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Rezensionen

Astro Bot

Astro Bot

Entwickler: Team Asobi, Publisher: Sony, Plattform: PS5, Preis: 59,99 €

Lange genug hat es ja gedauert. Bereits nach seinem Debüt in »Rescue Mission« 2018 war klar: Der knuffige Roboter Astro Bot ist eigentlich wie geschaffen für die Rolle des Playstation-Maskottchens. Die clevere Kombination aus perfekter Spielbarkeit, motivierenden Rätseln und einem Hauch von Videospiel-Nostalgie schrie förmlich nach einem großen Abenteuer. Stattdessen wurde der Roboter allerdings zur Servicefachkraft degradiert und durfte in allzu kurzen Demos neue Hardware wie die PSVR oder die Vorteile des neuen Dualsense Controllers vorführen. Zum 30. Geburtstag der Playstation macht Sony nun uns allen ein Geschenk: Der dritte – und erste vollwertige – Auftritt von »Astro Bot« ist perfektes Futter für alle Fans von Jump’n’Runs, die immer neidisch in Richtung Nintendo schielten. Das Ideenfeuerwerk, welches das japanische Entwicklerteam Asobi in den 80 Leveln abfeuert, kann es mit dem prominenten Klempner durchaus aufnehmen. Die Reise durch die sechs Galaxien auf der Suche nach den 300 Bots sorgt mit frischen Ideen für ein Dauergrinsen. Die Levels sind angenehm zugänglich, die Spezialwelten und die Jagd nach wirklich allen Geheimnissen fordern und motivieren durchgängig. Die Musik fetzt und die Grafik strotzt nur so vor liebevollen Details. »Astro Bot« ist herrlich verspielt und der vielleicht beste Titel der aktuellen Playstation-Generation. Dem putzigen kleinen Bot könnte also vielleicht doch noch ein fester Platz in der Videospielhistorie der Japaner zukommen. Verdient hätte er es allemal. Lars Tunçay

AI Space Puzzle

AI Space Puzzle

Autoren: Katarzyna Cioch, Mateusz Wolski, Sylwia Smolinska, Wojciech Wisniewski, Publisher: Smart Flamingo/Pegasus Spiele, Preis 25 €

Auch Brettspiele lieben nichtssagende Namen. Was verbirgt sich hinter diesem Wortsalat? Viel Spaß beim Raten: »AI Space Puzzle« hat nur oberflächlich mit Künstlicher Intelligenz oder Weltraum zu tun und es ist kein Puzzle. Die Hilflosigkeit des Titels passt allerdings gut zu dem, was Menschen fühlen, die sich diesem kompakten und schnellen Brettspiel für zwei bis fünf Menschen ab 10 Jahren aussetzen. Grundsätzlich spielen alle zusammen: Ein Raumschiff explodiert bald, der Schiffscomputer ist kaputt, und es bleiben nur eine Handvoll Spielrunden für den rettenden System-Neustart. Ein Mensch muss die kaputte KI mimen und sehr spezifische Anweisungen geben: Bestimmte Personen mit bestimmten Schlüsseln müssen bestimmte Räume im Schiff aufsuchen, um den manuellen Reboot auszulösen. Leider ist aber die KI beschädigt und deswegen nicht so leicht zu verstehen. Sie kommuniziert nur mit einer Reihe von frei arrangierbaren Bild- und Symbolplättchen. Deswegen fallen die Anweisungen eigentlich immer missverständlich bis kryptisch aus. Wer die KI spielt, darf nur Plättchen legen und soll sich nach Möglichkeit nicht einmal die Haare raufen, wenn die Menschen alles spiegelverkehrt auslegen oder sich blöd anstellen. Frustration ist ein fester Bestandteil des Spiels; doch für Menschen, die gern hadern und um Sinn ringen, ist es eine Offenbarung. Und wenn sich nach einigen Runden so etwas wie ein Symbolverständnis einstellt, ist die Freude noch größer. Jan Bojaryn

The Witcher 3 (2015)

The Witcher 3 (2015)

Gundel Gaukelei, Bibi Blocksberg, die Hexen von Eastwick: An Hexen mangelt es in der Popkultur nicht. Männliche Pendants, also Hexer, gibt es hingegen fast keine. Zum Glück ist da ja diese »Witcher«-Reihe mit dem Hexer Geralt, die mit dem hervorragenden »The Witcher 3« ihren Abschluss fand. Zu dem Zeitpunkt war auch der Titel verarbeitet: »Witcher« ist eine Wortneuschöpfung, die ein bisschen nach männlichen Hexen klingt, aber auch so, als würde da jemand witchen. Auch Geralt ist kein sonderlich spannender Name. Ja, immer noch besser als Harald oder Ronald. Zumindest der Nachname gibt dem Hexer ein wenig Glanz: von Riva, oder wie Geralt genervt sagt: »von Scheißriva«. In der »Witcher«-Welt sind Hexer sterile und garstige Gestalten, die durchs Unterholz robben und für Geld Monster töten. Anders als Zauberinnen beherrschen sie nur niedere Magie, kennen sich dafür aber exzellent mit Alchemie und Schwertern aus. Auch wegen ihrer gelben Augen bezeichnet die Gesellschaft sie abfällig als »Mutanten«. Und Geralt, dieser Antiheld, ist genau das, was »The Witcher 3« außergewöhnlich macht. Er ist keine leere Projektionsfläche für Spieler, die es gewohnt sind, als strahlende Helden die Welt zu retten. Sie müssen sich auf Geralt und diese feindselige Welt einlassen. Am Ende zahlt es sich aus – wenn Geralt mehr Menschlichkeit zeigt als die Menschen selbst. Denis Gießler

