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Rezensionen

Sackboy: A Big Adventure

Sackboy: A Big Adventure

Geschickt gestrickt

Entwickler: Sumo Digital, Preis: 65 €

Daran gibt es nichts zu rütteln: »Toxic« war Britney Spears’ bestes Lied. »Let’s dance« nicht David Bowies geilster Song, aber auch kein schlechter. Was die beiden vereint, sind wirkungsvolle Auftritte in »Sackboy: A Big Adventure«. Dabei handelt es sich um ein Hüpfspiel, das besonders zu zweit auf der Couch seine volle Wirkung entfaltet. Gemeinsam mit dem exquisiten Soundtrack breitet sich jeder der putzigen Levels in einer atemberaubend schönen Kohärenz auf dem Bildschirm aus. Die gehäkelten und gestrickten Stoff-Protagonisten springen und schwingen über Abgründe, hüpfen auf und hauen Gegner und sammeln neue putzige Kostüme ein. »Mr. Zom Zom«, Kleidungsverkäufer mit französischem Akzent, verkauft sie auch gegen eingesammelte Schellen. Landschaftlich geht es ins Gebirge, ins Meer und bis in den Weltraum. Dabei macht neben dem Ton immer auch die richtige Balance die Musik. Nicht nur im steuerungstechnischen Sinne, denn »Sackboy« ist ausgewogen und hat eine prima Lernkurve. Levels, die einem wahnsinnig schwierig erscheinen, sind ein paar Sitzungen später viel besser zu bewältigen – weil man die Mechaniken irgendwann durchschaut und versteht. Und dann kann man auch viel besser auf die Details in den Levels achten, Geheimgänge und -türen finden und verborgene Bereiche entdecken. »Sackboy: A Big Adventure« ist ein Spiel, das gute Laune macht. Davon gibt es zu wenige auf dieser Welt. Marc Bohländer

Assassin’s Creed: Valhalla

Assassin’s Creed: Valhalla

Fighting and Flyting

Preis: 60 €

Das neue »Assassin’s Creed« ist eine Spiel gewordene Wikinger-Fantasie. Als Eivor vom Rabenclan – wahlweise männlich oder weiblich, dann allerdings ohne Bart – macht man sich im späten 9. Jahrhundert von Norwegen auf nach England, um im Westen eine neue Siedlung zu gründen. Thematisch und stilistisch erinnert das frappierend an die TV-Serie »Vikings«, man begegnet im Verlauf der Geschichte sogar den Söhnen von Ragnar Lothbrok. Das eigene Dorf spielt eine zentrale Rolle in »Valhalla«, und die Wikinger und vor allem Eivor werden nicht als barbarische Eroberer, sondern als ziemlich pragmatische Siedler inszeniert. Die offene Welt ist in mehrere Regionen eingeteilt, mit deren jeweiligen Herrschern man in gut einem Dutzend Story-Kapiteln Allianzen schmiedet – mal an der Spitze einer Armee, mal verstrickt in Intrigen. Die Assassinen spielen dabei zunächst nur eine Nebenrolle. Erst im späteren Spielverlauf stellt man fest, dass Eivors persönliche Rachegeschichte – die dankenswerterweise ebenfalls keinen hohen Stellenwert einnimmt – mit dem Schicksal Englands und der Geschichte des Meuchelmörder-Ordens verknüpft ist. Die Spielwelt ist, wie immer bei Ubisoft, grandios. Das England von »Assassin’s Creed: Valhalla« umfasst mehr als 100 virtuelle Quadratkilometer, von den weißen Klippen von Dover im Süden bis zum Hadrianswall im Norden und von der Ostküste bis an die Grenze von Wales. Neben den vier Königreichen Wessex, Mercia, East Anglia und Northumbria – die jeweils in mehrere Grafschaften unterteilt sind – spielen Teile von »Valhalla« in Norwegen, Vinland und sogar an noch sagenumwobeneren Orten. Die wunderschöne Landschaft erkundet man zu Fuß, zu Pferd, mit Eivors Raben und mit dem Schiff. Die arglos an den Ufern der Flüsse liegenden Klöster sind leichte Beute, mit den geplünderten Rohstoffen baut man das Dorf Ravensthorpe aus. Dennoch wird Eivor als weitgehend friedliebend – im Rahmen einer wohl unvermeidlichen, ludonarrativen Dissonanz, da man sich ja durch Tausende Gegner hackt und meuchelt – wissbegierig und wortgewandt inszeniert. Ein eigenes Minispiel dreht sich um das sogenannte Flyting, eine Art mittelalterlichen Battle-Rap, bei dem man in Multiple-Choice-Dialogen auf passende Reime und Versmaß achten muss. Das Spiel ist riesig, auch nach über 100 Stunden Spielzeit ist kein Ende in Sicht, überall gibt es etwas zu tun, überall warten kleine Belohnungen. Dass die Entwickler für all das mehr Zeit gebraucht hätten, merkt man hier und da, etwa bei der Tonmischung oder den Animationen. Doch unterm Strich bleibt ein gigantisches Spiel, an dem man über Wochen Spaß haben kann. Alexander Praxl

Wing Commander 4 (1996)

Wing Commander 4 (1996)

