IRN 2023, R: Ali Asgari, Alireza Khatami, D: Sadaf Asgari, Gohar Kheirandish, Farzin Mohades, 77 min
Ali Asgaris und Alireza Khatamis Film »Irdische Verse« ist in zehn Sequenzen untergliedert, die jeweils mit einer einzigen Kameraeinstellung auskommen, die jeweils einen Protagonisten oder eine Protagonistin ins Bild rückt und deren Dialogpartner lediglich akustisch erfasst. Fünfmal stehen Frauen im Mittelpunkt, fünfmal sind es Männer, die ihre Probleme mit den staatlichen und religiösen Bestimmungen im Iran haben. Wir sehen beispielsweise einen Vater, der seinen neugeborenen Sohn David nennen möchte, was abgelehnt wird, weil es sich dabei um einen westlichen Namen handelt. Ein junges und selbstbewusstes Mädchen muss sich in einem Bekleidungsgeschäft für die Einschulung mit traditionellen Gewändern ausstatten lassen, die ihr überhaupt nicht gefallen. Eine junge Frau bei einem Bewerbungsgespräch wird mit immer persönlicheren Fragen drangsaliert und soll dem Firmenchef schließlich auch körperlich immer näher kommen. Ein Mann muss zur Aushändigung seines Führerscheins eine Rechtfertigung über die Tätowierungen ablegen, die seinen Körper zieren – und diese auch allesamt enthüllen, ungeachtet der Schamgrenze, die dabei überschritten wird. Immer wieder wird hier deutlich, wie fremdbestimmt insbesondere Frauen im Iran zu handeln haben, wie abhängig viele Menschen von den Hierarchien sind, seien es diejenigen offizieller Stellen des Landes oder innerhalb privat geführter Unternehmen. Etliches davon ist überaus humorvoll inszeniert, gerade weil es oft so absurd anmutet. Aber hinter alldem steckt leider ein bitterer Realismus, bei dem einem das Lachen schnell im Hals steckenbleibt. Frank Brenner