Metaphor: Refantazio

Metaphor: Refantazio

Entwickler: Atlus, Publisher: Sega, Plattform: Playstation 4/5, Xbox Series X/S, PC, Preis: 70 €

An dieser Stelle müsste eine Rezension für das Spiel »Metaphor: Refantazio« stehen, ein völlig zu Recht allseits gefeiertes Rollenspiel eines renommierten japanischen Studios. Doch es ist vielleicht schwer, über ein Spiel zu reden, das so heißt, ohne zuerst den Titel zu verarbeiten. Für einen großen, eingeweihten Fankreis japanischer Popkultur klingt er normal. Wild montierte englische Wörter sind bei Anime oder Manga normal. Doch was ist mit den Uneingeweihten? Den Rest der Menschheit dürfte so ein Auffahrunfall bedeutungsschwerer Wortbestandteile hilflos zurücklassen. Die Erklärung ist deprimierend einfach: Das Spiel ist im Ganzen als eine Metapher angelegt und es versucht außerdem, Fantasy neu zu denken. Der Titel ist also logisch. Er ist halt nur schlecht – für englische Muttersprachler klingt er unfreiwillig komisch, für alle anderen kryptisch. Nicht, dass westliche Spieletitel einladender wären. Der kreuzer hätte auch »Diablo IV: Vessel of Hatred« rezensieren können. Doch erstens ist der Inhalt von »Metaphor« besser und zweitens ist es auch unter den japanischen Rollenspielen ein Sonderfall: Es gehört in die Reihe japanischer Spieltitel, die ihre Inhaltsangabe auf der Zunge tragen: »Octopath Traveller«, »Triangle Strategy« und »Infinite Undiscovery« sind alle wirklich erschienen. Die Hürde ist tragisch, denn japanische Fantasy wie diese wäre für ein viel größeres Publikum interessant. Ständig tauchen Begriffe und Motive der europäischen Kulturgeschichte auf, aber anders. Städte mischen in japanischen Rollenspielen gerne alles von Gotik bis Gründerzeit, Charaktere heißen Chopin oder Siegfried. Die Respektlosigkeit wirkt erfrischend. Jede Bedeutung kann sich hier gewandelt haben. Und mit diesen Bezügen werden weite Bögen gespannt, große philosophische Fragen gewälzt, Charaktere in Ruhe entwickelt. Je freier die Inspirationen gesampelt werden, desto origineller kann das Ergebnis ausfallen. (...) Jan Bojaryn

Reka

Reka

Entwickler: Emberstorm Entertainment, Publisher: Fireshine, Plattform: PC, Preis: 20 €

Computer sind Hexenwerk. Da läuft eine junge Frau durch einen osteuropäischen Mischwald bei Barzlin, überquert eine schmale Brücke über den schlammigen Fluss, und dann erhebt sich vor ihr einfach so ein Haus, steht auf mächtigen Hühnerbeinen da. Was sagt man da? »Sitz«, sagt die Titelheldin in dem Berliner Indie-Spiel »Reka«, denn das Haus gehört ihr; sie lebt darin in einer Zweier-WG mit der Hexe Baba Jaga. Die Spielidee ist so einleuchtend, dass es sich anfühlt, als hätte es das schon viel länger geben müssen. Reka kommt eines Abends wie gerufen zu der alten mürrischen Frau im Wald, vor der alle im Dorf sie warnen – und dann wird in einem Ritual die Hütte wieder belebt. Nun reiten Reka und die Baba Jaga in ihrem gemütlichen Haus auf Hühnerbeinen durch weite Wälder, einen wilden Fluss entlang. In der Nähe von Dörfern machen sie Halt. Reka lernt die Wünsche und Ängste der Menschen kennen, kann mehr oder weniger hilfreich sein – und beispielsweise eher zu Menschen oder zu Raben nett sein. Sie wird mächtiger, dekoriert und baut die Hütte aus. »Reka« funktioniert als heidnischer Bildungsroman mit feministischer Pointe ganz hervorragend. Noch nicht ganz so gut funktioniert es leider technisch. Das Spiel ist bisher nur als Vorabversion erhältlich, braucht einen halbwegs leistungsstarken PC und lässt dann teilweise offen, was Magie und was ein Grafikfehler ist. 2025 soll die Hütte richtig rund laufen. Jan Bojaryn