Der Klassiker

Chris Roberts ist einer der wenigen Menschen, die Schöpfer von Computerspielen und Filmen zugleich sind. So hat der heute 52-Jährige in seiner Laufbahn Filme wie »Lord of War« oder »Lucky Number Slevin« produziert. Sein bislang größter Wurf ist jedoch die »Wing Commander«-Serie, mit der er dem PC 1990 als Spieleplattform zum Durchbruch verhalf. Mit dem vierten Serienteil lieferte Roberts Fans wieder Weltraumgefechte – und endgültig mehr interaktiven Film als Computerspiel. So nutzte »Wing Commander 4« nicht mehr allein Bluescreen-Aufnahmen wie sein Vorgänger. Roberts drehte auf 35-mm-Film und zeigte dank eines Millionenbudgets mehr als 40 echte Filmsets. Schauspieler wie Mark Hamill, »Clockwork-Orange«-Star Malcolm McDowell oder John Rhys-Davies kehrten zurück und kreierten echte Spielfilm-Atmosphäre. Die drei Stunden Laufzeit vereinnahmten ganze sechs CDs für sich. Spieler und Spielerinnen trafen darin Entscheidungen und ballerten sich wie in den Vorgängern durchs schicke Weltall. Roberts war indes nur noch an den Filmarbeiten beteiligt. Nach »Wing Commander« blieb Roberts dem Weltraumgenre treu und entwickelt seit 2010 »Star Citizen«, mit dem er über Crowdfunding mehr als 300 Millionen US-Dollar gesammelt hat. Im Spiel kehrt ein alter Bekannter zurück: Mark Hamill aka Luke Skywalker. Denis Gießler

Unrailed!

Unrailed!

Bahn frei, ihr Dösköppe!

Entwickler: Indoor Astronaut, Publisher: Daedalic Entertainment, Preis: 19 €

Der Lokführer ist ein Döskopp. Er war sich sicher, irgendwas vergessen zu haben, als er an diesem Morgen ins Führerhaus stieg. Aber egal: Kohle schaufeln und los geht die Reise. Jetzt ist es an den Spielern, die Strecke zu legen, denn bis zum nächsten Bahnhof fehlen die Schienen! So stiefeln also ein Pinguin, ein Frosch, Frankensteins Monster oder einer der anderen illustren Charaktere los, hacken munter Granit und fällen Bäume, um daraus Schienen zu fertigen und sie auf dem unwegsamen Gelände bis zur sicheren Station zu verlegen. Dabei wird die Arbeit erschwert durch herumlungernde Diebe, friedlich grasende Kühe und Wetterkapriolen. Und während die Spieler emsig herumwuseln, rollt der Zug unaufhaltsam weiter voran. Arbeitsteilung führt zum Ziel, sei es im Online-Koop oder – besser noch – auf der Couch, wo man sich absprechen und anschreien kann, wenn mal wieder einer der vielen Waggons anfängt zu brennen und dringend gelöscht werden muss, bevor der Zug zerbröselt und die Spielrunde vorzeitig beendet wird. Das macht eine Menge Laune und motiviert mit Schrauben, die in der liebevoll gestalteten Welt verteilt sind und in neue Spezialwaggons und stärkere Loks investiert werden können. Der Schweizer Entwickler Indoor Astronaut und das deutsche Studio Daedalic haben einen kurzweiligen 3-D-Knobler im hübschen Pixel-Look geschaffen, der allein recht schnell fad wird, mit bis zu vier Spielern aber viel Spaß verspricht. Lars Tunçay

Daedalic Entertainment

Watch Dogs: Legion

Watch Dogs: Legion

Anarchy in the UK

Publisher: Ubisoft, Preis: 60 €

Die britische Hauptstadt hatte schon so einige Krisen zu überstehen – Guy Fawkes und den Gunpowder-Plot, Boris Johnson und den Brexit – aber was »Watch Dogs: Legion« auffährt, das ist auch für London zu viel. Die Hackergruppe Zero Day zündet an verschiedenen Stellen der Stadt Bomben und stürzt England damit in eine Regierungskrise. Doch die private Söldnertruppe Albion und das aus den Vorgängern bekannte digitale Überwachungssystem »ctOS« stehen bereit, um für Recht und Ordnung zu sorgen. London wird zur brutalen Polizei- und Überwachungsstadt, die ihre Bürger drangsaliert und mit kriminellen Banden gemeinsame Sache macht, um ihre Macht auszubauen. Auftritt Dedsec, die Gray-Hat-Hacker, die für soziale Gerechtigkeit und die gute Sache kämpfen. Das Problem ist jedoch, Dedsec gelten als Terroristen und sind in alle Winde zerstreut. Also muss die Gruppe neue Mitglieder rekrutieren und ein Netzwerk aufbauen, das Anarchie in der Stadt verbreitet und die Mächtigen zur Rechenschaft zieht. Cyberpunk-Games, in denen es um Computertechnologie geht und die vor fiesen Hackern nur so wimmeln, stehen derzeit hoch im Kurs. Was die »Watch Dogs«-Reihe von anderen unterscheidet, sind zum einen die deutlich näher am aktuellen Tech-Status-quo orientierten Welten und zum anderen die Darstellung eines sozialen Konflikts um Gleichheit und Gerechtigkeit, der mithilfe von Daten ausgetragen wird. Das London von »Legion« ist düsterer als das Silicon Valley des zweiten Teils, aber es scheint angesichts der aktuellen Entwicklungen in den USA und UK nicht so weit hergeholt. Eine private Sicherheitstruppe, die Menschen niederprügelt, weil sie eine andere Meinung haben? Keine Fiktion. Und auch die anarchistischen Bemühungen Dedsecs gegen die Datenkrake »ctOS« sind nicht aus der Luft gegriffen.  Und genau diesen Realitätsbezug haben die Macher von »Legion« gut umzusetzen verstanden. Denn nicht ein einzelner Superhacker oder dunkler Rächer ist im Kampf gegen die Evil-Corps dieser Welt wichtig, sondern eine ganze Heerschar an Menschen, die sich wehren und genug haben von Unterdrückung. Das Spiel setzt aus diesem Grund nicht auf einen einzelnen Protagonisten, sondern erlaubt es, jeden Menschen in der Stadt zu rekrutieren. Jeder wird mal vom System gebeutelt und erfährt in seinem Leben Ungerechtigkeiten irgendeiner Art. »Watch Dogs: Legion« wirft darauf ein Schlaglicht. Es zeigt auf, wie Überwachung und Neoliberalismus unsere Sozialsysteme untergraben und uns schutzlos zurücklassen. Bis man sich organisiert, im Dedsec-Style. Lars Schmeink

