Look to the East, look to the West
Camera Obscura starteten Ende der Neunziger als so etwas wie die kleine Schwester der befreundeten Belle & Sebastian. Beide Bands gelten als wichtige Vertreter des Twee-Pop, also des »hübschen« Indie-Pop. Spätestens mit dem dritten Album »Let’s get out of this Country« entwickelten Camera Obscura ihr komplett eigenständiges Profil. Zwischen 2001 und 2013 brachten sie fünf Longplayer raus. – Doch auf dem Gipfel des Erfolgs verstarb 2015 Keyboarderin Carey Lander an Knochenkrebs. Ihr Einfluss war so immens, dass es lange unklar war, ob ihr Tod auch das Ende der Band bedeutete.
»Look to the East, look to the West« ist nun das erste Lebenszeichen nach vielen Jahren Pause. Donna Maciocia wurde als zusätzliches Bandmitglied angeheuert und unterstützt auch das Songwriting. Das neue Werk kommt anders als die restliche Diskografie ganz ohne Streicher- und Bläser-Arrangements aus. Konsequent wird aber der auf dem letzten Album vor der Auszeit eingeschlagene Weg in Richtung Country fortgesetzt. Und die unvergleichliche Tracyanne Campbell singt noch so schwelgerisch und herzzerreißend wie eh und je. Mit Songs wie »Denon« wird auch mal wieder der Motown-Sound gefeiert. Ebenso spielend schütteln Camera Obscura Pop-Kracher wie »Big Love« aus dem Ärmel. Überaus rührend ist die minimalistische Ballade »Sugar Almond«, eine Liebeserklärung an die schmerzlich vermisste Freundin und Bandkollegin Lander. Kay Engelhardt