Star Wars Outlaws

Star Wars Outlaws

Entwickler: Massive Entertainment, Publisher: Ubi Soft, Plattform: PC, PS5, Xbox Series X/S, Preis: 54,99 €

Macht- und Laserschwertduelle unter den Jedi mögen ja durchaus ihren Reiz haben. Insgeheim schlägt das Herz vieler Star-Wars-Fans aber doch eigentlich für die Underdogs. Die dreckigen Winkel des Universums, gierige Kopfgeldjäger, hinterlistige Schurken: Die Welt von Han Solo und dem Mandalorian spielt sich in der Grauzone zwischen der hellen und der dunklen Seite der Macht ab. Wie viele andere in dieser Galaxie will Kay Vess eigentlich nur überleben. Also zieht sie den Kopf ein, wenn sie imperiale Truppen passiert, nutzt aber jede sich ihr bietende Gelegenheit, um Profit und sich einen Namen unter den Syndikaten zu machen. Ihr zur Seite steht dabei Nix, ein niedliches Alien mit großen Augen, das wendig durch Lücken schlüpft, Schalter betätigt und dem ein oder anderen imperialen Offizier die dringend benötigte Keycard abluchst. So bleibt das Duo bei seinen Raubzügen bestenfalls unbemerkt – und wenn doch einmal der Alarm schrillt, nimmt man besser die Beine in die Hand und sucht mit dem Speederbike das Weite. Die offene Spielwelt bietet dazu ausreichend Möglichkeiten. Bekannte Schauplätze wie Tatooine und Toshara sind belebt mit Städten und Stationen und den Außenposten der Clans, die man gegeneinander ausspielen kann. Daneben gibt es Open-World-typisch unzählige Angebote, die von der Hauptstory ablenken. »Star Wars Outlaws« gewinnt sicher keinen Innovationspreis, spielerisch war alles schon mal da und meist besser – aber eben nicht im so reichhaltigen Star-Wars-Universum. Lars Tunçay

Closer the Distance

Closer the Distance

Entwickler: Osmotic Studios, Publisher: Skybound Games, Plattform: PC, Playstation 4/5, Xbox One/S/X, Preis: 20 €

Wenn Menschen sterben, hinterlassen sie einen Krater. Für Nachbarn, Verwandte und Geliebte verschwindet plötzlich ein Teil der Welt in einem unaussprechlichen, tabuisierten Loch. Die Situation ist unmöglich, absurd, und für jeden Menschen anders. Das kleine Hamburger Spiele-Studio Osmotic hat einen ehrgeizigen, aber auch sehr einleuchtenden Weg gefunden, diesen Krater darzustellen. In »Closer the Distance« ergreift die Trauer ein ganzes Dorf: Eine junge Frau aus dem verschnarchten Yesterby ist bei einem Unfall gestorben. Sie ist nun eine Art Geist, eine körperlose Stimme, die das Dorf von oben sieht. Sie kann zwar nicht mehr direkt eingreifen, darf den Hinterbliebenen aber Handlungsempfehlungen einflüstern. Und deswegen sieht »Closer the Distance« von Weitem so aus wie »Die Sims«. Wie eine Modellbaustadt liegt Yesterby da. Wir springen durch die Trauergemeinde, verbringen einen Großteil der Zeit mit Zuhören, helfen Menschen beim Erreichen größerer Ziele und der Befriedigung kleinerer Bedürfnisse. Die Idee behält etwas Absurdes, sie reibt sich ein wenig an dem sehr realistischen Charakterensemble. Dazu sind die Dialoge oft etwas hölzern, plakativ wie in einem Jugendroman. Doch genau so funktioniert das Spiel. Es ist tatsächlich eine Art »Trauer-Sims«, das auf eine smarte und direkte Art dazu einlädt, über die eigenen Bedürfnisse nachzudenken und sich um andere Menschen zu kümmern. Jan Bojaryn

Nobody wants to die

Nobody wants to die

Entwickler: Critical Hit Games, Publisher: Plaion, Plattform: PC, PS5, Xbox Series X/S, Preis: 24,99 €

Es könnten die vierziger, fünfziger Jahre sein: Ein abgehalfterter Detektiv sitzt in einer alten Benzinschleuder in einem Autokino. Vor ihm flimmert ein schwarzweißer Krimi durch die verregnete Scheibe, neben ihm eine verführerische Blondine im Abendkleid. Die beiden tauschen trockene Sprüche aus, als plötzlich das Bild zerreißt und die Illusion verblasst. Die blonde Frau ist tot und die Welt aus den Fugen. Unter dem Helden liegt wortwörtlich ein Abgrund, denn das alte Automobil steuert hoch oben durch einen Irrgarten von Wolkenkratzern, die sich vor dem stets nachtschwarz-verregneten Himmel abzeichnen. Eine Welt direkt aus Philip K. Dicks »Blade Runner«, mitsamt einer holografischen Schönheit, die zwischen den Häuserschluchten lebt. Der Protagonist James Karra trinkt, um zu vergessen und den Schmerz zu betäuben, den der neue Körper mit sich bringt. In der Welt, in der er lebt, ist die Unsterblichkeit längst Realität: Wer es sich leisten kann, kauft sich einfach einen neuen Körper, wenn der alte versagt. Aber dieser hier ist ein Billigmodell vom Second-Hand-Markt und so schluckt James Pillen, sein körperlicher und geistiger Zustand zerfallen zunehmend, während er sich auf die Suche nach einem Serienmörder macht. Der Fall ist kompliziert und atmosphärisch dicht inszeniert. Man verliert sich gern für zwei, drei Abende in dieser Welt aus Schatten und Hologrammen. Dann ist auch schon das unausweichliche Ende da. Lars Tunçay

