbt 1977 im englischen Chiddingly, East Sussex. Zunächst arbeitet sie als Modell, bevor sie 1929 nach Paris zieht, um selbst zu fotografieren. Sie arbeitet und lebt zusammen mit Man Ray (1890–1976). In London fotografiert Miller 1940 die Schäden der deutschen Bombenangriffe. Für die Vogue fotografiert sie sowohl Mode als auch die Spuren des Krieges. Ende 1942 erhält sie eine Akkreditierung für die US-Armee als eine von 117 Kriegskorrespondentinnen – nur fünf davon sind Fotografinnen, neben Miller und Bourke-White (s. S. 24) nur Georgette M. Chapelle, Toni Frissell und Thérèse Bonney. Im Gegensatz zu den männlichen Kollegen wird den Frauen nur ein kleiner Aktionsradius gestattet und sie dürfen außerdem nicht unmittelbar bei Kampfhandlungen dabei sein.
Von den von Miller fotografierten Toten im Leipziger Rathaus – wie die Familie des Oberbürgermeisters und Kämmerers – zeigt die Vogue die Tochter des Bürgermeisters aus nächster Nähe. Von Leipzig fährt Miller weiter nach München – das Foto mit ihr in der Badewanne von Hitler geht um die Welt. Sie veröffentlicht auch Bilder aus den KZs Buchenwald und Dachau. Nach dem Krieg beendet sie ihre fotografische Tätigkeit und verschweigt ihrer später gegründeten Familie ihr fotografisches Werk. Nicht zuletzt durch den Hollywood-Film »Die Fotografin« von 2023 mit Kate Winslet gilt sie heute als eine der bekanntesten Fotografinnen der vierziger Jahre. BSC