Ubisoft

Star Wars: Squadrons

Star Wars: Squadrons

Ganz die alte Schule

Die goldene Zeit der Weltraumsimulationen ist lange vorbei. Heute treffen sich Spacecaptains höchstens noch in Baukästen wie »Eve Online« oder Chris Roberts’ nicht fertig werden wollendem »Star Citizen«, das seit sieben Jahren im Alphastadium verharrt. Space-Shooter sind ebenso aus der Mode wie abgeschlossene Titel ohne Download-Inhalte und Mikrotransaktionen. Da ist es nur konsequent, beides zu vereinen – und das Ganze zum Budgetpreis zu verhökern. Man kommt nicht umhin zu vermuten, dass Electronic Arts nach dem »Battlefront II«-Debakel den Drang verspürte, Wiedergutmachung zu betreiben. So gab man Motive Studios freie Hand, und die haben abgeliefert. »Squadrons« ist wunderbar schnörkellose Weltraumaction im »Star Wars«-Universum. Am Steuer eines imperialen oder Rebellen-Fliegers geht es darum, Wegpunkte zu erreichen, Flotten zu flankieren und natürlich jede Menge gegnerische Jäger zu zerbröseln. Ganz wie in alten »X-Wing vs. Tie Fighter«-Zeiten eben. Der Bonus: Mit Helm und Headphones kann man direkt selbst Platz im Cockpit nehmen. Die Virtual-Reality-Unterstützung ist mehr als nur eine Beigabe, sie verleiht dem Spiel eine neue Ebene, stahlharter Magen vorausgesetzt – so eine Barrel-Roll ist eben nichts für Grünschnäbel. Aber auch ohne VR-Brille ist »Squadrons« ein kurzweiliger, pathosgeladener Weltraumausflug mit angenehm oldschooligem »Krieg der Sterne«-Flair für Solisten und ein herausfordernder Wettkampf für Onlinepiloten. Lars Tunçay

Crusader Kings 3

Crusader Kings 3

Arsch für alles

Ich mag Strategiespiele, aber mit »Europa Universalis« und »Crusader Kings«, diesen Geschichtswälzern von Paradox, bin ich nie warm geworden. »Crusader Kings 3« soll einsteigerfreundlicher sein, also wollte ich es ausprobieren. Mehr noch: Ich wollte es mögen. Denn die Art, wie die Entwickler Geschichte vermitteln, wie detailliert sie die Gesellschaft des Hochmittelalters abbilden, finde ich faszinierend. Tatsächlich ist »Crusader Kings 3« freundlich zu Einsteigern und versucht artig, ihnen das Spiel näherzubringen. Es gibt ein gelungenes Tutorial, und auch das Interface tut sein Bestes: Es hat übersichtliche Menüs und für jeden Knopf, mit dem man die Weichen für sein Reich und seine Regenten stellt, gibt es einen Tooltip. So findet man auf Anhieb genau die Regeln, die man gerade braucht. Doch so übersichtlich sie auch präsentiert werden, die schiere Menge an Spielregeln ist überwältigend. Und selbst das beste Tutorial kann in einem Spiel dieses Umfangs nur das Nötigste erklären. So bin ich immer noch nicht weit gekommen. Aber die Mischung aus Strategiespiel und Rollenspiel bringt mich allabendlich dazu, ein bisschen weiterzuspielen. Als heimgekehrter Bayer habe ich als Graf Heinrich von Frontenhausen angefangen. Das ist ein kleines Kaff ganz bei uns in der Nähe, und ich war begeistert, es in »Crusader Kings 3« vorzufinden. Familienplanung, Diplomatie, Intrigen, Kriege – ich bringe die Grafschaft auf Vordermann. Alexander Praxl

Civilization II (1996)

Civilization II (1996)