L.A. Noire (2011)

L.A. Noire (2011)

Der Klassiker

Das Wörtchen »Noire« (dt. schwarz) umreißt ziemlich gut, was es mit diesem Videospielkoloss namens »L.A. Noire« auf sich hat. Ganze sieben Jahre war das erste und einzige Spiel vom australischen Entwickler Team Bondi in Entwicklung. Noire war nicht nur die namensgebende Stadt Los Angeles im Jahr 1947, sondern auch die Arbeitsbedingungen. Als Polizist Cole Phelps fahren Spielerinnen und Spieler durch L. A. und lösen Kriminalfälle. Anders als in den »GTA«-Spielen ist die Metropole kein riesiger Sandkasten, in dem sich Spielende austoben können, sondern eine Kulisse: Man fährt – ähnlich wie in »Mafia« – von Schauplatz zu Schauplatz. Schwerpunkte sind die Spurensuche und das Verhör, für beides betrieb Team Bondi einen irrsinnigen Aufwand: Mehr als 400 Schauspielerinnen und Schauspieler wurden angeheuert, 32 Kameras filmten sie von allen Seiten ab. Dadurch sollten die Spielfiguren eine glaubhafte Mimik bekommen. Trotz des immensen Aufwands schreien die Figuren heute eher »Uncanny Valley«. Und auch die Entwickler schrien. Denn der Studioboss verkalkulierte sich mit seiner Vision, es kam zu 100-Stunden-Wochen, erzählten Entwickler später. Vielen von ihnen wurde durch die Firmenpleite kein Lohn mehr gezahlt. Was bleibt: »L.A. Noire«, dieser sperrige Koloss. Denis Gießler

XIII (2003)

XIII (2003)

Der Klassiker

»XIII« ist verflucht. Zwar ist der Ego-Shooter nicht am Freitag, den 13. erschienen. Dennoch wird das Spiel seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2003 vom Pech verfolgt. Dabei ist es einzigartig: Der lebendig gewordene Comic jagt Spielerinnen und Spieler durch blutgetränkte und verschwörerische Vereinigte Staaten. »XIII« orientiert sich lose an belgischen Comics von 1984, die sich um US-Verschwörungen drehen und in deren Zentrum eine Spielfigur mit Gedächtnisverlust steht. Ubisoft griff die Vorlage perfekt auf und zauberte einen linearen Ego-Shooter – ganz ohne Open World! –, der es im Vergleich zur Konkurrenz leicht hätte haben sollen. Damals herrschte die »Killerspiel«-Debatte, fast jeder Shooter wurde indiziert. Wegen seiner Comic-Optik war »XIII« den Behörden aber wohl harmlos genug. Und so wurden auch in Deutschland Kopfschüsse in Großaufnahme gezeigt. »XIII« machte alles richtig und floppte trotzdem. Das Spiel verkaufte sich nicht. Und das Unheil ging weiter. 2020 erschien ein Remake des Kultspiels in einem desolaten Zustand. Es wurde sogar von Fans zerrissen. Knapp zwei Jahre später kam ein Remake des Remakes, das zwar besser war, aber immer noch nicht so gut wie die Version von 2003. Vielleicht ist »XIII« gar nicht verflucht. Vielleicht steckt Absicht dahinter; eine große Verschwörung! Denis Gießler

Paper Mario: Legende vom Äonentor

Paper Mario: Legende vom Äonentor

Entwickler: Intelligent Systems / Publisher: Nintendo / Plattform: Switch / Preis: 60 €

Gerade Nintendo hat einen dermaßen reichen Schatz an spielerischen Juwelen, dass es durchaus Sinn ergibt, sie neuem Publikum zugänglich zu machen. Zumal wenn es sich um einen Titel der eher glücklosen Game-Cube-Ära handelt. »Paper Mario: Die Legende vom Äonentor« gilt als beliebtester Teil der mittlerweile sechs Episoden umfassenden Rollenspielserie. Wie bei Nintendo üblich, wurde das zwanzig Jahre alte Abenteuer für die Switch liebevoll überarbeitet. Neben der nun wesentlich plastischer wirkenden Grafik versah man die Welten mit Schnellreiseröhren und spendierte einen neu orchestrierten Soundtrack. Auf der Spiel- und Handlungsebene bleibt alles beim Alten. So beginnt die Reise in Rohlingen, wo Prinzessin Peach eine Schatzkarte entdeckt hat. Sie zitiert Mario herbei, bleibt aber zunächst verschwunden. Tatsächlich erlebt sie ihr eigenes Abenteuer, das zwischendurch immer wieder in die Story klappt. Mario ist unterdessen damit beschäftigt, die Bewohner kennenzulernen, sich in Rundenkämpfen der Gegner zu erwehren und die Geheimnisse der Welten zu erforschen. Immer neue Mitglieder stoßen zur Party. Deren Fähigkeiten zum Vorwärtskommen sind entscheidend, um dem General der Crucionen, der das Äonentor öffnen und das Pilzkönigreich an sich reißen will, das Handwerk zu legen. Das bleibt immer einsteigerfreundlich und nie zu fordernd. Die Welten sind mit viel Liebe gestaltet und der Humor hebt sich angenehm vom Nintendo-Kanon ab. Ein zeitloser Klassiker. Lars Tunçay

Kunitsu-Gami: Path of the Goddess

Kunitsu-Gami: Path of the Goddess

Entwickler & Publisher: Capcom / Plattform: PC, Xbox One+, PS4+ / Preis: 50 €

Wie ein faulig-frischer Wind aus einer entlegenen japanischen Bergregion weht dieses unerhörte Spektakel auf die Spielkonsole. »Kunitsu-Gami: Path of the Goddess« handelt davon, wie eine junge Frau die Dörfer auf den Hängen des Berges Kafuku von einer dämonischen Verseuchung befreit. Sie tut das auf eine für Japan sehr traditionelle Art und Weise: durch die Aufführung einer rituellen Tanz-Prozession, so ähnlich auch in echt als Kagura bekannt. Dass Spielekonzern Capcom das folkloristische Grauen zu einem sehr speziellen Strategie-Actionspiel formt, ist dabei keine Überraschung. Aber dass so etwas einfach außerhalb Japans veröffentlicht und eher nüchtern übersetzt wird, ist vielleicht schon eine. Es setzt eine gewisse Vorkenntnis voraus, wenn das Spiel nicht einfach nur als weird und exotisch abgetan werden soll. Und eine gewisse Hingabe setzt das Spiel auch voraus. Einfach gesagt mischt es altmodische, rhythmische Actionkämpfe mit Tower Defense, also mit der Platzierung von Verteidigern, um gegnerische Angriffswellen zu überstehen. Tagsüber werden der Weg für die Prozession freigelegt, die widerliche Verseuchung vom Berg gewedelt und die Einheiten zugewiesen. Nachts bricht dann das knöcherne Tor ins Grauen auf und eine wirklich fantasievoll gestaltete, rundum unappetitliche Brut bricht hervor. Und dann müssen wir zu perkussiver Musik mit der Klinge durch die Gegner tanzen. »Kunitsu-Gami« ist ein Erlebnis. Jan Bojaryn

Zwei Serious Games zur Weimarer Republik

Zwei Serious Games zur Weimarer Republik

Friedrich Ebert – Der Weg zur Demokratie. Mit Handreichung zum Unterricht unter: https://ebert-gedenkstaette.de/das-spiel/ Mission 1929 – Freiheit unter Druck. Mit Handreichung zum Unterricht unter: https://www.mission1929.de/

Auf dem Schreibtisch herrscht Stau. Das war vor hundert Jahren nicht anders. Friedrich Ebert, erster Reichspräsident der Weimarer Republik, ist dem Ideal der Inbox Zero nie besonders nahe gekommen. Das ist eine wesentliche Erkenntnis des Serious Games »Friedrich Ebert – Der Weg zur Demokratie«. Das ganze Spiel dreht sich um den Blick auf seine Tischplatte, auf der stets mehr Briefe eintreffen, als Ebert bearbeiten kann. Schülerinnen und Schüler müssen sich taktisch klug zwischen die Stühle setzen – so wie es der echte Ebert versucht hat. Einerseits ist das Browserspiel genau deswegen spannend; es besteht eigentlich nur aus kniffligem Abwägen, aus interessanten Entscheidungen. Es ist ein interaktives Was-wäre-wenn-Spiel mit der Geschichte, auch für Erwachsene spannend. Allerdings ist es damit weit von dem entfernt, was Leute so mit Videospielen assoziieren: Weltflucht, Action, Zerstreuung. Ist das für Schulen nicht etwas dröge? Nur Briefe lesen und entscheiden? Martin Thiele-Schwez, Gründer und Chef des Berliner Studios Playing History, widerspricht: »Selbstverständlich können gut geschriebene Texte unterhaltsam sein«, denn sonst »würde es keine Bibliotheken geben«. Natürlich sei der Titel »kein Casual Game« und verlange eine Bereitschaft, »in die Inhalte einzutauchen«. Aber dann entstehe Spielspaß. Schreibtisch, Küchentisch: So sieht Politik aus Das weiß er aus Erfahrung. Playing History entwickeln seit Jahren und mit einigem Erfolg Serious Games für Stiftungen, Museen und andere Institutionen. Unter anderem haben sie die Visual Novel »Herbst 89 – Auf den Straßen von Leipzig« für das Deutsche Historische Museum entwickelt. Für Thiele-Schwez gehört es zu »validem Game-Design«, dass Spiele »mit der Zielgruppe getestet« werden. Für »Friedrich Ebert« wurden Illustrationen, Sprache und Gameplay in Testläufen mit Schulklassen weiterentwickelt und hinterfragt. Das Ergebnis kommt sehr gut an, hat unter anderem den Deutschen Computerspielpreis 2024 (...) Jan Bojaryn