Der Klassiker

Nach dem Abitur hat man ja ziemlich viel Zeit, jedenfalls war das bei mir Ende der neunziger Jahre so. Da kam der Zeitfresser namens »Civilization II« gerade recht. Zug um Zug, Stunde um Stunde zog ins Land, während ich die klobig-pixelige Welt mit meinem spartanischen Siedler entdeckte und ein Imperium nach dem anderen aufbaute. Mal spielte ich die Zulus, mal die Russen, mal die Amerikaner. Neben dem immensen Wiederspielwert habe ich viele durchgezockte Nächte in Erinnerung, in denen ich viel zu spät mit wirrem Haar ins Bett stolpere. Da war ich offenbar nicht der Einzige, denn das Spiel verkaufte sich millionenfach und damit blendend. Es war für jeden was dabei: Gewinnen ließ sich per Welteroberung oder auch ganz friedlich durch die Besiedlung des Weltraums. Der zivilisatorische und technische Fortschritt waren Gradmesser des Erfolgs und Kern der unerschöpflichen Motivation. Außerdem gab mir »Civilization II« einige Weisheiten mit auf den Lebensweg: 1. China kann auf einem höheren Schwierigkeitsgrad bis 900 nach Christus bereits Computer entwickeln. Frustrierend, wenn man selbst noch nicht mal die Eisenzeit hinter sich gelassen hat. 2. Triremen gehen unter, wenn sie sich mehr als ein Feld von der Küste entfernen. 3. Mahatma Gandhi wirft öfter die Atombombe, als man denkt. Marc Bohländer

Hades

Hades

Fick dich, Tod

Plattform: PC, Switch, Preis: 21 €

An dieser Stelle wurden in früheren Ausgaben womöglich schon einmal Dinge gesagt, die im Kontext einer Videospielrezension prätentiös wirken könnten. Hier nun die Wahrheit: Sterben ist schlecht. Deswegen ist ein Spiel über den Ausbruch aus dem Totenreich eine gute Idee. »Hades« ist nicht nur eine gute Idee, es hat auch sehr viele. Der Plot ist verlockend. Zagreus, Sohn des Hades, hat vom Dasein im Totenreich die Schnauze voll. Er will abhauen. Also haut, sticht und schießt er sich den Weg durch die unzähligen Kammern des Totenreichs. Wenn er scheitert, wenn er stirbt, dann steigt er in der väterlichen Residenz wieder aus dem opulent gezimmerten Blutbad. Nach dem Tod wirklich zu scheitern und noch einmal ganz vom Anfang zu starten, das ist bei Spielen seit Jahren ein Trend. Dass der Mechanismus so gut und witzig in eine Geschichte eingebaut wird, ist allerdings die Ausnahme. Zagreus’ Ausbruchsversuche werden stets neu und passend kommentiert; die zahllosen Gottheiten bieten immer wieder neuen und passenden Rat oder Spott. Die One-Liner türmen sich, bis ein dickes Buch draus wird. Die Gottheiten sind witzig und sexy; überhaupt ist das Totenreich selten so stilvoll inszeniert worden. In Porträts sehen sie aus wie einem Comic gestiegen, in dem gerade eine routiniert gute Party gefeiert wird. An der möglichen Dramatik der Lage sind sie eher desinteressiert, sie sind ja Götter. Fast alle grinsen verschmitzt. Nur Papa schaut wie hundert Jahre Stubenarrest. Die Spielwelt von schräg oben betrachtet leuchtet einladend und bedrohlich. Trotzdem ist sie auch dann noch einigermaßen gut lesbar, wenn ein Mix aus flammenden Totenköpfen, Laserdiamanten, Fettleibigen und Felsbrocken aus allen Richtungen attackiert. Die Kämpfe sind gleichzeitig variantenreich, mit einer Auswahl wirklich verschiedener Waffen. Und dann doch präzise, so dass sich jede Strategie, jede Ausrüstung irgendwann anfühlt wie die beste. Der Tod kommt anfangs schnell, aber er ist immer Ausdruck eines vermeidbaren Versagens auf Spielerseite. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich leicht herauf- und herunterregeln, aber im Kern ist »Hades« ein Spiel über das langsame Wachstum. Wie automatisch merkt Zagreus sich irgendwann die Muster der Welt und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Das Abenteuer ist nicht an ein paar Abenden durchzuspielen. Wir müssen werden wie Zagreus, immer wieder aus einem Swimmingpool voller Blut steigen und mit neuem Tatendrang in die Welt schauen. Ob wir den Tod irgendwann besiegen, ist dann nur noch eine Frage der Ausdauer. Jan Bojaryn

Crash Bandicoot (1996)

Crash Bandicoot (1996)

Der Klassiker

Naughty Dog ist jenes Entwicklerteam, das die Messlatte für die aktuelle Playstation-Konsole immer weiter nach oben legt, wie das kürzlich erschienene »The Last of Us 2« zeigt. Die technische Perfektion offenbarte sich aber schon im Jump’n’Run-Klassiker »Crash Bandicoot«. Das war der Zeitpunkt, als Hüpfspiele allmählich von der zweiten in die dritte Dimension wechselten – was einige Probleme mit sich brachte. Neben Kameraproblemen litten viele Spiele an einer klobigen und farbarmen Grafik. Der springende Beuteldachs in »Crash Bandicoot« sieht hingegen auch heute noch gut aus. Das liegt an der Cartoon-Optik und einigen technischen Tricks, die aus der Playstation 1 mehr Leistung herauskitzelten. Sonys erste Konsole limitierte Spieleentwickler stark, denn der interne Systemspeicher war lediglich zwei Megabyte groß. So waren auf vielen Playstation-CDs mehr als 600 Megabyte frei, die aber nur für Videos und Musik genutzt werden konnten. Die Tüftler von Naughty Dog fanden hingegen eine Möglichkeit, das Limit zu umgehen, und präsentierten eine sensationelle Optik. So kam es, dass sich der Beuteldachs auch mehr als 20 Jahre später in »Uncharted 4« als Gimmick immer noch sehr gut spielen ließ, ein Remaster erschien 2017. Der Beuteldachs, er ist immer noch unterwegs. Denis Gießler