Duck Detective – The Secret Salami

Duck Detective – The Secret Salami

Entwickler/Publisher: Happy Broccoli Games, Plattform: Xbox One, Xbox Series X|S, PC, Switch, Preis: 10 €

Finstere Machenschaften laufen da im Hintergrund von Bear Bus. Jemand setzt den Chef-Bären Manfred Ernst unter Druck. Seine Fahrzeuge werden genutzt, um hochwertige Salami über die Grenze zu schmuggeln. Ist Krokodil Freddy Frederson in die Sache verwickelt oder versucht jemand, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben? Und wer zur Hölle hat eine Ente engagiert, um den Fall zu lösen? Als »Duck Detective« Eugene McQuacklin verhören wir die Angestellten im Callcenter, sondieren die Hinweise und ziehen die Schlüsse. All das ist in einem höchst charmanten Comic-Look im Stil der »Paper Mario«-Titel gestaltet und mit zahlreichen Absurditäten gespickt. Der Titelheld ist ein abgebrannter Privatschnüffler direkt aus einem Raymond-Chandler-Roman, mit einer ungesunden Neigung zu Brotkrümeln. Er ist wie alle Gestalten in der Firma kongenial vertont, ebenso wie die Texte (leider nur auf Englisch; an einer deutschen Fassung wird laut Entwickler gearbeitet). Immerhin hat die internationale Ausrichtung funktioniert: Das Berliner Indiestudio Happy Broccoli, das 2022 den Deutschen Computerspielpreis fürs beste Game-Design erhielt, sorgt mit »Duck Detective« verdientermaßen für Aufsehen und Bestnoten. Leider ist der große Spaß viel zu schnell vorbei. Es bleibt zu hoffen, dass wir bald weitere Fälle mit der irren Ente lösen dürfen. Dieser Salami-Snack macht Lust auf mehr Lars Tunçay

Lorelei and the Laser Eyes

Lorelei and the Laser Eyes

Entwickler: Simogo, Publisher: Annapurna Interactive, Plattform: PC, Switch, Preis: 23 €

Die Entwicklung eines guten Spiels ist planbar. Es gibt Beispiele, Lehrsätze, Best Practices und Formeln. Und Spiele, die sich an den Plan halten, seien vor allem eines: »ziemlich langweilig«. Gesagt hat das Martin Rolén, Programmierer für das neue Rätselspiel »Lorelei and the Laser Eyes«. Er hat recht. Spielefans können das sofort nachfühlen – und wer im Leben mehr als fünf »Tatorte« oder mindestens drei Filme aus dem Marvel-Cinematic-Universe gesehen hat, kann es auch. Wer die richtigen Vorbilder imitiert, erhält verlässliche, aber überraschungsfreie Unterhaltung. Deswegen brauchen wir Spielestudios wie Simogo: zwei Künstler und eine Reihe von Kollaborateuren, die in Malmö auf sehr unaufgeregte Weise unerhörte Kunstwerke produzieren. Simogo machen Spiele, die sich erkennbar aufeinander beziehen, aber alle völlig anders aussehen. Abgründige Folklore in »Year Walk«, ausufernde Textlandschaften in »Device 6«, explodierender Pop in »Sayonara Wild Hearts« und jetzt die nächste Zumutung: ein einziges spielbares Fragezeichen. Es ist sehr leicht zu bedienen, jeder Knopf auf dem Controller macht exakt dasselbe; unmöglich fühlt es sich trotzdem an. Haben wir uns nicht irgendwo schon einmal gesehen? Anfangs steht eine Frau neben einem Auto im italienischen Wald. Wer auf eine Erklärung hofft, muss schon selbst darauf kommen, die Bedienungsanleitung aus dem Handschuhfach zu ziehen. Die Szene ist monochrom, das ganze Spiel schwarzweiß, nur Computerbildschirme und Augen leuchten rot. »Lorelei and the Laser Eyes« zitiert mit einem grob gerenderten Herrenhaus in dramatischen Kameraperspektiven den Horror-Klassiker »Resident Evil«. Aber es bezieht sich nicht nur auf andere Spiele. Der Schwebezustand in verschachtelten Meta-Geschichten fühlt sich bei Romanen von Paul Auster ganz ähnlich an. Und die Bildsprache mit erstarrten Menschen in barocker Umgebung ist sehr direkt vom Nouvelle-Vague-Filmklassiker »Letztes Jahr in Marienbad« abgeschaut. (...) Jan Bojaryn

The Neverhood (1996)

The Neverhood (1996)

Knete kann alles sein. Das verstehen Kinder, die aus ihren Gedanken Gegenstände formen. Das verstand auch der Künstler und Comiczeichner Doug TenNapel, der sich deswegen schon vor Jahrzehnten an dieser Idee abarbeitete: Ein Computerspiel aus Knete. Wer auf eine handgeformte Welt schaut, blickt aus der Wirklichkeit heraus in die Gedankenwelt eines anderen Menschen hinein. TenNapel hatte einerseits eine komplexe Schöpfungsgeschichte mit einem existenziellen Konflikt im Kopf, andererseits einen Haufen surrealen Slapstick. Mit seinem Team schuf er einen beunruhigenden Trip, der sich anfühlt, als würde Franz Kafka einen Witz erzählen. So liest sich leider auch TenNapels weiterer Werdegang – er fällt inzwischen vor allem als rechter Kulturkämpfer auf. Doch »The Neverhood« wirkt wie ein Artefakt aus einer weniger bestimmten Zeit. Knete ist formbar, und der Held der Geschichte – Klaymen – erwacht in verzogenen Räumen, leer und trostlos, voller absurder Rätsel. Durch wildes Herumklicken kann beispielsweise ein Zughebel dafür eingesetzt werden, mit einem riesigen Hammer eine Tür einzuschlagen. Das komplette Spiel folgt einer absurden Traumlogik. So ist ein frustrierendes, faszinierendes Kunstwerk entstanden, das heute höchstens noch beim Zugucken Spaß macht. Und eine Inspiration für andere, bessere Spiele. Denis Gießler

Harold Halibut

Harold Halibut

Entwickler/Publisher: Slow Bros, Plattform: PC, PlayStation 5, Xbox Series X/S, Preis: 34,99 € (digital)

Leidenschaft braucht Zeit, das wird nicht nur bei Phil Tippetts Stop-Motion-animiertem Meisterwerk »Mad God« offensichtlich, das 30 Jahre bis zur Fertigstellung brauchte (s. S. 43). Auch die Kölner Slow Bros. machen ihrem Namen alle Ehre. In rund zehn Jahren kreierten sie eine Welt und deren Bewohner in Handarbeit. Anschließend scannten sie die Einzelteile und animierten sie schließlich am Computer. Das Ergebnis ist ziemlich einzigartig: Die Figuren und Sets wirken plastisch, greifbar und emotional näher als rein digitale Kreaturen. Eine bemerkenswerte Leistung, die uns im Zusammenspiel mit der liebevollen Synchronisation Harold Halibut und die Bewohner der Fedora ans Herz wachsen lässt. Harold ist ein Handyman, ein Handlanger, der Mann für alle Fälle auf der Unterwasserstation. Einst brach die Fedora zu den Sternen auf, bis sie auf einem komplett mit Wasser bedeckten Planeten notlandete. Hier wieder wegzukommen, ist einer der roten Fäden der Handlung, eine seltsame Kreatur – halb Fisch, halb Mensch –, die eines Tages im Filtersystem des Raumschiffs landet und für Harold zum Freund wird, ein anderer. Aber hauptsächlich verbringen wir die Tage damit, Freundschaften zu pflegen. Zahlreiche Figuren laufen uns in den rund 20 Stunden Spielzeit über den Weg, die uns Aufgaben mitgeben oder einfach nur ihr Herz ausschütten. Spielerisch mag das nicht besonders aufregend sein, künstlerisch ist es aber ebenso eigenwillig wie einzigartig. Lars Tunçay

Footgun: Underground

Footgun: Underground

Entwickler: Turtle Knight, Publisher: Cobra Tekku, Plattform: PC, Preis: 15 €

Vielleicht, vielleicht haben Videospiele sich verlaufen. Als ein Teil der Branche sich gefragt hat, ob der einsame Held mit der Knarre in der Hand nicht vielleicht auch ein Vater mit schlechtem Gewissen sein könnte, und dann weiter Überstunden gemacht hat, um Spiele über traurige Väter mit Knarre in der Hand zu entwickeln. Eine bessere Frage haben Turtle-Knight-Games gestellt, ein Indiestudio nordwestlich von Darmstadt: Warum in der Hand? Und so ist das brillante Kleinod »Footgun: Underground« entstanden. Es sieht wie ein uraltes Jump’n’Run aus und wird im Wesentlichen auch so gesteuert. Allerdings haben wir keine Handfeuerwaffe, sondern einen Ball, den wir mit dem Fuß auf die herannahenden Gegner schießen müssen, um sie zu besiegen. Ist das ein Fußballspiel? Wäre Darmstadt 98 mit dieser Strategie erstklassig geblieben? Zumindest bringt »Footgun« eine Qualität auf den Platz, bei der auch zynisch gewordene Spielejournalisten zum Fan werden. Anfangs geht es hier wirklich um die überraschend frickelige Ballkontrolle, um ein heikles Abwägen zwischen hüpfendem Ausweichen und schnell kontrolliertem Abschuss. Doch dann bekommen wir einen Zweitball, dann werden die Dinger magnetisch, explodieren, platzieren Bomben und mehr. Mit der Zeit fühlt sich das Spiel dann eher so an wie Flipper, wie ein einfaches Vergnügen aus einer Zeit, als der Weg noch klar schien und in den Highscore führte. Statt in die Überstunden. Jan Bojaryn