Wasteland 3

Wasteland 3

Freaks und Frettchen-Launcher

Preis: 60 €

Total irre, diese Postapokalypse. »Wasteland 3« ist die Fortsetzung der Fortsetzung des Rollenspielklassikers aus dem Jahr 1988. Im dritten Teil geht es ins verschneite Colorado, wo die Desert Rangers sich mit einem charismatischen Diktator einlassen, der sich ganz unbescheiden »der Patriarch« nennt. Er will den dezimierten Rangers in Arizona unter die Arme greifen, wenn diese im Gegenzug seine aufmüpfigen Kinder in die Schranken weisen. Ob man der Aufforderung nachkommt oder das Angebot ablehnt, bleibt dem Spieler überlassen. »Wasteland 3« hat sich Entscheidungsfreiheit auf die Fahnen geschrieben, und je nach Spielart können sich tatsächlich ganz unterschiedliche Geschichten entwickeln. Die transportiert das Spiel in sehenswerten Kulissen und vollvertonten Dialogen mit abgedrehten Charakteren und derbem Humor – den die Serie schon vor über 30 Jahren zu ihrem Markenzeichen gemacht hat. Roboter mit Sprachfehlern, rauchende Katzen oder ein Cowboy-Kult, der Gott-Präsident Reagan verehrt: Hier ist nichts zu gaga. Das rundenbasierte Kampfsystem ist einfach gestrickt, dafür kommen andere Rollenspielmechaniken voll zur Geltung. In den gut geschriebenen Dialogen wirken sich die Skills auf die Gesprächsoptionen aus. Und im Inventar kann man Stunden verbringen, um an der idealen Ausrüstung zu feilen. Die ist dann an den Figurenmodellen sichtbar, von der Schweinemaske bis zum Frettchen-Launcher. Alexander Praxl

Pistol Whip

Pistol Whip

Beats und Ballern

Publisher: Cloudhead Games, Plattform: PSVR, Preis: 28 €

Edgar Wrights Film »Baby Driver« begeisterte vor zwei Jahren mit einer einzigartigen Choreografie aus Action und Musik. Der Film war am Schneidetisch komponiert, das Ergebnis atemberaubend. Genau das ist »Pistol Whip« – nur zum Mitspielen in VR. Im Kern ist Cloudhead Games’ vielfach gefeiertes Actionspiel ein klassischer Rail-Shooter. Auf Schienen bewegt man sich durch eine stilisierte Welt aus Flächen und Figuren in einem einzigartigen vektorähnlichen Design. Immer wieder tauchen Gegner auf, legen an und verschießen Projektile. Bestenfalls bringt man sie vorher zur Strecke, im Zweifelsfall duckt man sich – ähnlich wie bei »Superhot« – unter den Kugeln hindurch. Zusätzlich weicht man Wänden und anderen Hindernissen aus. So weit, so konventionell. Der Clou: All das bewältigt man bestenfalls im Rhythmus der Musik, denn dafür gibts Bonuspunkte satt. Die treibenden Dubstep-Beats geben den Stil des Levels ebenso vor wie das Grafikset. Das ist angelehnt an allerlei Spionagefilme, und so fühlt man sich wie eine Mischung aus John Wick und James Bond, wenn man den Flow erfasst hat. Dann zieht der Schwierigkeitsgrad von »Pistol Whip« an und fordert heraus, ohne unfair zu werden. Ein schweißtreibendes Vergnügen, bei dem man in der eigenen Wahrnehmung um Längen besser aussieht als in der Welt außerhalb des Screens. Nach 15 Levels ist leider schon Schluss, die Hersteller haben aber bereits – teilweise kostenfreien – Nachschub angekündigt. Lars Tunçay