Indika

Indika

Entwickler: Odd Meter, Publisher: 11 Bit, Plattform: PC, PS5, Xbox Series, Preis: 25 €

»Nach dieser Mitteilung«, erklärte Dmitry Svetlow, sei es wohl »besser, nicht zurückzukommen«. Svetlow, ein russischer Spieleentwickler, hatte den Angriffskrieg seines Heimatlandes auf die Ukraine als »wahnsinniges Verbrechen« verurteilt. Und ist dann mit seinem kleinen Spielestudio Odd Meter weggezogen. Jetzt sitzen sie in Almaty, in Kasachstan. Das neue Spiel von Odd Meter hat eigentlich nichts mit der politischen Katastrophe zu tun und war bereits länger in der Entwicklung. Eigentlich ist es kein Kommentar zum gegenwärtigen Russland oder der Verzahnung von Kirche und Propaganda. Doch es ragt wie eine Provokation, wie ein wunderschöner, unübersehbarer Mittelfinger aus der Spielelandschaft heraus. Und jetzt ist es fertig. »Indika« ist ein etwa vierstündiger Trip, ein surrealer, bitterer und stellenweise brillanter Abgesang auf die russisch-orthodoxe Kirche im Besonderen und auf autoritäres Denken im Allgemeinen. Das eigentlich Unverschämte an »Indika« ist die Perspektive. Es kümmert sich um keinen objektiven Realismus und spielt konsequent im Kopf einer jungen Nonne in einem verfremdeten Russland des 19. Jahrhunderts. Die junge Indika bemüht sich um ein frommes, gottgefälliges Leben, doch die Umstände sind nicht auf ihrer Seite. Nichts an dieser Welt ist einfach. Im Kloster erlebt sie keine christliche Nächstenliebe, sondern trostloses Schuften in Schlamm und Schnee. Die Schikane durch die älteren Schwestern ist sogar interaktiv. Zuerst müssen wir mit Indika fünfmal hintereinander zum Brunnen stapfen, um ein Wasserfass aufzufüllen, spüren die Langeweile auch ganz persönlich, und dann wird das Wasserfass umgestoßen. Es gibt Spiele, die Spaß machen wollen. Dieses hier hat etwas anderes vor. Indika reagiert angemessen auf die Lage: Sie entwickelt Wahnvorstellungen und halluziniert. Für ihr abweichendes Verhalten wird sie dann neu bestraft. Da ist es kein Wunder, dass der Teufel bereits im Schatten wartet und die Geschichte erzählt. (...) Jan Bojaryn

Botanicus

Botanicus

Autoren: Samuele Tabellini und Vieri Masseini, Publisher: Hans im Glück, Preis: etwa 45 €

Pünktlich zu Ostern erschien bei Hans im Glück »Botanicus«, ein Kennerspiel, aber doch einsteigerfreundlich. Bis zu vier Personen werden zum Gärtner und wollen es schaulustigen Gästen recht machen, die ganz bestimmte Ansprüche an die Gärten stellen. Um die Aufträge zu erfüllen, wird Geld gesammelt, werden Blumen angepflanzt und gegossen. Alle Aktionen werden auf einem gemeinsamen Spielbrett ausgelöst. Wer einen bestimmten Wunschzug durchführen will, muss genau im Auge behalten, wo sich die Gegengärtner platzieren. Jeder Garten ist als Raster angelegt, und während im Laufe des Spiels Punkte für vollständige Reihen vergeben werden, sind volle Spalten für die Endwertung wichtig. Wegen dieser Doppelzählung ist die Entscheidung für eine passende Taktik komplex. Die Regeln sind hingegen schnell erklärt und gut verständlich, auch dank der hervorragenden Anleitung. Die Komplexität des Spiels ist daher nicht ganz leicht einzuordnen – das ist durchaus ein Kritikpunkt an »Botanicus«. Ansonsten fühlt sich das Spiel sehr rund an. Das Material ist liebevoll gestaltet. Das Thema wurde dem Mechanismus nicht einfach übergestülpt. Und anders als bei dem Naturbrettspielhit »Flügelschlag« bietet »Botanicus« auch eine intensive Interaktion zwischen den Spielenden. Zudem glänzt das Spiel mit einer Standard- und einer Expertenvariante und ermöglicht es so, die Schwierigkeit individuell anzupassen. Beide überzeugen. Joachim Kern