Cloudhead Games

Spiritfarer

Spiritfarer

Tod, komm kuscheln

Preis: 25 €

Wer zu viel über das Loch nachdenkt, der fällt hinein. Das ist auch unser Problem mit dem Tod: Alle sinnvollen Herangehensweisen sind versperrt. Hartnäckig leben wir, und wenn wir über den Tod reden wollen, dann haben wir nichts zu sagen. Die Toten schweigen, noch hartnäckiger. Das Wissen um die Beliebigkeit religiöser Welterklärungen, um die Trostlosigkeit wissenschaftlicher Wahrheit macht die Sache unaussprechlich. Wir meiden den Tod, weil uns die Beschäftigung damit verzweifeln lassen muss. Wie blöde und unproduktiv diese Einstellung ist, das bringt »Spiritfarer« auf den Punkt. In dem Spiel übernehmen wir als frisch gestorbene Heldin Stella den frei werdenden Posten des Fährmanns über den überraschend großen Fluss der Toten. Stella ist augenscheinlich noch jung, voller Tatendrang, und wird ohne Eingewöhnungszeit in ihren neuen Job geworfen. Charon gibt ein paar letzte Tipps, dann ist er weg. Und für Stella beginnt ihre unwahrscheinliche Reise auf einem total verbauten Hausboot. Optisch erscheint »Spiritfarer« wie eine goldene, falsche Erinnerung an ein Disney, das es nie gab. Die Inselwelt im Totenmeer ist zweidimensional und dermaßen liebevoll händisch animiert, dass es sich irgendwie analog anfühlt, auf eine nostalgische Art real. Die ansteckend gutgelaunte Stella schippert durch diese Welt und hüpft herum wie in einem Jump’n’Run. Sie lernt früh den Doppelsprung, den sie aber nur gelegentlich für Minispiele zur Ressourcenbeschaffung braucht. »Spiritfarer« steuert sich wie ein Plattformer, aber es ist keiner. Es ist ein Mix aus Management, Crafting und Afterlife-Simulation im Sinne eines »Animal Crossing«: Nicht die Spieler verändern als göttlicher Mauszeiger die Welt, sondern Stella wird gesteuert, wie sie Blitze fängt, angelt, gärtnert, sägt, webt, schwimmt und navigiert. Stella sammelt verlorene Seelen ein, die wie Tiere aussehen. Jeder Passagier hat noch eine Wunschbehausung, die es auf dem Boot zu bauen, und einen Ort, den es zu besuchen gilt. Und alle haben Lieblingsspeisen, Marotten und Tipps. Jeden Morgen weckt Stella ihre Toten und verbringt einen schönen Tag mit ihnen. Sie bekocht und beheimatet die Reisenden, umarmt sie, plaudert und muss sich dann irgendwann von ihnen verabschieden. Das fühlt sich relevant an, echt. So sind das Leben und das Sterben im Großen und Ganzen wirklich. Auf eine transzendente Weise ergibt hier alles Sinn. »Spiritfarer« gründet keine neue Religion, es ist auch kein beliebiger Best-of-Mythos-Mix. Aber es ist die bestmögliche Einladung in die Welt der Toten. Jan Bojaryn

Ghost of Tsushima

Ghost of Tsushima

Keine Zeitverschwendung

Entwickler: Sucker Punch, Publisher: Sony, Preis: 70 €

Das Beste kommt zum Schluss: Mit »Ghost of Tsushima« findet die aktuelle Konsolengeneration einen mehr als würdigen Abschluss. Im letzten Exklusivtitel, bevor dann im Herbst (beziehungsweise Winter) die Playstation 5 erscheint, spielt nicht nur betriebswirtschaftlich der Faktor Zeit eine große Rolle. Harte Zeiten im Japan des 13. Jahrhunderts: Jin Sakais Heimat, die Insel Tsushima, verteidigt sich erfolglos gegen einen Mongolen-Angriff. Der Samurai stellt sich praktisch allein den übermächtigen Invasoren. So viel zur Pflicht, aber erst die Kür hat es in sich. Denn das Open-World-Spiel belohnt eher untypisch, dass man sich Zeit zur Erkundung der Umgebung nimmt. Da diese atemberaubend inszeniert ist, macht man das auch gern. Wenn Jin über eine leuchtend weiße Blumenwiese läuft, im dichten Wald rote Ahornblätter herunterregnen oder hinter einer Hügelkuppe das Japanische Meer türkisblau in der Sonne glitzert, dann hat das Spiel etwas Kontemplatives und Spirituelles. »Ghost of Tsushima« ist aber kein Spazierspiel, denn Jin metzelt auch zahlreiche Mongolen. Diese Schwertkämpfe sind von einer brutalen Ästhetik geprägt, so wie man sie aus den »Kill Bill«-Filmen von Quentin Tarantino kennt (nur ohne den Slapstick). Wer hier das richtige Timing findet, kann jeden noch so dicken Oschi besiegen. Während Jin also über die Insel streift, lichtet sich erst nach und nach auf der Karte der Nebel. Für Entdeckernaturen ist das eine tolle Sache. Denn das Spiel honoriert jeden Abstecher. Putzige Füchse führen Jin zu Schreinen, goldene Vögel zu heißen Quellen, die seine Gesundheit verbessern – oder an Orte, an denen Jin sinniert und dann ein Haiku, ein traditionelles japanisches Gedicht, verfasst. Als Belohnung bekommt Jin einen Bonus auf seine Fertigkeiten. Zur relaxten Stimmung trägt vor allem auch der Wind bei, er zeigt Jin den Weg zu seinem nächsten Ziel. Dabei hat er auch genug Zeit, um über seine Erziehung nachzudenken. Ihn plagen moralische Fragen. Vor allem, ob es angesichts des brutalen Überfalls legitim ist, die von starkem Ehrgefühl durchsetzte Samurai-Kriegerlehre mit einer hinterhältigen Ninja-Taktik zu ersetzen. So oder so entwickelt sich Jin irgendwann zum »Ghost«, denn er hat eigentlich keine Wahl. »Ghost of Tsushima« lässt keine Zweifel an seinen Einflüssen. Das wird visuell deutlich, wenn eine neue Mission mit einer Titelkarte eröffnet wird, die an alte Samurai-Filme erinnert. Die Audiospur lässt sich auch auf Japanisch umstellen und der optionale Schwarz-Weiß-Filter ist eine Hommage an den legendären Regisseur Akira Kurosawa. Marc Bohländer

Sony

Iron Man VR

Iron Man VR

Wanstrammeln

Entwickler: Camouflaj, Publisher: Sony, Plattform: Playstation VR, Preis: 40 €

Computerspiele mit einer VR-Brille zu spielen, beschert ganz neue Ebenen der Immersion. Das ist natürlich immer gut – aber ganz besonders interessant, wenn man einen Superhelden wie Iron Man steuern darf. Oder besser gesagt nicht mehr nur seine Rolle einnimmt, durch eine Fernseh- oder Monitorscheibe getrennt. Stattdessen ist man mit einer mittlerweile durchaus erschwinglichen Virtual-Reality-Brille mittendrin statt nur dabei. Nur Momente nachdem mein Kumpel mir die Brille aufgesetzt und die waffeleis-förmigen Controller in die Hände gedrückt hat, brause ich auch schon durch den Himmel über Malibu und fege über das weitläufige Anwesen von Tony Stark. Die Steuerung ist eigentlich gar nicht so schwierig, sondern intuitiv. Aber die Eindrücke sind zahlreich, zu zahlreich. Nachdem ich ein paarmal gegen große Felsbrocken an der kalifornischen Küste gedonnert bin, habe ich so langsam den Bogen raus und mache mich an die erste Mission. Irgendein Bösewicht hat einen Jumbo-Jet manipuliert, der nun führerlos durch den Luftraum fliegt. Ich gebe mit Iron Mans – nein, meinen – Schubdüsen voll Stoff und jage der Maschine hinterher. Ich bin im Wohnzimmerstuhl berauscht von der Geschwindigkeit, möchte jauchzen und noch schneller fliegen. Irgendwann stoppe ich den Jumbo, Mission erfüllt. Mit rammeligem Wanst und viel Adrenalin im Blut kehre ich wieder in die Realität zurück. Darauf einen Dujardin. Marc Bohländer

Sony

F1 2020

F1 2020

Teamwork

Publisher: Codemasters, Preis: 59 €

Vorsprung durch Technik: Im Gegensatz zum realen Grand Prix kann der virtuelle in diesem Jahr wie gewohnt stattfinden. Codemasters sichert sich dabei erneut die Pole Position im Konsolensektor. Neben dem alljährlichen Update bietet »F1 2020« mit dem »My Team«-Modus eine echte Bereicherung. Endlich kann man sein eigenes Team zum Sieg führen, Trainingspläne erstellen, Sponsoren wählen, Forschungsschwerpunkte setzen und den Bartwuchs des Fahrers bestimmen. Überhaupt ist »F1 2020« ein Vorbild in Sachen Einstellungsvielfalt: Ob drei oder volle fünfzig Runden, Bremshilfe, Ideallinie, Traktionskontrolle – alles lässt sich in den umfangreichen Menüs an das eigene Fahrvermögen anpassen. Wer sich von den Möglichkeiten überfordert fühlt, findet eine Vielzahl an Voreinstellungen. Damit ist die Rennsimulation gleichermaßen anspruchsvoll wie einsteigerfreundlich. In der Qualifizierung hat man viel Zeit, sich die Kurven einzuprägen und den richtigen Bremsmoment abzupassen, bevor es an den Start der 22 Kurse geht. Fehler bestraft die Simulation sofort, bietet aber mit der genretypischen Rückspulfunktion die Möglichkeit, daraus zu lernen. Das alles sieht gewohnt gut aus und wird durch historische Flitzer und ikonische Rennereignisse erweitert. Als Gesamtpaket ist »F1 2020« weiterhin der Genreprimus und hat sich den Platz auf dem Siegertreppchen redlich verdient. Lars Tunçay

Codemasters

Terminator: Skynet (1996)

Terminator: Skynet (1996)

Der Klassiker

Heutige Spieler kennen Bethesda durch die »Elder Scrolls«-Reihe. Dabei begann das US-amerikanische Entwicklerstudio seine Geschichte mit dem Terminator-Franchise, das es in mehreren Ego-Shootern umsetzte. Ihren Abschluss und Höhepunkt fand die Reihe in »Terminator: Skynet«. Bethesdas hauseigener Grafikmotor XnGine ließ Konkurrenten wie das ebenfalls 1996 erschienene »Duke Nukem 3D« alt und die Killer-Roboter umso furchterregender aussehen: Dreidimensionale Gegner, eine Auflösung von 640 mal 480 Bildpunkten in Kombination mit dem Original-Terminator-Soundtrack sorgten für Gänsehaut. Dazu führte Bethesda die Steuerung über die Tasten WASD ein, die bis heute Shooter-Standard ist. Im Mehrspielermodus konnten sich Spieler mit Jeeps und Jets beharken. Große Level-Areale und teils zerstörbare Levels zeigten, dass die »Elder Scrolls«-Macher am Werk waren. Ursprünglich sollte der Terminator-Grafikmotor noch in »The Elder Scrolls 3: Morrowind« werkeln, am Ende entschieden sich die Entwickler aber für die neuere Gamebryo-Engine. Die hat mittlerweile schon mehr als zwanzig Jahre auf dem Buckel, vom früheren technischen Glanz ist nichts mehr übrig. Nach dem Fiasko um das Onlinespiel »Fallout 76« braucht das Studio dringend einen neuen Hit. Vielleicht ja mit einem neuen Terminator? Denis Gießler

House of the Dead (1996)

House of the Dead (1996)

Der Klassiker

Für Jugendliche aus Japan ist es bis heute selbstverständlich, in die Videospielhalle zu gehen. Die blinkenden Arcade-Automaten, die unersättlich nach Münzgeld verlangen, sind ein sozialer Treffpunkt für die ganze Familie. Ein Highlight der Arcade-Spiele in Japan war das im September 1996 ausgelieferte »House of the Dead«. Das Zombie-Spiel wurde von den Sega-Entwicklern in nur 15 Monaten zusammengezimmert und war ein sogenannter Rail-Shooter. Zwei Spieler bewegten sich aus der Ego-Perspektive auf festgelegten Bahnen durch das namensgebende Herrenhaus, in dem das Böse hauste. »Resident Evil«, das ein halbes Jahr zuvor erschienen war, hatte Zombies in Videospielen wiederbelebt und war langsamer und taktischer. »House of the Dead« hingegen war eine Achterbahnfahrt mit sensationeller Grafik. Eine Achterbahnfahrt, die Spieler in Deutschland in Arcade-Form niemals sehen sollten. Nicht nur, dass Videospielhallen seit Mitte der achtziger Jahre stigmatisiert und praktisch kaum noch existent waren. »House of the Dead« ist bis heute indiziert. Dem Einfluss des Shooters hat das nicht geschadet. Zombie-Vater George A. Romero sagte 2013 in einem Interview, erst »Resident Evil« und »House of the Dead« hätten sein Zombie-Konzept in der Popkultur des 21. Jahrhunderts beliebt gemacht. Denis Gießler

Golf on Mars

Golf on Mars

Deswegen Raumfahrt

Plattform: PC, Android, iOS, Preis: 3 €

Wir müssen uns Sisyphos als einen passablen Golfspieler vorstellen. Müsste er jeden Morgen mit der Bahn zum Felsen fahren, er würde unterwegs »Golf on Mars« spielen. Es ist die Fortsetzung des enigmatischen »Desert Golfing« – eines Titels, der seine Spieler immer im Ungewissen ließ, inwiefern er lohnende Unterhaltung oder ein spielbarer Witz war. Auf dem Mars mag die Gravitation geringer sein, die Gravitas bleibt dieselbe. Erst kichern Spieler, dann versinken sie in eine Art Trance, zehn Minuten später bekommen sie einen Wutanfall, weil sie drei Pixel zu weit nach rechts geschlagen haben und der Ball langsam, unaufhaltsam einen Berg hinunterrollt. Die Prämisse: in einer praktisch unendlichen Weite Golf spielen und dabei immer weiter von links nach rechts wandern. Die Landschaft ist zufallsgeneriert und einige Löcher sind trivial einfach, andere schlicht unmöglich. Anfangs ist es noch interessant, das eigene Handicap im Auge zu behalten. 100 Löcher in unter 300 Schlägen? Respekt! Aber die Zahl läuft auf kein Ziel zu. Sie bedeutet nichts. Das Geheimnis hinter der Leere des Golfspielens ist das Geheimnis hinter allem. Zuerst können Spieler dieses Spiel hinterfragen, seine Sinnlosigkeit entlarven, dann können sie die Parallelen zum Rest ihres Lebens ziehen. Und dahinter? Ist es befriedigend, die Schläge auf dem Touchscreen aufzuziehen und dann gefühlvoll schnacken zu lassen. Das reicht. Jan Bojaryn

Endzone: A World Apart

Endzone: A World Apart

Schön verstrahltes Städtchen

Entwickler: Gentlymad Studios, Plattform: PC, Preis: 24 €

Im Aufbaustrategiespiel »Endzone« geht es um das Überleben einer Siedlung aus Schrott und Holz in einer lebensfeindlichen, post-apokalyptischen Welt. Die Menschen kehren 150 Jahre nach einer atomaren Katastrophe an die Oberfläche zurück. Die Aufgabe des Spielers ist es, die Versorgung einer Kolonie sicherzustellen. Wasser und Nahrung haben Priorität, Wälder und die Überreste der Zivilisation liefern die wichtigsten Baumaterialien. Später recycelt man Schrott, um Plastik, Stoff, Metall oder elektronische Bauteile herzustellen, die man wiederum zu Werkzeugen, Schutzkleidung und in fortschrittlichen Gebäuden weiterverarbeitet: Schulen und Krankenhäuser etwa, ein Solarkraftwerk oder eine Wetterstation. Denn das Wetter ist der Hauptgegner des Spielers. Dürren und Sandstürme machen ihm das Leben schwer. Und wenn es regnet, ist das lebensspendende Nass oft kontaminiert. Um stets ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu haben, gilt es, die Siedler entsprechend zu organisieren: Kann ich auf einen Wasserträger verzichten, um ihn als Schneider einzusetzen? Zwischen anfangs 15 und selten über 300 Einwohner leben in unserem verstrahlten Städtchen, das dank hübscher Grafik trotz des apokalyptischen Szenarios schön anzusehen ist. Noch befindet sich das Spiel der Wiesbadener Gentlymad Studios im Early Access, mit einem Endlosspiel und verschiedenen Szenarien hat »Endzone« aber schon jetzt eine Menge zu bieten. Alexander Praxl